Bericht

Lehrlinge gesucht

Fachkräfte werden gesucht wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Wie können Betriebe junge Menschen für eine Lehre begeistern? Lehrlings-Speed-Dating lautet der Lösungsansatz der Wirtschaftsregion Hartberg. Hier wird in zehnminütigen Gesprächen versucht, Ausbildungsbetriebe mit zukünftigen Lehrlingen zusammenzubringen, um „Talente und Fachkräfte von morgen in der Region“ zu halten.

Foto: Shutterstock / aerogondo2

Lehrlinge werden gesucht – Betriebe bieten diesen einige Zusatz-Benefits an.

 

Einen anderen Zugang zu der Frage was getan werden kann, um Jugendliche in der Region zu halten, hat die Regionalentwicklung Oststeiermark gewählt. Sie beauftragte im April dieses Jahres eine Studentengruppe im Masterstudium an der FH Campus02 mit der Erstellung einer Jugendstudie für die Region. In einem qualitativen Verfahren wurden 75 Schüler*innen verschiedener Schultypen im Alter von 14-19 zu ihrer Haltung zur Region, zu ihrer Zukunft und ob sie hier verbleiben wollen, befragt.

Das Gros der Befragten lebt gerne hier und will auch weiterhin hier seinen Lebensmittelpunkt haben. Das Angebot an Vereinen wird grundsätzlich positiv beurteilt und ist auch ein Grund zu bleiben. Bemängelt werden aber durchaus die geringe Vielfalt an Freizeitangeboten – besonders bei den Indooraktivitäten – in ländlichen Gemeinden. Als negativ angesehen werden neben der Verkehrsanbindung in ländlicheren Gebieten vor allem eine fehlende Abwechslung in den Bereichen Gastronomie und Einkaufsmöglichkeiten.

Der häufigste Grund für Abwanderung ist vor allem aber die Wahrnehmung, dass „viele Berufswünsche in der Oststeiermark nicht zu erfüllen“ seien. Gleichzeitig wird allerorts – auch in der Region der Oststeiermark – über den Fachkräftemangel geklagt. Offensichtlich gibt es hier Potenzial an ungenutzten künftigen Kräften, welche vor Ort durch Lehrberufe ausgebildet werden könnten. Doch scheinbar gibt es bei den Jugendlichen einen falschen Eindruck über die Ausbildungs- und späteren Karrierechancen in der Region, die durchaus vorhanden sind.

Ausbildung männlich dominiert

Die Wirtschaftsregion hat es sich zur Aufgabe gemacht, hier anzusetzen und im jährlich stattfindenden Lehrlings-Speed-Dating interessierte Schülergruppen einerseits mit potenziellen Ausbildungsbetrieben andererseits zusammenzubringen. Laut Wirtschaftskammer gibt es in der Region 1.251 Lehrlinge, die auf 434 verschiedene Ausbildungsstätten verteilt sind. Ausbildungsplätze gäbe es in der Region allerdings noch mehr. Um sie zu besetzen, müssen sich die Unternehmen um Lehrlinge bemühen. Außerdem gilt die Lehre immer noch als männliche Ausbildungsform. Immerhin gibt es 890 männliche Auszubildende und nur 361 weibliche. Die Ursache hierfür sieht Raphaela Küffer von der WKO Hartberg-Fürstenfeld vor allem in Berufen, die immer noch ein männlich besetztes Image haben. So finden sich unter den beliebtesten Lehrberufen im Bezirk Elektrotechnik, Metalltechnik, Kraftfahrzeugtechnik, Installations- und Gebäudetechnik, Tischlerei und Hochbau. Berufe, die durchaus interessante Berufschancen für beide Geschlechter bieten.

Was Lehrbetriebe für Lehrlinge tun

Wer einen guten Lehrling haben will, muss diesem auch einige Benefits bieten. Dessen sind sich Unternehmen, die als herausragende Lehrlingsbetriebe gelten, bewusst.
Zach Gebäudetechnik mit Standorten in Kaindorf, Pöllau und Oberwart hat insgesamt 15 Lehrlinge und bildet in den Berufen Elektrotechnik und Installations- und Gebäudetechnik aus. Für jene, die die Lehre erfolgreich absolviert haben, gibt es zahlreiche Individualförderungen wie Fortbildungen zur Kompetenzerweiterung und Spezialisierung, z.B. im Bereich Klimatechnik oder Smart-Home. Dazu gibt es einige Mitarbeiterevents, bei denen schon die Lehrlinge miteingebunden werde, wie z.B. eine gemeinsame Wanderung. Der besondere Benefit der Firma liegt aber vor allem darin, dass Auszubildende hier nur eine Vier-Tagewoche haben. Harald Zisser, Geschäftsführer des Standortes Kaindorf, beklagt, dass durch die coronabedingt fehlenden Schnuppertage im vergangenen Jahr und die Möglichkeit, an den Schulen Werbung zu machen, erstmals Lehrstellen unbesetzt geblieben sind. Das Unternehmen ist daher derzeit auf Lehrlingssuche und für Bewerbungen offen.

Bei der Firma ERST Elektro-Regeltechnik Steiner in Greinbach mit Zweigniederlassung in Markt Allhau werden 14 Lehrlinge in den Berufen der Elektrotechnik und Mechatronik mit dem Schwerpunkt Steuerungs- und Regeltechnik ausgebildet. Zudem findet sich eine weibliche Auszubildende im Betrieb, die Automatisierungs- und Prozessleittechnik lernt. Zukünftige Lehrlinge bewerben sich meist nach dem Lehrlings-Speed-Dating bzw. nach berufspraktischen Tagen an der Schule. Besonders beliebt bei den Lehrlingen ist die gute betriebliche Stimmung, die in gemeinsamen Aktivitäten wie dem jährlichen Tennis- und Volleyballturnier spürbar ist.

Licht Loidl mit Zentrale in Lafnitz und Filiale in Pinkafeld hat bei seinen 800 Mitarbeit*innen insgesamt etwa 80 Lehrlinge in den Sparten Elektrotechnik, Gebäude- und Installationstechnik, Bürokaufmann, Einzelhandelskauffrau, Kommunikationselektronik. Obwohl es hier hauptsächlich technische Berufe zu erlernen gibt, üben auch einige Frauen den Lehrberuf Elektrotechnik aus. „Bei uns haben bereits viele langjährige Mitarbeiter*innen die Lehre im Unternehmen begonnen und sind mittlerweile erfahrene Führungskräfte, die ihr Wissen gerne an die nächste Generation weitergeben“, so die firmeninterne Qualitätsmanagerin Doris Wilfinger.

Das Unternehmen legt viel Wert auf einen schönen Mitarbeiterfuhrpark, hochwertige Arbeitskleidung und sonstige Benefits wie den Zugang zum firmeneigenen Fitnessstudio, der Teilnahme an Veranstaltungen wie dem Wiener Citymarathon, Wandertagen usw. Dazu gibt es für Lehrlinge noch Bonuszahlungen für gute und ausgezeichnete Leistungen in der Berufsschule und bei der Lehrabschlussprüfung.

Während man also sehen kann, dass sich Betriebe für Lehrlinge attraktiv machen und die Wirtschaftsregion durch das Lehrlings-Speed-Dating einiges tut, um das Image der Lehre aufzuwerten, kann man in der ländlichen Infrastruktur der Region durchaus gewisse Schwachpunkte erkennen, die Jugendliche abschrecken können. Hier wäre vor allem die Politik gefragt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die auch für junge Erwachsene ansprechend sind.


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