Bericht

Hartberg ist auf die Gurke gekommen

Vier Meter zehn hoch, zwei Tonnen schwer und nahezu unendlicher Gesprächsstoff: Das ist das Kunstwerk „Der Gurk“ des renommierten österreichischen Bildhauers Erwin Wurm, das noch bis Ende Oktober den Hartberger Hauptplatz ziert. Wurm gilt als einer der bedeutendsten Gegenwartskünstler.

Foto: Bernhard Bergmann

Kunst im öffentlichen Raum steht hierbei ganz besonders im Fokus der Aufmerksamkeit: An exponierten Plätzen aufgestellt, zwingt sie gleichsam die Passanten zur Betrachtung und damit zur Auseinandersetzung. Wo Streetart direkt am Ausstellungsort entsteht und damit im Prozess des Entstehens Bezug auf den Ort nimmt, wird Monumentalkunst zumeist für sich selbst in einem Atelier erzeugt und erst später an verschiedenen Orten aufgestellt. Dabei kann der Aufstellungsort, wenn er bekannt ist, durchaus im Prozess des Entstehens einbezogen werden oder auch nicht. Bei Erwin Wurm war dies z.B. bei seinem lila Pullover, der zur Verhüllung des Hochaltars im Wiener Stephansdom diente, der Fall. Nun steht in Hartberg am Hauptplatz seine 2016 entstandene Skulptur „Der Gurk“.

Für viele mag die Skultpur gleich einmal eine erotische Anspielung auf das männliche Geschlechtsorgan sein. Doch jeder sieht darin etwas anderes. Für Hartbergs Bürgermeister Marcus Martschitsch verweist „Der Gurk“ auf die Vielfalt der Gurken. Ähnlich den Menschen. „Das Werk ist ja auch sehr genau in seiner Machart, wie Erwin Wurm überhaupt sehr gewissenhaft alle seine Skulpturen anfertigt. Da ist kein Klümpchen, keine Delle zufällig.“

„Erwin Wurm hat einen sehr hintergründigen Humor“, bestärkt Rita Schreiner vom Hartberger Stadtmarketing und ergänzt: „Was gibt es Besseres, als wenn ein Kunstwerk ein Lächeln ins Gesicht zaubert?“ Doch dieses Lächeln mag sich nicht bei allen einstellen. Im Internet, in dem es übrigens allein auf den Beitrag vom Aufstellen der Skulptur rund 55.000 Zugriffe innerhalb von einer Woche gab, ist eine kontroverse Diskussion rund um die Frage, was Kunst sei und was sie dürfe und was nicht, entbrannt.

„Wir waren sehr überrascht von diesen vielen Reaktionen“, gibt Martschitsch lächelnd zu und entkräftet zugleich ein häufig genanntes Argument, nämlich die Kosten. Durch ein Entgegenkommen des Künstlers und auf Einwirken des Kurators und Künstlerfreundes Hans Weigand ist die Skulptur eine kostenlose Leihgabe an die Stadt, die lediglich den Transport aus Niederösterreich und die Versicherung übernehmen muss. Um Letzteres zu gewährleisten, gibt es übrigens eine Rund-um-die-Uhr-Videoüberwachung. „Doch letztendlich ist „der Gurk“ aus Bronze und damit nicht allzu anfällig, im Gegensatz zum convertible fat car vom letzten Jahr“, gibt sich Rita Schreiner entspannt. Dieses stammt übrigens auch von Erwin Wurm und war ein absoluter Publikumsmagnet. Gleiches hofft man auch von der heurigen Skulptur. „Mit so einem bekannten Künstler hat man natürlich eine Reichweite wie sonst selten“, freut sich Martschitsch.

Schreiner verweist darauf, dass die Ausstellungs- und Kunstszene bislang sehr auf Wien zentriert sei. Hier wolle man langfristig ansetzen und Hartberg als oststeirisches Kunstzentrum ausbauen, in dem man durchaus bekannte Namen wie natürlich auch den einen oder anderen eher unbekannten Künstler zur Ausstellung bringen wolle. Mit der Ausstellung Rough Mix der drei multimedialen Künstler Hans Weigand, Albert Mayr und Robert Pawliczek von 2018, der derzeitigen Wurm-Ausstellung (bis 13. Juni im Museum), der schwimmenden Galerie des Naturfotografen Leander Khil, der Open-Air-Fotogalerie im Stadtpark, dem steinernen Fluss von Ulrike Truger, der dauerhaft die Hartberger Fußgängerzone schmückt, dem Ausstellungspavillon der Steiermark Schau (noch bis 4. Juni) und eben jetzt dem „Der Gurk“ von Wurm (bis Oktober am Hauptplatz) ist man auf dem besten Wege dazu. Und für die nächsten Jahre ist geplant, die Kunst auf dem Hauptplatz fortzusetzen: Anschaulich und zur Auseinandersetzung anregend. Wie Kunst eben im besten Fall sein soll.


Rita Schreiner und Bgm. Marcus Martschitsch
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Der Künstler Erwin Wurm zu Gast in Hartberg

Wurm in Hartberg

In Hartberg ist im Stadtmuseum momentan eine Werkschau des zeitgenössischen Bildhauers, Maler und Aktionskünstlers Erwin Wurm zu sehen. Nun hat der Künstler selbst die Ausstellung besucht.

Bereits Anfang Mai wurde die Ausstellung zu Erwin Wurm im Hartberger Stadtmuseum eröffnet, im Beisein von Hartbergs Bürgermeister Marcus Martschitsch, Rita Schreiner vom Hartberger Kultur- und Stadtmarketing sowie des Ausstellungkurators Hans Weigand. Einzig Erwin Wurm selbst fehlte. Doch das wurde jetzt nachgeholt. Ein gut gelaunter Erwin Wurm kam am Freitag, den 21.5. nach Hartberg und besichtigte die Ausstellung, gab Autogramme auf Ankündigungsplakate, stand für Fragen und eine kurze Einführung zusammen mit Kurator und Hans Weigand zur Verfügung und genoss den fast schon sommerlichen Abend in der Bezirkshauptstadt. „Hans Weigand hat die Ausstellung ganz allein aufgestellt, ab und an habe ich per Zoom mitgestaltet, aber ansonsten hat alles er vor Ort geregelt. Mit dem Ergebnis bin ich voll und ganz zufrieden“, so der Künstler, der im Rahmen seines Besuchs. Zur Skulptur „Der Gurk“ am Hartberger Hauptplatz sagt der Künstler augenzwinkernd, er verstehe die Aufregung nicht, es handele sich „nur um ein Essiggurkerl, nicht mehr“.

Hans Weigand und Bürgermeister Marcus Martschitsch bekräftigten unterdessen ihr Vorhaben, Hartberg zu einem oststeirischen Kunstzentrum auszubauen, wofür mit vohergegangenen Ausstellungen, vor allem aber mit der noch bis zum 13. Juni gehenden aktuellen Wurm-Ausstellung eine gute Basis geschaffen werde.

 


Vize-Bgm. Ludwig Robitschko, Hans Weigand, Erwin Wurm und Bgm. Marcus Martschitsch

Bgm. Marcus Martschitsch, Erwin Wurm, Rita Schreiner vom Stadtmarketing, Kurator Hans Weigand

Erwin Wurm zu Gast in Hartberg

Fast im Partnerlook: Bgm. Marcus Martschitsch freute sich sichtlich über den Besuch des Künstlers Erwin Wurm

 

 

Erwin Wurm

Erwin Wurm wurde 1954 in Bruck an der Mur geboren. Zu seinem Werk gehören auch Zeichnungen, Aktionen und Fotografien, vorwiegend von sogenannten „One-Minute-Sculptures“, aber in erster Linie gilt Wurm als Bildhauer. Dabei steht er in der Tradition des „Ready-Made“, also jener Kunst, die Alltagsgegenstände aufgreift, umformt, in Kunst integriert oder zur Kunst erklärt. Seine Skulpturen und Installationen greifen bekannte Alltagsgegenstände auf und verfremden sie. Oft in der überdimensionierten Größe bzw. der Verfettung, die der zugrunde liegenden Mobilität höhnt wie in der fat-Serie, oder in der Platzierung wie das schräge und verkehrt herum angebrachte Einfamilienhaus auf dem Dach des Mumok in Wien 2006. Sprichwörtlich ist dabei sein Humor, oder wie es sein Künstlerfreund und Kurator der Hartberger Ausstellung Hans Weigand ausdrückt: „Aber in der Bildnerei von Erwin Wurm ist immer ernste Heiterkeit, Eleganz und keine Bitternis.“

Bereits 2020 war in Hartberg der Convertible Fat Car von Erwin Wurm zu sehen. Bis Oktober 2021 ist noch seine Skulptur „Der Gurk“ am Hartberger Hauptplatz installiert. Die Ausstellung im Museum läuft bis 13. Juni 2021.


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