Bericht

Unsere Künstler und Gelehrten

So manche Auswanderer haben eine beeindruckende berufliche Laufbahn geschafft. Auch Künstler, Gelehrte und Wissenschaftler sind aus Familien von Emigranten hervorgegangen. Einige stammen aus dem Bezirk Oberwart.
Ein Beitrag von Ahnenforscher Herbert Rehling zu „100 Jahre Burgenland“

©Land Burgenland

Ölbild von Gustav Rehberger: Marlon Brando im Film „One Eyed Jacks“, deutsch „Der Besessene“.

 

Neben den „gewöhnlichen“ Berufen, die von Auswanderern aus unserem Land ausgeübt worden sind, haben so manche Landsleute eine beeindruckende berufliche Laufbahn geschafft. Auch Künstler, Gelehrte und Wissenschaftler sind aus Familien von Emigranten hervorgegangen, von denen hier einige vorgestellt werden.

Architekt

Stephen L. Janesch kam 1932 in Allentown, Pennsylvania, zur Welt. Väterlicherseits stammte er aus Henndorf und mütterlicherseits aus Kohfidisch. In jungen Jahren arbeitete er für verschiedene Unternehmen als Architekt. 1971 machte er sich selbständig, eröffnete sein eigenes Architekturbüro und wurde Mitglied des American Institute of Architects. Seine Gattin Lillian, ebenfalls mit Vorfahren aus unserem Land, war eine überaus tüchtige Mitarbeiterin in seiner Firma.

Arzt

Einer aus der großen Schar der frühen Auswanderer aus Oberschützen war Gottlieb Polster. 1857, als kaum 30-Jähriger, folgte er seinem jüngeren Bruder Tobias über den großen Teich und landete im Raum St. Louis, Missouri. Er begann ein Medizinstudium am Humboldt Institute und machte bereits 1861 seinen Abschluss, eine erstaunliche Leistung, wenn man die für ihn völlig neuen Verhältnisse bedenkt.

In den Staaten änderte Gottlieb Polster seinen Namen und war dort als Dr. Arvid G. de Cossy bekannt. Seine Praxis eröffnete er im Städtchen Black Jack (St. Louis) und das von ihm dort begründete Spital blieb seine berufliche Heimat bis zu seinem Tod im Jahr 1897.

Künstler Josef Amadeus Fleck

Ein im Burgenland wenig bekannter Künstler, der sich in den USA einen guten und bleibenden Namen gemacht hat, ist Josef Fleck. Während seiner Zeit in den USA kam noch „Amadeus“ als zweiter Vorname hinzu.

Josef Fleck wurde 1892 in Sigless geboren. Seine künstlerische Ausbildung erhielt er an der Kunstakademie Wien und in München. Im Alter vor 30 Jahren zog er in die USA, zunächst nach Kansas City, Bundesstaat Missouri. Er fand bald einen Job als Designer in einer Firma für Glasmalerei. Daneben konnte er aufgrund seiner fundierten Ausbildung auch immer wieder der Malerei nachgehen. Einige Jahre später wurde er durch den Besuch einer Ausstellung veranlasst, nach Taos, New Mexiko, zu ziehen, wo er sich mit seiner Frau niederließ. In Taos entstanden seine bekanntesten Bilder. Er fand einen eigenen impressionistischen Stil, in dem er Land und Leute porträtierte. Seine letzten Jahre verbrachte er hochgeehrt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet in Kalifornien, wo er 1977 starb.

Künstler Gustav Rehberger

Eine außergewöhnliche Karriere als Künstler glückte dem Riedlingsdorfer Gustav Rehberger. 1910 geboren, erlebte er zunächst das Schicksal so mancher Kinder aus ärmlichen Verhältnissen. Seine Eltern wanderten in die USA aus, als er drei Jahre alt war, um für die Familie bessere finanzielle Grundlagen zu schaffen, als es zu Hause möglich gewesen wäre. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges durchkreuzte ihre Pläne, und sie konnten erst 1920 zurückkehren. Nach unbefriedigenden Versuchen, sich in Riedlingsdorf eine feste Existenz aufzubauen, wanderte die ganze Familie, Vater, Mutter und drei Kinder, 1923 endgültig in die USA aus.

Gustav, der schon als Kind mit seinen Zeichenkünsten verblüfft hatte, gewann bereits im nächsten Jahr mit einem sensationellen künstlerischen Einfall ein Stipendium am Art Institute of Chicago. Nach diesem Start ging es steil bergauf mit seiner Karriere und er wurde ein berühmter Zeichner, Maler, Illustrator, Designer und auch Kunsterzieher. (Auch die Landesausstellung „Unsere Amerikaner“ im Landesmuseum Eisenstadt würdigt ihn entsprechend.)

Patentanwalt

William Weigl wurde 1926 in Ohio als Sohn von Einwanderern aus Wolfau geboren. Im Zweiten Weltkrieg war er Flugzeugmechaniker bei den US Navy Reserves. William hat dann eine steile Karriere als Akademiker absolviert und in seiner Ausbildung den Grad eines Industrial Education LLB von der Bowling Green University erworben sowie anschließend das Law Degree JD von der Cleveland Marshall Law School. („JD“ bezeichnet ein in den USA erwerbbares Berufsdoktorat.) In seiner beruflichen Karriere war er in vielen Gremien und Konzernen als Patentreferent bzw. Patentanwalt tätig. Er selbst hat 15 Patente unter seinem Namen gehalten.

Sänger

Eduard Dirnbeck wurde 1936 in Harmisch geboren und wanderte als junger Mann in die USA aus, wo er sich im Lehigh Valley im östlichen Pennsylvania niederließ, circa zwei Autostunden entfernt von New York. Beruflich war er als Fleischschneider (Meat Cutter) tätig. In seiner Freizeit war Eduard begeisterter Sänger beim berühmten Coplay Saengerbund; überdies war er Mitglied beim Austrian-Hungarian Club in Allentown und bei der St. Peter & Paul Hungarian Society in Northampton. Im geselligen Kreis von Landsleuten war die Trennung von seiner alten Heimat sicher leichter zu ertragen als in Zurückgezogenheit.

Schauspieler Ludwig Stössel

In Amerika auch heute noch überaus populär, in Österreich nahezu unbekannt, das ist Ludwig Stössel, der 1883 in Lockenhaus in eine jüdische Familie geboren wurde. Schon in jungen Jahren trat er auf verschiedenen Bühnen in Deutschland und Österreich auf. Ab 1926 war er im Film vertreten und schaffte auch den Übergang vom Stumm- zum Tonfilm problemlos.1938 verließ er Österreich und emigrierte nach einem kurzen Aufenthalt in London im Jahr 1939 in die USA. Scheinbar mühelos setzte er seine Filmkarriere in Hollywood fort.

Ludwig Stössel hat in zahlreichen Fernsehproduktionen und Filmen mitgewirkt. So manche werden überrascht sein, dass darunter auch solche Klassiker sind wie Casablanca (1940). Bekannt wurde er auch als Albert Einstein im Film „The Beginning of the End“ (1947). Einer seiner letzten Filme war „G.I. Blues“ (1960) mit Elvis Presley, der bei uns unter dem Titel „Café Europa“ lief. Ludwig Stössel ist am 29. Januar 1973 in Hollywood gestorben.

(Eine Biographie zur Erinnerung an den jüdischen Landsmann aus Lockenhaus bietet z.B. https://shalom-lockenhaus.at/ludwig-st%C3%B6ssel, und auch die Landesausstellung „Unsere Amerikaner“ würdigt ihn entsprechend.)

Universitätsprofessor

Donald Alexander Gyorog wurde 1931 in Everett, Bundesstaat Washington, geboren, etwa 60 km nördlich von Seattle. Sein Vater Alexander Györög war aus Unterwart in die USA eingewandert und hatte in Everett eine Einheimische geheiratet.
Nach dem Besuch der High School im benachbarten Marysville studierte Donald Alexander an der University of Wisconsin in Madison, Bundesstaat Wisconsin. Dort erwarb er den Titel PhD (Doktor der Philosophie), einen der höchsten akademischen Grade, den amerikanische Universitäten vergeben, und zwar im Fach Mechanical Engineering. Damit verbunden war auch die Berechtigung, an Universitäten zu lehren. Zum Abschluss seiner Laufbahn war er an der University of Kansas als Professor tätig.

Sein Sohn Michael Donald Gyorog, geboren 1955, erwarb an der katholischen Privatuniversität University of Notre Dame im US-Bundesstaat Indiana den akademischen Grad Bachelor of Science mit der höchsten Auszeichnung With Highest Honors, und zwar im Fach Electrical Engineering. Ein weiterer Sohn, Steven Mark Gyorog, geboren 1957, studierte an der University of Kansas und schloss mit dem Grad Master of Science ab, also noch ein Akademiker aus dem Hause Györög, deren Vorfahren väterlicherseits aus Unterwart kamen.

Wissenschaftler

Dr. Frank I. Tanczos, 1921 als Sohn von Immigranten aus Kroatisch Tschantschendorf bzw. Kroatisch Ehrensdorf in Northampton, Pennsylvania, geboren, war ein herausragender Wissenschaftler mit dem Spezialfach Atomphysik. In seiner beruflichen Laufbahn wurde er unter anderem Technischer Direktor der Missiles Division im Bureau of Naval Weapons in Washington DC, der Hauptstadt der USA, wo er an den Polaris und Poseidon Raketensystemen arbeitete. Dr. Tanczos starb 2001. Den Nachruf, der in der Washington Post erschienen ist, sehen Sie unten (1. Foto).

Zivilingenieur

Joseph Pratschner wurde 1922 in North Dakota geboren. Seine Vorfahren stammten alle aus der Gegend von Pilgersdorf und waren schon in den 1870er Jahren in die USA eingewandert. Joseph erwarb den Bachelor of Science im Fach Civil Engineering an der North Dakota State University und anschließend den Master of Science im Fach Sanitary Engineering an der University of Michigan. Er arbeitete zeit seines Lebens für das Gesundheitsamt des Bundesstaates North Dakota und war Direktor der Spitäler, der Pflegeheime und der Gesundheitsdienste. Hochbetagt starb er 2014 in Prescott, Arizona.


Nachruf Dr. Tanczos
Hier ist sein Nachruf, der in der Washington Post erschienen ist.

The Red Man of Oklahoma Sees the First Stage Coach (1936).

Gustav Rehberger, ca. 1944, im Dienst der US Air Force.

 

Herbert Rehling

ist Ahnenforscher und lebt in Bad Tatzmannsdorf.
www.rehling.weebly.com


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