Senkung der Strafmündigkeit: Ein Lösungsansatz?

Die Debatte um die Herabsetzung der Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre gewinnt in Österreich im Moment an Fahrt. Insbesondere die ÖVP und FPÖ fordern diese Reform, um härter gegen jugendliche Straftäter vorzugehen. Für Innenminister Gerhard Karner ist die Senkung des Alters notwendig, um die wachsende Jugendkriminalität einzudämmen. Doch Experten wie Burgenlands Kinder- und Jugendanwalt Christian Reumann sehen diese Forderung äußerst kritisch. Sie betonen, dass strafrechtliche Maßnahmen allein nicht ausreichen, um die komplexen Ursachen von Jugendkriminalität zu bekämpfen.

Chiara PIELER / 26. September 2024

Im Moment diskutieren FPÖ und ÖVP über die Strafmündigkeit, Experten raten deutlich davon ab.

Populistische Forderungen im Wahlkampf

In mehreren Regionen, insbesondere in städtischen Gebieten, haben schwere Straftaten mit jugendlichen Tätern die Diskussion um eine Herabsetzung der Strafmündigkeit neu entfacht. Ein jüngster Fall aus Vorarlberg sorgte dabei für besonderes Aufsehen: In Lustenau soll ein 13-Jähriger eine 60-jährige Frau in ihrem Haus überfallen und mit einem Messer im Gesicht verletzt haben. Nach seiner Flucht wurde er von der Polizei gefasst, doch aufgrund seines Alters bleibt er strafunmündig. Burgenlands Kinder- und Jugendanwalt Christian Reumann warnt vor einem reflexartigen Handeln: „Dieses Thema im Wahlkampf populistisch zu instrumentalisieren, ist grob fahrlässig.“ Er fordert, dass die Maßnahmen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Erfahrungen basieren müssen. „Kinder, auch wenn sie schwere Vergehen begehen, können ihre Handlungen und deren Folgen nicht wie Erwachsene abschätzen“, betont Reumann.

Jugendkriminalität ist ein vielschichtiges Problem, für das es keine Allgemeinlösung gibt. Viele der betroffenen Jugendlichen stammen aus sozial benachteiligten Verhältnissen und sehen für sich keine Zukunftsperspektiven. „Es handelt sich oft um Jugendliche, deren Eltern ihre Erziehungspflichten vernachlässigen und die in einer Gesellschaft aufwachsen, die wirtschaftlich Schwächere zunehmend ausgrenzt“, erklärt der Kinder- und Jugendanwalt. Er betont, dass die eigentlichen Ursachen – Armut, mangelnde Unterstützungssysteme und fehlende Integration – bekämpft werden sollten. Diese tiefgreifenden Probleme erfordern jedoch komplexe und langfristige Lösungen. „Das sind Problemfelder, die nicht einfach zu bearbeiten sind, aber genau dort muss angesetzt werden“, so Reumann.

Populistische Forderungen im Wahlkampf

Jugendkriminalität ist ein vielschichtiges Problem, für das es keine Allgemeinlösung gibt. Viele der betroffenen Jugendlichen stammen aus sozial benachteiligten Verhältnissen und sehen für sich keine Zukunftsperspektiven. „Es handelt sich oft um Jugendliche, deren Eltern ihre Erziehungspflichten vernachlässigen und die in einer Gesellschaft aufwachsen, die wirtschaftlich Schwächere zunehmend ausgrenzt“, erklärt der Kinder- und Jugendanwalt. Er betont, dass die eigentlichen Ursachen – Armut, mangelnde Unterstützungssysteme und fehlende Integration – bekämpft werden sollten. Diese tiefgreifenden Probleme erfordern jedoch komplexe und langfristige Lösungen. „Das sind Problemfelder, die nicht einfach zu bearbeiten sind, aber genau dort muss angesetzt werden“, so Reumann.

Aktuelle Rechtslage zur Strafmündigkeit in Österreich

In Österreich beginnt die Strafmündigkeit derzeit ab 14 Jahren.

Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren gelten als „bedingt strafmündig“. Das bedeutet, dass das Jugendgericht auf die besondere Reife und die persönliche Entwicklung des Jugendlichen Rücksicht nimmt.

Unter 14-Jährige gelten als strafunmündig. Das bedeutet, dass sie für Straftaten nicht strafrechtlich verfolgt werden können. Stattdessen greift das Jugendwohlfahrtsgesetz, das auf Erziehung und Betreuung abzielt.

Medien und die Rolle der Öffentlichkeit

Die Rolle einzelner Medien trägt zur Eskalation der Debatte bei. Einzelne, oft spektakuläre Fälle von Jugendkriminalität werden stark in den Vordergrund gerückt und verstärken den Druck auf die Politik. „Die Medien vermitteln den Eindruck, dass sich die Jugend in Österreich zum Bösen entwickelt, dabei handelt es sich meist um Einzelfälle“, erklärt Reumann. Er warnt davor, dass politische Entscheidungen aufgrund emotionaler Reaktionen getroffen werden. „Die Forderung nach einer Senkung des Strafmündigkeitsalters erweckt den falschen Eindruck, dass sich alle Kinder und Jugendlichen in Österreich plötzlich kriminell verhalten“, so der Kinder- und Jugendanwalt.

Positionen von FPÖ und ÖVP zur Senkung der Strafmündigkeit

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) fordert eine Senkung der Strafmündigkeit auf 12 Jahre, insbesondere für schwere Vergehen. Er betont, dass dies notwendig sei, um die öffentliche Sicherheit zu stärken und die zunehmende Jugendkriminalität, vor allem in urbanen Gebieten, effektiv zu bekämpfen. Karner argumentiert, dass härtere Maßnahmen und ein konsequenteres Eingreifen gegen jugendliche Straftäter erforderlich seien. Die FPÖ unterstützt die Forderung nach einer Senkung des Strafmündigkeitsalters ebenfalls. Sie spricht von einer „überfälligen Maßnahme“, um die Rechte der Opfer zu schützen und Wiederholungstäter abzuschrecken. FPÖ-Politiker fordern, dass die Justiz stärker gegen jugendliche Straftäter vorgehen muss, um eine weitere Eskalation der Jugendkriminalität zu verhindern.

Integration und psychische Betreuung

Neben sozialen Ursachen spielt auch die Integration von Jugendlichen eine große Rolle in der Diskussion. Besonders Jugendliche mit Migrationshintergrund sind oft von Ausgrenzung betroffen. Statt jedoch auf härtere Strafen zu setzen, fordert Reumann eine gezielte Integrationspolitik: „Viele dieser Jugendlichen fühlen sich von der Gesellschaft ausgeschlossen. Das müssen wir ändern, anstatt sie härter zu bestrafen.“ Darüber hinaus verweist er auf den Mangel an psychologischer Betreuung und sozialer Unterstützung für gefährdete Jugendliche. In Österreich gibt es wenige Einrichtungen, die auf eine langfristige psychiatrische Behandlung von Kindern ausgerichtet sind. Reumann fordert, dass die Politik Lücken im System schließen solle, anstatt neue Strafen zu erfinden.

Differenzierte Lösungen statt scharfer Strafen

Die Forderung nach einer Herabsetzung der Strafmündigkeit bleibt umstritten. Während politische Parteien schnelle Lösungen präsentieren wollen, mahnen Experten wie Christian Reumann zur Vorsicht. „Es ist nicht sinnvoll, die Strafmündigkeit zu senken, ohne die sozialen und psychischen Hintergründe zu berücksichtigen“, fasst Reumann zusammen. Er fordert eine Abkehr von populistischen Forderungen und betont die Notwendigkeit, in soziale und psychologische Unterstützungssysteme zu investieren. „Komplexe Probleme lassen sich nicht einfach lösen“, sagt Reumann und appelliert an die Politik, langfristig in die Verbesserung des Gesellschafts- und Sozialsystems zu investieren, anstatt auf schnelle Lösungen zu setzen.

Das Bild zeigt einen älteren Mann mit kurzen, grauen Haaren und Bartstoppeln. Er hat markante Gesichtszüge, einen ernsten Blick und trägt eine dezente Jacke. Der Hintergrund ist dunkel und schlicht, wodurch der Fokus auf das Gesicht des Mannes gerichtet wird. Mag. Christian Reumann ist Burgenlands Kinder- und Jugendanwalt. Foto©Reumann
zVg
Mag. Christian Reumann

Mag. Christian Reumann ist Burgenlands Kinder- und Jugendanwalt.

Eine Senkung der Strafmündigkeit hält er für fahrlässig.

Kontakt zur Kinder- und Jugendanwaltschaft Burgenland

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft Burgenland unterstützt bei

Problemen, berät und vernetzt die handelnden Institutionen.

Infos und Kontakt:

Telefon: 057-600/2808, E-Mail: post.jugendanwalt@bgld.gv.at

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