Kommentar

Von der Krise der Dummheit und dem ersehnten Aussterben der Zwangsneurotiker

So, jetzt ist es vorbei mit der Quarantäne, jetzt dürfen wir wieder und wir tun es auch. Auto und Motorrad fahren, die Baumärkte und Gartencenter stürmen, uns bei McDonald‘s anstellen und so tun, als wäre nichts gewesen. Lediglich die Masken erinnern noch, dass da was war. Selbst der Bundeskanzler, der uns in der Coronakrise täglich ermahnt hat, Abstand zu halten, hat diese Warnung im Kleinwalsertal über Bord geworfen. Schließlich und endlich hat man ja keine Vorbildfunktion. Oder?

Es war ein prachtvoller Frühling, die Vögel waren lauter als der Verkehr, der Himmel blau und ohne Kondensstreifen. WhatsApp wurde zum Unterhaltungsmedium Nr. 1 und Donald Trump sein Hauptprotagonist. Man stellte weltweit Überlegungen an, wer wohl der dümmste Politiker sei in dieser Pandemie. Trump, Johnson, Bolsonaro? Trump ist nicht dumm. Er ist vielleicht nicht gebildet, aber ein Dummer schafft es selbst in den USA nicht, ein milliardenschweres Imperium aufzubauen. Er ist ein Narzisst und Egomane, der sich als Höhepunkt seiner Karriere ein Präsidentenamt vergönnt. 1998 hat er gegenüber dem People Magazine gesagt: „Sollte ich jemals kandidieren, dann als Republikaner. Die haben die dümmsten Wähler. Die glauben alles, was auf Fox News läuft. Ich könnte lügen, und sie würden es mir trotzdem glauben.“

Stichwort – Alles nicht wahr, alles ganz anders. Gab’s da nicht erst kürzlich das einjährige Ibiza-Jubiläum, zu dessen Anlass man dem Herrn Strache in so gut wie allen Medien, sogar der Kronen Zeitung, die er ja verkaufen wollte, eine Bühne gab? Womit sich der Kreis zwischen Trump, Johnson, Bolsonaro und Strache wieder schließt. Das Einzige, was diese Herrschaften lieben, ist sich selbst und die Inszenierung ihrer Person. Egal mit welchen Mitteln. Das Volk, die Menschen sind ihnen schnurze. Wer heute noch mit dem Gedanken spielt, Strache zu wählen, dessen Verstand ist irgendwann einmal falsch abgebogen.

Ich für meinen Teil habe meine Lehren aus dieser Krise der Gier und der Dummheit gezogen. Ich gehe nicht raus und wenn, dann nicht dahin, wo ich auf Massen stoße. Ich kriege mein Gemüsekisterl vom Bauern, meine Getränke vom Getränkehändler, meine Bücher liefert die örtliche Buchhandlung, Wurst und Fleisch kommt ebenfalls frei Haus. Meine Kinder schicke ich wegen fünfzehn Schultagen nicht mehr zum Unterricht, und ich habe auch keine Sorgen, dass sie deswegen vereinsamen oder einen Knacks bekommen, denn wie so viele genieße ich es, den ganzen Tag mit meinen Kindern zusammen zu sein, mit ihnen zu spielen, zu lernen, zu streiten und zu lachen. Brot und Kekse zu backen und Kräuter und Gemüse zu pflanzen.

Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass unser Leben ein anderes geworden ist, und je früher wir das tun, desto früher werden wir den Kampf gegen das Virus gewinnen. Zu fordern, alles wieder so werden zu lassen wie es davor war, ist kurzsichtig und gefährlich, und ich befürchte, dass wir die Rechnung dafür früher als erwünscht präsentiert bekommen. Ich will nicht mehr zusehen müssen, wie Menschen in Geschäften jeden Apfel, jeden Salat, ja sogar jedes Tiefkühlprodukt angreifen müssen. Ich möchte auch nicht mehr sagen müssen, dass man das nicht tut, dass das eine Zwangsneurose ist, die man sich behandeln lassen kann. Ich freue mich auf meinen ersten Salat, der nur durch meine Hände geht, auf Erdbeeren aus Wiesen, auf Kirschen aus Donnerskirchen und Marillen aus Kittsee.

Unsere Kabarettisten haben uns ja zum Glück auch während Corona nicht allein gelassen und zu vorhin Geschriebenem noch etwas von Michael Niavarani: „Aber ist es nicht trotzdem erstaunlich an der ganzen Situation, dass die Wirtschaft zugrunde geht, wenn die Menschheit acht Wochen lang sich nur das kauft, was sie wirklich braucht? Ist doch arg, oder? Acht Wochen nur Lebensmittel gekauft und was man ganz dringend braucht, und die Wirtschaft geht zugrunde. Das heißt, wir kaufen uns nur Scheißdreck eigentlich.“

Ihr Feri Tschank


Feri Tschank
Seine Stimme und sein Gesicht gehören wohl zu den bekanntesten des Burgenlandes, denn zwei Jahrzehnte (ab 1979) hat er beim ORF Landesstudio Burgenland als Sprecher und Moderator Tausende Radio- und Fernsehbeiträge gestaltet. Die Sendung „Burgenland heute“ hat er von den Anfangsjahren (1988) weg begleitet. 1998 wechselte er zum BKF und war dort zunächst Programmchef, ab 2008 Chefredakteur bis zu seiner Pensionierung.

Feri Tschank gilt als versierter Kenner des pannonischen Raumes und hat während seiner journalistischen Karriere besonders in den Bereichen Kunst, Kultur, Kulinarik wesentliche Eckpfeiler gesetzt. Unter anderem hat er mit „Prisma“ die erste grenzüberschreitende TV-Sendung mit EU-Mitgliedsstaaten entwickelt.

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