Saskia KANCZER / 3. Juli 2024
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Seit den 80er-Jahren hat sich in der Forschung um HIV viel getan
Vor 40 Jahren, im Juni 1981, berichtete das US-amerikanische Center for Disease Control (CDC) über fünf homosexuelle Männer mit einer ungewöhnlichen Lungenentzündung, begleitet von einer Pilzinfektion. Dieser Bericht gilt als erster wissenschaftlicher Hinweis auf HIV und AIDS. Zuerst war die Erkrankung als GRID – „Gay Related Immune Deficiency“ (im deutschsprachigen oft auch als „Schwulenkrebs“ bezeichnet) bekannt. Etwas später erhielt die Krankheit den Namen „Acquired Immune Deficiency Syndrome“, kurz AIDS. (magazin.hiv)
Die anfängliche Verbindung der Krankheit mit männlicher Homosexualität führte zu Diskriminierung und einem Mangel an Informationen über Fortschritte und Herausforderungen, die bis heute anhalten. Trotz bedeutender Fortschritte in der HIV-Behandlung ist schon oft der Unterschied zwischen HIV und AIDS nicht bekannt: „HIV ist das Virus. HI-Viren vermehren sich unbehandelt im Körper und greifen das Immunsystem an. AIDS ist das daraus folgende Immunschwächesyndrom“, erklärt Dr. Wolfgang Fuchs. Denn AIDS führt zum Verlust des Immunsystems, was jede künftige Infektion potenziell tödlich macht. Obwohl die Symptome behandelbar sind, bleibt ein schwerer Verlauf unvermeidbar und die Sterberate ist weiterhin hoch – was mit der richtigen Therapie verhindert werden kann.
Doktor Fuchs ist Allgemeinmediziner und behandelt als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten seit Jahrzehnten HIV-Infizierte. Seit 2015 führt er seine eigene Praxis in Großwarasdorf und ist zwischen Wien und Graz der einzige Arzt im Burgenland, der die wichtige HIV-Therapie anbietet. „Entscheidend für einen Therapieerfolg bei HIV-Infizierten ist die regelmäßige und kontinuierliche Behandlung unter ärztlicher Aufsicht. Während der Pandemie stieg die Nachfrage einer HIV-Therapie außerhalb von HIV-Schwerpunktzentren/Ambulanzen, da es für viele Betroffene schwierig war, Termine zu bekommen“, betont Wolfgang Fuchs.
HIV-Therapie: AIDS vermeiden!
HIV-infizierte Personen erhalten eine antiretrovirale Therapie (ART), die die Virusvermehrung unterdrückt und die Ansteckungsgefahr beseitigt. Obwohl HIV im Körper verbleibt, kann der Ausbruch von AIDS verhindert werden. Die Therapie, die eine Kombination von Medikamenten umfasst, wird von der Krankenkasse übernommen. Die Erfolgsrate der Virusunterdrückung liegt in Österreich bei etwa 90 Prozent, ähnlich wie in anderen Ländern. „Das ist eine wichtige Statistik! Sie zeigt, dass das Virus sehr gut behandelbar ist. Infizierte können also relativ problemlos leben und das Wichtigste: Sie können niemanden mehr anstecken. Das macht die Familienplanung und überhaupt die Zukunftsplanung sorgenfreier. Bis heute bekommen HIV-Infizierte nur schwer Kredite von Banken, weil das Stigma der kritischen Lebenserwartung noch so stark in unserer Gesellschaft verankert ist. Daher ist die Aufklärung bezüglich sexueller Gesundheit so wichtig, das inkludiert HIV und andere Geschlechtskrankheiten“, betont Fuchs.
HIV-Infektion: Risikogruppen & sexueller Kontakt
Laut dem HIV-Bericht 2023 lebten im Jahr 2022 zwischen 8.000 und 9.000 HIV-positive Menschen in Österreich. Davon haben sich knapp 40 Prozent der Teilnehmenden der Studie über heterosexuelle Kontakte infiziert, etwa 44 Prozent waren Männer, die Sex mit Männern haben (kurz: MSM) und etwa 12 Prozent infizierten sich durch unsaubere Drogeninjektionen. „MSM bleiben die am stärksten gefährdete Subgruppe, ebenso wie Sexarbeitende und Personen, die Drogenspritzen verwenden. Risikogruppen wird empfohlen, sich über Präventionsmaßnahmen zu informieren und mit einem Arzt oder einer Ärztin zu sprechen. Die Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) ist ein wissenschaftlich nachgewiesenes wirksames Medikament, um sich vor einer Ansteckung mit dem HI-Virus zu schützen“, schildert Fuchs. Das bedeutet, als HIV-negative Person ist der sexuelle Kontakt zu einer HIV-positiven Person möglich, ohne sich anzustecken, wenn die PrEP korrekt eingenommen wird.
Wie funktioniert die PrEP?
Die PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe) ist das Medikament, das HIV-negative Personen vor einem möglichen Infektionsrisiko schützen kann. Durch die tägliche Einnahme entsteht ein ausreichender Medikamentenspiegel im Körper, der eine Infektion bei Kontakt verhindern kann. In Österreich ist die PrEP derzeit als Einzeltablette erhältlich, die eine Kombination aus zwei verschiedenen Substanzen enthält. Sie ist jedoch nicht mit einer vollständigen HIV-Therapie gleichzusetzen! Es wird nur Personen empfohlen, die einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind, und eine Risikobewertung durch Experten ist erforderlich. Vor der Einnahme müssen HIV-Infektionen ausgeschlossen und die Nierenfunktion überprüft werden. Da Personen mit erhöhtem HIV-Infektionsrisiko oft auch ein erhöhtes Risiko für andere sexuell übertragbare Infektionen haben, werden regelmäßige Untersuchungen empfohlen. Die PrEP kann nur über ein Privatrezept bezogen werden, aber seit April 2024 können die Kosten bei der Sozialversicherung eingereicht werden.
Destigmatisierung ist wichtig!
Im Jahr 2023 wurden in Österreich 401 neue HIV-Diagnosen gemeldet, eine Zahl, die durch vermehrte Frühdiagnosen deutlich gesenkt werden könnte. „Je früher erkannt, desto besser ist die Infektion behandelbar. Die Früherkennung und Therapie würden dazu führen, dass bereits Infizierte nicht mehr ansteckend sind und somit zukünftig weniger Neuinfektionen auftreten. Das wäre nicht nur für das Gesundheitssystem von Bedeutung, sondern auch für die Gleichberechtigung und Antidiskriminierung“, betont Doktor Fuchs. Er fordert eine bessere Verfügbarkeit von Informationen und medizinischen Fakten, die nicht nur in Bildungseinrichtungen, sondern auch auf Dating-Apps wie Tinder zugänglich sein sollten. „Wir bewegen uns seit Jahren in eine Richtung, wo sich das Spektrum sexueller Partnerschaften erweitert. Umso wichtiger ist es, dass die Aufklärung zum Thema Geschlechtskrankheiten und geschützter Sex in verschiedensten Partnerschaften Schritt hält“, betont Fuchs.
Warum die Aufklärung so wichtig ist, bringt Dr. Andreas Krauter, Leiter des Fachbereichs Medizinischer Dienst bei der Österreichischen Gesundheitskasse, in einem Interview mit dem HIV-Informationsblatt „PlusMinus“ auf den Punkt: „Wir müssen wieder dafür sorgen, dass sich die Menschen auskennen und nicht nur fürchten.“ Deshalb darf das Gespräch über AIDS kein Tabu mehr sein.
Dr. Wolfgang Fuchs, MSc
FA für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Arzt für Allgemeinmedizin
7304 Grosswarasdorf, Schulstrasse 3b
Tel: 02614 202 66 und E-Mail: post@praxis-fuchs.at
Webseite: www.praxis-fuchs.at
HIV-spezifisches Angebot: HIV-Therapie: ja – PrEP: ja
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