Bericht

Kompakte Vielfalt

Oberschützen galt bis zum 13. Jahrhundert als Heimat von freien, ungarischen Bogenschützen, denen sie auch ihre Namensgebung verdankt. Kein Wunder, denn mit Pfeil und Bogen konnte man sich in dieser weitläufig hügeligen Landschaft mit kilometerweiter Aussicht sicher austoben. Heute gilt die Großgemeinde Oberschützen als kompaktes, modernes Konvolut der Vielfalt aus Bildung, Kultur und Landwirtschaft.

Foto: Eva Maria Kamper

Das Bundesgymnasium Oberschützen ist das älteste Gymnasium im Burgenland.

 

Damals …

Oberschützen war seit jeher als älteste Schulstadt des Burgenlandes vor allem von einer bedeutenden historischen Persönlichkeit geprägt: Gottlieb August Wimmer. Der evangelische Pfarrer wirkte von 1818 bis 1848 als Wegbegründer des bis heute beispiellosem Schul- und Bildungszentrums mit Kindergarten, Volksschule, Sporthauptschule, zwei Gymnasien und einem Institut der Kunstuniversität Graz.
Auch das älteste Freibad des Burgenlandes ist seit 1930 Teil der Ortschaft. Besonders diskussionsbehaftete Bekanntheit erlangte Oberschützen auch durch das einzige Nazi-Denkmal in Europa. Das größte Anschlussdenkmal der damaligen Ostmark wurde 1939 errichtet. Nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft 1945 wurde unter anderem der inmitten thronende Adler als Wahrzeichen entfernt. Ein gänzlicher Abriss des umstrittenen Gemäuers, das sich auf mehreren Grundstückszipfeln verteilt, wurde jahrelang diskutiert, ehe man sich 1997 zur Umwidmung zum Gedenk- und Mahnmal einigte. Inzwischen steht das Gebäude unter Denkmalschutz und unterliegt einem 30-jährigen Pachtvertrag mit den Grundstückseigentümern. Im letzten Jahr hat man das Gedenkmal in einem EU-geförderten Projekt mit Bevölkerungsbeteiligung mit QR-Code digitalisiert, um am Zahn der Zeit die wichtigsten Informationen zur Geschichte online zugänglich zu machen. Um Bewusstsein zu schaffen, zukunftsfähig.
Stolz ist man auf das eigene Wappen, das Oberschützen seit 2017 besitzt. „Die Farben blau und gold stehen für die Wichtigkeit der Bereiche Bildung, Kultur und Landwirtschaft. Und für die innere Verbundenheit und Geschlossenheit der Großgemeinde“, schildert Bürgermeister Hans Unger.

Heute …

Einen richtigen Berühmtheitsstatus konnte vor kurzem das Naherholungsgebiet der „Willersdorfer Schlucht“ erlangen, nachdem es die Burgenlandauswahl des TV-Sendungsformates „9 Plätze – 9 Schätze“ gewonnen hat. Im österreichweiten Finale reichte es allerdings nicht ganz zum Sieg. Innerhalb der regionalen Bevölkerung wurde das Pro und Contra als „beliebtester Platz Österreichs“ aufgrund einer erhöhten Frequentierung von Touristen allerdings diskutiert, denn schnell pflasterten geparkte Autos das Ortsbild Richtung Schlucht, als Kehrseite des Ruhms dieser Idylle. „Wir sind aber vor allem sehr dankbar, dass die Willersdorfer Schlucht überhaupt wieder begehbar ist, denn ein Unwetter am 22. August 2021 hat diese wunderbare Grünoase so schwer beschädigt, dass wir die Schlucht vorübergehend sperren mussten“, erzählt Bürgermeister Hans Unger über den dramatischen Zustand vor ein paar Wochen, wobei Brücken weggeschwemmt und Bäume entwurzelt wurden. „Vielen Dank an dieser Stelle der engagierten Hilfe unserer Bauhofmitarbeiter, dem Erdbauunternehmen RCR GmbH, der Wildbachverbauung und Ortsvorsteher Ernst Karner.“ Auch die ortsansässige Firma Zimmerei Fürst hat wesentlich zur Renovierung beigetragen.

Morgen …

Ein weiteres Zukunftsprojekt hat schon für viel Diskussion in der Bevölkerung gesorgt. „Am ehemaligen Bahndamm wird derzeit auch ein kombinierter Geh- und Radweg durch das Land errichtet, welcher Oberschützen zukünftig mit Bad Tatzmannsdorf und Oberwart und in weiterer Folge mit Rechnitz verbinden wird. Der Geh- und Radweg startet im Anschluss an das Wohn- und Siedlungsprojekt beim ehemaligen Bahnhof in Oberschützen – das unter anderem auch Gastronomie und Ärzteräumlichkeiten bieten wird – und endet in Oberwart bei der Schönberggasse (P+R)“, schildert Bürgermeister Hans Unger die Pläne, für die allerdings eine ganze Infrastruktur, nämlich die Schienen für einen eventuellen Zugverkehr, für immer weichen musste.
Die Vielfalt aus Schulangebot und Grünoasenidylle ist nach wie vor als Lebensmittelpunkt beliebt. „Die Ortsteile Oberschützen, Aschau, Unterschützen, Willersdorf und Schmiedrait vereint die Bevölkerungszahl zu aktuell 2.452 Einwohnern“, erzählt der Bürgermeister.

Und die Zahl wird weiter anwachsen, denn im Moment entstehen am Hang Richtung Bad Tatzmannsdorf mit Hilfe der Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG) und nach den Plänen von Architekt Günter Klein, der ebenfalls als Aschauer ein Kind der Gemeinde Oberschützen ist, 18 neue Wohnungen, vier Reihenhäuser und ein Doppelhaus. „Die OSG hat in Oberschützen bereits 127 Wohnungen errichtet. Ich freue mich sehr, dass es uns ein weiteres Mal gelungen ist, ein besonders schönes Grundstück in Oberschützen bebauen zu dürfen“, sagt OSG-Chef Alfred Kollar erfreut.

Typisch für …

Wer auf der Durchreise ist, muss trotz der kompakten Größe von Oberschützen morgens und mittags oft ein bisserl mehr Zeit einplanen, zumindest außerhalb der Ferienzeit. Denn Oberschützen ist bekannt für ein fröhliches, buntes Gewusel zahlreicher Schülerinnen und Schüler aller Altersgruppen, die aus allen Himmelsrichtungen in die Schulgebäude strömen, sich am Heimweg quer über die Gehsteige und Zebrastreifen auf allen Haltestellen aufteilen und deren Busse das Straßenbild prägen.
Was wohl Gottlieb August Wimmer heute zu diesem lebendigen Schulzentrum sagen würde? Er würde sich wohl mehr als freuen.


Im Kulturzentrum ist auch das Institut 12 der Kunstuniversität Graz beheimatet sowie das traditionelle Restaurant Pranger.

Auf Initiative von Umweltgemeinderat Wolfgang Spitzmüller hat der Verein MiO (Miteinander in Oberschützen) mit Unterstützung der Gemeinde ein E-Auto angekauft. Damit werden Fahrtendienste angeboten.

Die neue Parkanlage im Zentrum von Oberschützen inklusive E-Ladestationen.

Die Willersdorfer Schlucht.

Gottlieb August Wimmer

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