Kommentar

Recycling versus Bodenversiegelung

Ohne Bäume kein Leben – die Serie zur Bewusstseinsbildung für mehr Baumschutz.

Foto: zVg

Angesichts der gigantischen Erdbewegungen mit anschließend ebensolchen Bodenversiegelungen für den Bau eines weiteren „Einkaufsparadieses“ gegenüber dem bestehenden EO stellen sich mehrere prinzipielle Fragen: Verliert einmal mehr ein Stück Natur das Match gegen den Kommerz? Geht es – bei allem Verständnis für die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Weiterentwicklung – nicht etwas bescheidener, etwas umweltschonender?

Einer Veröffentlichung des Umweltbundesamtes zufolge beträgt die Brachfläche an Industrieanlagen, Gewerbegebieten und leerstehenden Gebäudekomplexen in Österreich ca. 40.000 ha, also 400 km². Die sogenannte Sanierungsrate ist hierzulande zu niedrig, derzeit lediglich 1,4 Prozent des Bauvolumens. Für die Erreichung der angestrebten Klimaziele sind 2,5 Prozent gefordert. Mitverantwortlich für diese Fehlentwicklung sind sowohl die Gesetzeslage als auch die Zuständigkeit:

• Die Gemeinden lukrieren ihre Einnahmen aus drei Quellen: der Kommunalsteuer, der Grundsteuer und den Ertragsanteilen (das sind Bundesmittel, die nach einem Verteilungsschlüssel den einzelnen Gemeinden zugeteilt werden), d. h. je mehr Einwohner und Betriebe, desto voller die Gemeindekasse.

• Weiters der Flächenwidmungsplan: Dieser ist gem. Raumplanungsgesetz vom Gemeinderat zu beschließen und dann von der Landesregierung zu genehmigen. Die Begehrlichkeit der Gemeinden ist auch hier groß, neue Flächen für Wohnbauten und Betriebe zu erschließen, aus Sicht der Bürgermeister und Gemeinderäte nur zu verständlich.

Was müsste sich ändern?

• Bürgermeister und Gemeinderäte dürften nicht mehr dem fordernden Bürger oder Investor ausgesetzt sein. Die Zuständigkeit für das Bauwesen mit seinen komplexen Rechts- und sonstigen Vorschriften müsste je nach Gebäudekategorie und –größe auf Bezirks- oder Landesebene angehoben werden.

• Der Naturschutz und mit ihm die groben Eingriffe und baulichen Anlagen in der Landschaft sind bundesweit gesetzlich zu regeln oder die Vorschriften wenigstens zu vereinheitlichen.

• Wo immer möglich, muss der Wiederverwertung von baulichen Brachen Vorrang vor Bauten in freier Natur eingeräumt werden, unterstützt durch entsprechende steuerliche Maßnahmen und Förderungen.

• Stehen dem plausible Gründe entgegen, ist – zumindest ab einer festzulegenden Größenordnung – ein Flächenrecycling vorzuschreiben, d.h. behördliche Genehmigungen sind an die Auflage zu binden, eine etwa gleich große Brache zu rekultivieren.

Fazit: Unsere Wegwerfgesellschaft muss endlich begreifen, dass die bedenkenlose Ausbeutung der Natur, der ungehemmte Ressourcenverbrauch, die lineare Wirtschaft drastisch eingeschränkt und zu einer Kreislaufwirtschaft geändert werden muss, in der der Produktlebenszyklus durch Reparatur oder Wiederverwendung möglichst verlängert wird. Eine nicht geringe Rolle spielt dabei die Bauwirtschaft und ihr Umgang mit dem unvermehrbaren Gut „Boden“ und der noch intakten Natur.


Prof. DI Hellmut Rauch, Arch.i.R.
Baumfreunde Oberwart*
Ohne Bäume kein Leben – die Serie zur Bewusstseinsbildung für mehr Baumschutz

* Die Baumfreunde Oberwart ist eine überparteiliche und unabhängige private

Initiative engagierter OberwarterInnen
baumfreunde@gmx.at


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