Bericht

Ehe für alle

Die Hochzeit ist für viele Paare die Krönung einer Liebe. Gesetzlich war das lange Zeit nur
zwischen Mann und Frau möglich. Während Länder wie die Niederlande oder Belgien schon zu Beginn der Jahrtausendwende die gleichgeschlechtliche Ehe ermöglicht haben, reiht sich
Österreich im Jahr 2019 erst an die 16. Stelle Europas. Inge und Lilly aus der Steiermark haben diesen Schritt dann dankend gewagt. Wie sie ihre offizielle Verehelichung in der Gesellschaft erleben, darüber haben sie mit prima! gesprochen.

Foto©zVg

In Österreich dürfen gleichgeschlechtliche Paare seit 2019 heiraten. Inge und Lilly Assinger aus der Oststeiermark sind ein gesetzlich vermähltes Ehepaar. 

 

„Vor meiner Ehe mit Lilly hatte ich eine sogenannte ‚Eingetragene Partnerschaft’”, erzählt Inge. „Da gilt man zwar als Paar, es hat sich aber eher als ‚Larifari’ angefühlt und nur Geld gekostet.” Ihre Partnerin Lilly kennt sie seit 2013. Ans Heiraten wollte man erst nicht denken. „Erst wenn es wirklich Ehe heißt in Österreich.” Der Erlass von dem Gesetz für die „Ehe für alle” war 2019 dann die Initialzündung für sie. „Da haben wir gewusst, wir ziehen das jetzt durch. Weil es sich jetzt echt anfühlt”, erinnern sich die beiden. 

Geheiratet wurde in Riegersburg, aufgrund der Corona-Krise erst im Jahr 2021. „Der Standesbeamte war wirklich sehr bemüht. Wir hatten nicht das Gefühl, dass er einen Unterschied macht, ob er nun Mann und Frau verheiratet oder ein gleichgeschlechtliches Paar”, schwärmt Lilly vom Tag der Hochzeit. Auch im Freundeskreis waren alle von der offiziellen Heirat begeistert. „Ausser ein Arbeitskollege wollte ab diesem Zeitpunkt nicht mehr mit mir zusammenarbeiten, er war der einzige, der damit nicht umgehen konnte”, erzählt Lilly vom Eindruck des gesellschaftlichen Umfelds. Auch sei ihr aufgefallen, dass ihre Firma, die ansonsten alle Verehelichungen per Inserat der Personalabteilung veröffentlicht, nur ihre Eheschliessung letztendlich doch nicht abgedruckt hat. Lilly bringt auch einen Sohn in die Beziehung mit: „Ich habe immer befürchtet, dass er Probleme in der Schule bekommt. Die sind aber bis dato ausgeblieben. Wir haben immer darüber gesprochen, dass wir eben nicht so die typische Familie sind und sind immer offen damit umgegangen.”

Inge kann sich auch noch an ihre letzte Beziehung und den gesellschaftlichen Status von vor 2010 erinnern. „Damals hatte ich teilweise Angst, dass mich jemand absticht”, sagt sie ganz offen über ihren früheren Wohnsitz in der Großstadt. Nun in ihrer Heimat in der Steiermark sei das nicht mehr so schwierig. „Manchmal sind noch Blicke im Umfeld spürbar“, sagt sie. „Aber niemand wird ausfällig oder persönlich.”

Was sie anderen Menschen raten, wenn sie merken, dass sie sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen? „Wichtig ist, dass man auf seine Gefühle hört. Etwas zu verdrängen, das ist nicht gut. Es gibt ganz tolle Gruppen und Einrichtungen, wo man auch unter Gleichgesinnten darüber sprechen kann. (Anm.: Zum Beispiel www.queer-rainbow-family.lgbt) Gesellschaftlich wäre es auch wichtig, dass es schon in den Schulen mehr Aufklärung gibt. Damit die Kids sehen, dass es nicht nur Mann und Frau und Heteros und ‘Schwule’ gibt, sondern viel mehr. Und es ist wichtig, dass sich jeder in seiner Entwicklung selbst entdeckt, und dann nicht so sehr im Unklaren mit sich selber ist”, wünschen sich Inge und Lilly.


Das Gesetz für die Ehe für alle 

Auch gleichgeschlechtliche Paare können in Österreich mittlerweile heiraten. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 4. Dezember 2017 jene gesetzlichen Regelungen aufgehoben, die diesen Paaren den Zugang zur Ehe bisher verwehrte. Der Gerichtshof begründete diesen Schritt mit dem Diskriminierungsverbot des Gleichheitsgrundsatzes. Die Aufhebung trat bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2018 in Kraft. Gleichzeitig steht dann die eingetragene Partnerschaft auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmungen über Ehe und eingetragene Partnerschaft von Amts wegen einer Prüfung unterzogen. Anlass des Verfahrens war die Beschwerde von zwei Frauen, die in eingetragener Partnerschaft leben und die Zulassung zur Begründung einer Ehe beantragt haben. Dieser Antrag wurde vom Magistrat der Stadt Wien und in der Folge vom Verwaltungsgericht Wien abgelehnt.

Das Eingetragene Partnerschaft-Gesetz (EPG) wurde 2009 beschlossen und trat 2010 in Kraft. Der Gesetzgeber verfolgte damals das Ziel, die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare abzubauen, blieb aber vor dem Hintergrund eines „bestimmten traditionellen Verständnisses“ bei zwei verschiedenen Rechtsinstituten, eben der Ehe und der eingetragenen Partnerschaft. Die jüngere Rechtsentwicklung ermöglicht insbesondere eine gemeinsame Elternschaft auch gleichgeschlechtlicher Paare: Gleichgeschlechtliche Paare dürfen Kinder (gemeinsam) adoptieren und die zulässigen Formen medizinisch unterstützter Fortpflanzung gleichberechtigt nutzen. Quelle: www.vfgh.gv.at

Im Jahr 2021 wurden im Burgenland von 1.198 Eheschliessungen 14 von gleichgeschlechtlichen Paaren vorgenommen. In der Steiermark 67 von 5.737. 


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