Kommentar

Wer einmal lügt …

Eigentlich wollte ich mir ja ersparen über Politiker zu schreiben, aber es ist als halbwegs denkender Mensch beinahe unmöglich, das, was gerade in Österreich läuft, einfach zu ignorieren.

Wir werden lange brauchen, um uns von den Kosten und Mühen, die Corona in die Kassen und Seelen gerissen hat, zu erholen. Ich hätte mir da schon erwartet, dass Politiker und Parlament die Ärmel hochkrempeln und versuchen, der kommenden Krise entgegenzusteuern, sich zu überlegen, wohin die Reise gehen wird, was so bleiben kann und was verändert gehört.

Ich für meinen Teil habe mich mit dem Thema Umwelt stärker als vor Corona beschäftigt. Lokal und global – und glauben Sie mir, es sieht beides nicht gut aus. Es gibt in Wirklichkeit kein Konzept, wie wir dem Klimawandel entgegensteuern, die Versiegelung unserer Natur verhindern. Das einzige, was unserer Politik dazu einfällt, sind Elektroautos, Windräder und Sonnenkollektoren. Das wird aber leider nicht reichen. Und sollten wir nicht bald munter werden, müssen milliardenhohe Beträge an Bußgeld für die Nichteinhaltung der Klimaziele bezahlt werden. Wir sind ein digitales Dritte-Welt-Land. Kaufhaus Österreich ist ein Beispiel dafür, wie es mit unserer Digitalisierung steht. Egal, die paar 100.000 Euro, die in den Wind geschossen wurden, sind im Vergleich zur Peinlichkeit und Unfähigkeit des ganzen Projektes fast nebensächlich. Spiegelt es doch unsere Ignoranz gegenüber der Zukunft, die eine digitale sein wird, wider. Peinlich!

Peinlich auch, wie sich ein Kanzler aus dem Verdacht seiner Falschaussage vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss herausredet und mit welchen Mitteln er es tut. Zu glauben, Macht erlaubt alles, ist dank Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eben doch nicht möglich. Aber es wird versucht. Der – wie er in einem Artikel genannt wird – „Giftpilz an der Spitze des Parlaments“ ist ja gegen die Wahrheitspflicht im Untersuchungsausschuss. Das ist ja so, als wäre ich gegen die Kohlensäure im Sodawasser.

Dafür, dass es diverse Skandale nicht auf die Titelseite des Boulevards schaffen, sorgen allein im Bundeskanzleramt 60 Mitarbeiter und ein dicker Topf an Inseratengeldern. Gefördert wird – wie könnte es auch anders sein – Masse statt Klasse. Und für die Guten gibt’s was in die Kröpfchen, die anderen stehen vorm leeren Töpfchen. Macht ist schon wichtig. Es ist was zutiefst Menschliches, danach zu streben. Macht bedeutet Freiheit. Sie ist wichtig, wenn man Ziele vorantreiben will. Machtbeziehungen gibt es überall, in jedem sozialen Gefüge, sagt Professor Erich Witte von der Universität Hamburg. Und nur in den seltensten Fällen kann jemand Machtmissbrauch widerstehen. Es handle sich dabei um einen evolutionär begründeten Mechanismus, der automatisch abläuft. Wenn man nicht bewusst dagegen ankämpfe. Der Psychologe Dacher Keltner von der Universität Berkeley hat herausgefunden, dass sich Menschen mit Macht tendenziell wie Menschen mit einem Hirnschaden benehmen. Man kann Machterfahrung als einen Vorgang beschreiben, bei dem einem jemand den Schädel öffnet und den Teil rausnimmt, der besonders wichtig für Empathie und sozial angemessenes Verhalten ist. Offenbar gibt es ja heute keinen anderen Weg zur Macht als Populismus mit seit Jahrhunderten gleichem Muster: Schuld sind die anderen und mit mir wird alles besser. Aber wer denjenigen vertraut, die viel versprechen, wird auch viel verlieren – im Leben, in der Politik und auch in der Wirtschaft. Die hohen Zinsen der Commerzialbank haben viele Gutgläubige ins Unglück gerissen. Mein Lieblingspopulist ist von jeher Boris Johnson, der sehenden Auges sein ganzes Land ins Unglück stürzt. Da wird noch einiges zukommen auf die Engländer.

Und weil es wahrscheinlich die Essenz derjenigen ist, die den Populisten in die Falle gehen, hier eine WhatsApp, die ich kürzlich erhalten habe: Das British National Daily Newspaper hat seine Leser gefragt, was es heißt, Engländer zu sein. Der Kommentar eines Schweizers dazu lautet: „Engländer zu sein heißt, mit einem deutschen Auto zu einem irischen Pub zu fahren und dort belgisches Bier zu trinken. Dann auf dem Weg nach Hause ein indisches Curry oder türkisches Kebab zu kaufen, um damit in einem schwedischen Sessel amerikanische Shows auf einem japanischen Fernseher zu schauen. Der Engländer macht Urlaub in Spanien, hätte gerne eine schwedische Freundin im Bett und hat ein Kindermädchen aus Rumänien. Aber das am meisten Englische ist, er fürchtet sich vor allem, was aus dem Ausland kommt.“

Eine schöne Zeit, einen hoffentlich schönen Sommer und die Freiheit, das zu tun, was Sie wollen.
Ihr Feri Tschank


Feri Tschank

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