HIV muss nicht mehr ansteckend sein!

Therapien haben HIV zu einer gut behandelbaren, nicht mehr übertragbaren chronischen Krankheit gemacht – ein Fortschritt, der nicht allgemein bekannt ist. Eine frühe Diagnose und der frühe Therapiebeginn bzw. bereits der Einsatz von Präventivmedikamenten spielen dabei eine entscheidende Rolle. In Österreich wird HIV jedoch oft erst im Alter zwischen 30 und 40 Jahren diagnostiziert – in den meisten Fällen liegt die Ansteckung schon länger zurück. Es wird angenommen, dass in dem Zeitraum zwischen Infektion und Diagnose das Virus am häufigsten weitergegeben wird. (ages.at HIV-Bericht 2022) 
Dr. Wolfgang Fuchs, Facharzt für Geschlechtskrankheiten in Großwarasdorf, betont die Dringlichkeit von Früherkennung und besserer Aufklärung, um HIV rechtzeitig zu behandeln und einen Ausbruch von AIDS sowie Neuansteckungen zu verhindern.

Saskia KANCZER / 3. Juli 2024

Seit den 80er-Jahren hat sich in der Forschung um HIV viel getan

Vor 40 Jahren, im Juni 1981, berichtete das US-amerikanische Center for Disease Control (CDC) über fünf homosexuelle Männer mit einer ungewöhnlichen Lungenentzündung, begleitet von einer Pilzinfektion. Dieser Bericht gilt als erster wissenschaftlicher Hinweis auf HIV und AIDS. Zuerst war die Erkrankung als GRID – „Gay Related Immune Deficiency“ (im deutschsprachigen oft auch als „Schwulenkrebs“ bezeichnet) bekannt. Etwas später erhielt die Krankheit den Namen „Acquired Immune Deficiency Syndrome“, kurz AIDS. (magazin.hiv) 

Die anfängliche Verbindung der Krankheit mit männlicher Homosexualität führte zu Diskriminierung und einem Mangel an Informationen über Fortschritte und Herausforderungen, die bis heute anhalten. Trotz bedeutender Fortschritte in der HIV-Behandlung ist schon oft der Unterschied zwischen HIV und AIDS nicht bekannt: „HIV ist das Virus. HI-Viren vermehren sich unbehandelt im Körper und greifen das Immunsystem an. AIDS ist das daraus folgende Immunschwächesyndrom“, erklärt Dr. Wolfgang Fuchs. Denn AIDS führt zum Verlust des Immunsystems, was jede künftige Infektion potenziell tödlich macht. Obwohl die Symptome behandelbar sind, bleibt ein schwerer Verlauf unvermeidbar und die Sterberate ist weiterhin hoch – was mit der richtigen Therapie verhindert werden kann.

Doktor Fuchs ist Allgemeinmediziner und behandelt als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten seit Jahrzehnten HIV-Infizierte. Seit 2015 führt er seine eigene Praxis in Großwarasdorf und ist zwischen Wien und Graz der einzige Arzt im Burgenland, der die wichtige HIV-Therapie anbietet. „Entscheidend für einen Therapieerfolg bei HIV-Infizierten ist die regelmäßige und kontinuierliche Behandlung unter ärztlicher Aufsicht. Während der Pandemie stieg die Nachfrage einer HIV-Therapie außerhalb von HIV-Schwerpunktzentren/Ambulanzen, da es für viele Betroffene schwierig war, Termine zu bekommen“, betont Wolfgang Fuchs. 

HIV-Therapie: AIDS vermeiden!

HIV-infizierte Personen erhalten eine antiretrovirale Therapie (ART), die die Virusvermehrung unterdrückt und die Ansteckungsgefahr beseitigt. Obwohl HIV im Körper verbleibt, kann der Ausbruch von AIDS verhindert werden. Die Therapie, die eine Kombination von Medikamenten umfasst, wird von der Krankenkasse übernommen. Die Erfolgsrate der Virusunterdrückung liegt in Österreich bei etwa 90 Prozent, ähnlich wie in anderen Ländern. „Das ist eine wichtige Statistik! Sie zeigt, dass das Virus sehr gut behandelbar ist. Infizierte können also relativ problemlos leben und das Wichtigste: Sie können niemanden mehr anstecken. Das macht die Familienplanung und überhaupt die Zukunftsplanung sorgenfreier. Bis heute bekommen HIV-Infizierte nur schwer Kredite von Banken, weil das Stigma der kritischen Lebenserwartung noch so stark in unserer Gesellschaft verankert ist. Daher ist die Aufklärung bezüglich sexueller Gesundheit so wichtig, das inkludiert HIV und andere Geschlechtskrankheiten“, betont Fuchs.

HIV-Infektion: Risikogruppen & sexueller Kontakt

Laut dem HIV-Bericht 2023 lebten im Jahr 2022 zwischen 8.000 und 9.000 HIV-positive Menschen in Österreich. Davon haben sich knapp 40 Prozent der Teilnehmenden der Studie über heterosexuelle Kontakte infiziert, etwa 44 Prozent waren Männer, die Sex mit Männern haben (kurz: MSM) und etwa 12 Prozent infizierten sich durch unsaubere Drogeninjektionen. „MSM bleiben die am stärksten gefährdete Subgruppe, ebenso wie Sexarbeitende und Personen, die Drogenspritzen verwenden. Risikogruppen wird empfohlen, sich über Präventionsmaßnahmen zu informieren und mit einem Arzt oder einer Ärztin zu sprechen. Die Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) ist ein wissenschaftlich nachgewiesenes wirksames Medikament, um sich vor einer Ansteckung mit dem HI-Virus zu schützen“, schildert Fuchs. Das bedeutet, als HIV-negative Person ist der sexuelle Kontakt zu einer HIV-positiven Person möglich, ohne sich anzustecken, wenn die PrEP korrekt eingenommen wird.

Wie funktioniert die PrEP?

Die PrEP (Prä-Expositions-Prophylaxe) ist das Medikament, das HIV-negative Personen vor einem möglichen Infektionsrisiko schützen kann. Durch die tägliche Einnahme entsteht ein ausreichender Medikamentenspiegel im Körper, der eine Infektion bei Kontakt verhindern kann. In Österreich ist die PrEP derzeit als Einzeltablette erhältlich, die eine Kombination aus zwei verschiedenen Substanzen enthält. Sie ist jedoch nicht mit einer vollständigen HIV-Therapie gleichzusetzen! Es wird nur Personen empfohlen, die einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind, und eine Risikobewertung durch Experten ist erforderlich. Vor der Einnahme müssen HIV-Infektionen ausgeschlossen und die Nierenfunktion überprüft werden. Da Personen mit erhöhtem HIV-Infektionsrisiko oft auch ein erhöhtes Risiko für andere sexuell übertragbare Infektionen haben, werden regelmäßige Untersuchungen empfohlen. Die PrEP kann nur über ein Privatrezept bezogen werden, aber seit April 2024 können die Kosten bei der Sozialversicherung eingereicht werden.

Destigmatisierung ist wichtig!

Im Jahr 2023 wurden in Österreich 401 neue HIV-Diagnosen gemeldet, eine Zahl, die durch vermehrte Frühdiagnosen deutlich gesenkt werden könnte. „Je früher erkannt, desto besser ist die Infektion behandelbar. Die Früherkennung und Therapie würden dazu führen, dass bereits Infizierte nicht mehr ansteckend sind und somit zukünftig weniger Neuinfektionen auftreten. Das wäre nicht nur für das Gesundheitssystem von Bedeutung, sondern auch für die Gleichberechtigung und Antidiskriminierung“, betont Doktor Fuchs. Er fordert eine bessere Verfügbarkeit von Informationen und medizinischen Fakten, die nicht nur in Bildungseinrichtungen, sondern auch auf Dating-Apps wie Tinder zugänglich sein sollten. „Wir bewegen uns seit Jahren in eine Richtung, wo sich das Spektrum sexueller Partnerschaften erweitert. Umso wichtiger ist es, dass die Aufklärung zum Thema Geschlechtskrankheiten und geschützter Sex in verschiedensten Partnerschaften Schritt hält“, betont Fuchs.

Warum die Aufklärung so wichtig ist, bringt Dr. Andreas Krauter, Leiter des Fach­bereichs Medizinischer Dienst bei der Österreichischen Gesundheitskasse, in einem Interview mit dem HIV-Informationsblatt „PlusMinus“ auf den Punkt: „Wir müssen wieder dafür sorgen, dass sich die Menschen auskennen und nicht nur fürchten.“ Deshalb darf das Gespräch über AIDS kein Tabu mehr sein.

Hilfe-Kontakte

Aids-Hilfe Steiermark: T: +43 316 81 50 50 und E: steirische@aids-hilfe.at
Aids-Hilfe Wien: T: +43 1 / 599 37 und E: office@aids-hilfe-wien.at


Alle HIV-Behandlungszentren hier: www.aidsgesellschaft.at/hiv-behandlungszentren/

Wir freuen uns, eine besondere Anerkennung erhalten zu haben: Die Styria Print Group hat uns als Vorreiter im Umweltschutz ausgezeichnet. Unser prima! Magazin ist die erste Zeitung, die nach den strengen Kriterien des Österreichischen Umweltzeichens und des EU-Ecolabels hergestellt wird. Diese prestigeträchtigen Zertifikate stehen für höchste Standards in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltschutz, und wir sind stolz darauf, diese Anforderungen zu erfüllen. Unser Engagement für die Umwelt hört nicht bei der Produktion auf. Bei prima! legen wir großen Wert darauf, dass unser Printprodukt die Umwelt so wenig wie möglich belastet. Für uns ist klar: Papier ohne Umweltschutzzertifikate kommt nicht in Frage. Jedes Blatt, das in unserem Magazin verwendet wird, stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Quellen und entspricht den höchsten ökologischen Standards. Doch unsere Verantwortung geht weiter. prima! steht nicht nur für Umweltschutz, sondern auch für Tierschutz. Wir setzen uns aktiv für den Erhalt und Schutz der Tierwelt ein, und dies spiegelt sich in unseren redaktionellen Inhalten wider. Diese Auszeichnung bestätigt uns in unserem Weg und motiviert uns, weiterhin mit vollem Einsatz für Nachhaltigkeit und den Schutz unserer natürlichen Ressourcen einzutreten. Ein herzliches Dankeschön an die Styria Print Group für diese wertvolle Anerkennung!
Dr. Wolfgang Fuchs, MSc

FA für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Arzt für Allgemeinmedizin

7304 Grosswarasdorf, Schulstrasse 3b

Tel: 02614 202 66 und E-Mail: post@praxis-fuchs.at

Webseite: www.praxis-fuchs.at

HIV-spezifisches Angebot: HIV-Therapie: ja – PrEP: ja

 

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