Bericht

Jagd im Gatter

Das neue Jagdgesetz im Burgenland war seit 2017 beschlossene Sache. Mit diesem Gesetz hätte man auch 2023 die sogenannte Gatterjagd, die Jagd im eingezäunten Gebiet, verboten. Jetzt wurde seitens des Landes aber eine Novelle des Jagdgesetzes verkündet und genau dieses Verbot zurückgenommen. Die Jagd in bestehenden Gattern soll – mit Einzelgenehmigungen – erhalten bleiben.

Foto: VGT

Tiere am unüberwindbaren Zaun eines Jagdgatters.

 

Jagdgatter. Waldidylle, umringt von Zaun und Mauern. Jagdgäste mit Abschussgarantie. Wildtiere ohne reelle Chance. Die Gatterjagd wurde im März 2017 unter dem damaligen Landeshauptmann Hans Niessl und der damaligen Landesrätin Verena Dunst im Burgenland verboten. Stolz präsentierte man das „modernste und innovativste Jagdgesetz Österreichs“ im Burgenland. Unlängst wurde aber eine Novelle dieses Gesetzes angekündigt, die vor allem die umstrittene Gatterjagd betrifft. Über diese Novelle wurde in den letzten Wochen heftig diskutiert. Statt der kompletten Auflösung der Gatter werden zwar neue nicht mehr angelegt, aber bestehende Gatter bleiben erhalten. Im Burgenland sind zehn Jagdgatter genehmigt.
War ursprünglich vorgesehen, dass fünf Mal im Jahr angemeldete Jagden stattfinden dürfen, will das Land diese nun nur mehr nach Bewilligung und Prüfung im Einzelfall genehmigen. „Eine Farce“, wie Martin Balluch, Obmann vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) kritisiert, „denn ändern wird sich dadurch nichts!“

„Reproduktion und Wertschöpfung“

Landesrat Leonhard Schneemann erläutert diese Offensive: „Neben dem Verbot neuer Jagdgatter ist eine strenge Reglementierung bestehender umfriedeter Eigenjagdgebiete ein zentraler Punkt der Novelle. Zweck der Beibehaltung bestehender Jagdgatter ist und bleibt weiterhin ausschließlich die natürliche Reproduktion. Mit der Beibehaltung bestehender Jagdgatter werden auch Wildschäden für die Landwirtschaft minimiert. Bei höheren Wildständen fällt mehr Wildfleisch an. Das hat den Effekt der Stärkung des regionalen und wertvollen Produkts Wildbret und damit einhergehend der regionalen Wertschöpfung. Die Bewegungsjagden in Jagdgattern werden verboten, nur im Einzelfall kann nach gründlicher Überprüfung der Behörde auf Einhaltung der Waidgerechtigkeit und Tierschutzkonformität eine Bewilligung einer Bewegungsjagd erteilt werden. Vergehen werden mit voller Härte bestraft.“

Umstrittene Praxis

Martin Balluch vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) ist von der Aufhebung des Verbotes entsetzt: „Gatterjagd steht sinnbildlich für den treffsicheren Jagdspaß des ungeübten Hobbyjägers. Selbst die Mehrheit der Jägerschaft ist gegen diese Praxis. Und auch wenn diese Jagdareale mindestens 115 Hektar groß sind, wissen die Wildtiere genau, dass sie eingesperrt sind. 100 Hektar ist eine Fläche von einem Kilometer mal einem Kilometer. Ein ausgewachsener Rothirsch galoppiert diese Strecke in sehr wenigen Minuten. Bei Dokumentationen dieser – meist acht Stunden dauernden – Treibjagden sieht man ganze Herden der Wildtiere panisch an den Zäunen entlanglaufen. Viele sind verwundet oder verletzen sich auch unter den verzweifelten Versuchen zu entkommen.“ Dass statt den jährlichen fünf Treibjagden pro Gatter jetzt Einzelgenehmigungen notwendig seien, sieht er als Verschleierung der Situation: „Das ist ein reiner Formalakt und wird an der Sache nichts ändern! Man hat lediglich in den bestehenden § 10 (5), der 5 Treibjagden pro Jagdgatter und Jahr erlaubt, den Zusatz eingefügt, dass die Bezirksverwaltungsbehörden diese Treibjagden nach Vorlage eines “Jagdkonzeptes” zu bewilligen haben.“

„Demokratiepolitische Enttäuschung“

Wolfgang Spitzmüller von den GRÜNEN Burgenland zeigt sich zum Anlass der Novelle generell irritiert: „Es gibt keinen vernünftigen Grund für diese Trendumkehr. Die Argumentation ist dünn. Zum Beispiel führt die Reproduktion im umzäunten Gebiet auf lange Sicht zu tierquälerischen Inzuchtproblemen und Missbildungen. Und die regionale Wertschöpfung ist mit der herkömmlichen Jagd und den ebenfalls bestehenden Damwild-Fleischgattern gesichert! Wir haben 2017 gemeinsam ein komplett neues, zeitgemäßes Jagdgesetz aufgesetzt. Mit den damaligen SPÖ-Landesrätinnen Verena Dunst und Astrid Eisenkopf hat sich hier viel zum Positiven geändert. Man hatte mit diesem Gesetz einen annehmbaren Kompromiss zwischen Jägerschaft und Tierschutz gefunden. Das Verbot der Gatterjagd ab 2023 galt als Meilenstein, jetzt ist es für mich ein Rückschritt ins Mittelalter und eine demokratiepolitische Enttäuschung!“

Eine vom VGT initiierte Umfrage des renommierten GALLUP-Institutes ergab, dass sich 76 Prozent der Burgenländerinnen und Burgenländer gegen eine Aufhebung des Verbotes der Gatterjagd aussprechen. Die Diskussionen um das Jagdwesen im Burgenland scheinen noch nicht zu Ende. Nun schaltet sich auch der Tierschutz Austria ein, die Rede ist sogar von einer Volksabstimmung. Ob dies noch zu einer Änderung der Novelle führt, ist fraglich.

In der Zwischenzeit musste sich Landesrat Leonhard Schneemann mit Hasspostings auseinandersetzen: „Nach den Kontroversen um die Vorlage zum neuen Jagdgesetz hat der Diskurs in beleidigenden und aggressiven Angriffen gegen mich und meine Familie gemündet. Niemand sollte sich dieses feige Verhalten gefallen lassen.“ Schneemann hat die Angelegenheit den Strafverfolgungsbehörden zur Prüfung auf Cybermobbing weitergegeben.

Kritik auch vom Jagdverband

Neben dem Jagdgatter sind auch andere Änderungen in der Novelle angeführt, wie etwa eine Erhöhung der Jagdabgabe und die Übernahme der behördlichen Verwaltung des Burgenländischen Landesjagdverbandes durch das Land. Diesbezüglich regt sich auch der Unmut im Jagdverband. 

 

Update zum 27.11.2020

Die Novelle zum Jagdgesetz hat hohe Wellen geschlagen. Über 1000 Stellungnahmen über die Gatterjagd sind in der Landesverwaltung eingegangen. Aus der Sicht des Tierschutzes und auch der GRÜNEN sei das Reglement, nun Einzelgenehmigungen für die Treibjagden einholen zu müssen, weiterhin kein akzeptabler Umstand. Man wolle weiterhin erreichen, dass die tierquälerische Gatterjagd wie ursprünglich geplant verboten wird.

Seitens des Landes Burgenland wird betont, dass man mit den massiven Auflagen und Einschränkungen betreffend der Gatterjagd eine sehr strenge Reglementierung vollziehen werde. „Anders als früher können die Bewegungsjagden im umfriedeten Eigenjagdgebieten dann nicht mehr lediglich bei der BH angezeigt werden, sondern müssen ein Bewilligungsverfahren durchlaufen. In diesem Ansuchen muss ein Jagdkonzept unterbreitet werden, das den fünf Zielen des Jagdgesetzes entspricht. Und auch beschreibt, welche Jagdart geplant ist oder welche Tierart bejagd wird, wie hoch die Anzahl der gejagden Tiere ist und auch welche Rückzugsräume zur Deckung für die Tiere vorhanden sind. Diese Angaben können dann von der Behörde mittels einem Veterinärvertreter überprüft werden. Mit dieser strengen Reglementierung sollen die Ziele des Tierschutzes erreicht werden. Und auch der juristischen Anforderung gerecht werden, was dieser massive Eigentumseingriff auf den Privatgrundstücken mit sich bringt“, heißt es aus dem Büro von Landesrat Schneemann.

Update vom 3.12.2020

Für die Tierschützer vom VGT und dessen Obmann Martin Balluch bleibt diese Stornierung des Verbotes weiterhin ein massiver Rückschritt für Tierschutz und Wildökologie. Die Argumentation, warum man sich nun wieder für die Gatterjagd ausspricht, wäre nicht nachvollziehbar und falsch. „Man will hier offensichtlich die Öffentlichkeit verunsichern, um dann ohne viel Widerstand Faken zu schaffen“, heißt es in einer verärgerten Pressemitteilung. „Es wird behauptet, dass  Teibjagden verboten werden (Anm.: mit Einzelgenehmigung), im geplanten Gesetz steht allerdings, dass nach Vorlage eines Jagdkonzeptes sogar fünf Treibjagen pro Jahr und Gatter erlaubt sind. Des Weiteren spricht man fälschlicherweise davon, dass die geplante Novelle die strengste Regulierung von Jagdgattern in ganz Österreich sein würde, in der Steiermark gäbe es zB. Wintergatter, in NÖ Wildgehege. Dabei ist in sechs von neun der österreichischen Bundesländern die Gatterjagd nicht nur verboten, es gibt dort auch keine Jagdgatter mehr. In Wintergattern wird überhaupt nicht gejagt und Wildgehege dienen der Erholung und der Wissenschaft, und nicht der Jagd“, schildern die Tierschützer. Auch hätte die Übergangsfrist rechtlich ausgereicht, um Kompensationszahlungen zu vermeiden.

Update 7.12.2020: GRÜNE fordern Volksbefragung

Die GRÜNEN haben im Landtag einen Antrag auf eine Volksbefragung gestellt. Erfragt werden soll, ob „das Burgenland ein Tierschutz-Musterland werden soll und Tiere vor allen Arten der Quälerei bewahrt werden soll“, erklärt GRÜNE Klubobfrau Regina Petrik. Parallel läuft auch weiterhin die Forderung des VGT nach einer Volksabstimmung über die Gatterjagd im Jagdgesetz, die auch von den GRÜNEN unterstützt wird. 

Update 16.12.2020: Volksabstimmung kommt fix

„Die erste Hürde ist genommen, wir übergeben heute dem Landtag 2.031 Unterschriften für eine Volksabstimmung über die Gatterjagd im Burgenland“, freut sich VGT-Obmann Martin Balluch. Bis Anfang Februar 2021 seien nun 12.000 Unterschriften notwendig, um der Aufhebung des Gatterjagdverbotes entgegen zu wirken.

 

 

 


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