Reportage

Ein weiter Weg zur Kunst – TEIL 1

Heute ist das OHO in der Lisztgasse Oberwart eines der bedeutendsten Kulturhäuser Österreichs. Im Jänner 2014 wurde das OHO sogar mit dem Österreichischen Staatspreis für zeitgenössische Kunst ausgezeichnet. Doch bis dahin war es ein weiter Weg.

Foto: Schober

1980 wurde der Verein „Jugendhaus Oberwart“ gegründet und legte damit den Grundstein für eine kulturelle Bewegung, der der Großteil der Einwohner skeptisch gegenüber stand. Foto: www.momentothek-oberwart.at (Aufnahme: 1984).

 

1928 wurde das Gebäude erbaut, das sich heute als OHO einen Namen in der zeitgenössischen Kunstszene gemacht hat. Aber von einem der bedeutendsten Kulturhäuser über die Grenzen des Burgenlandes hinaus war damals noch keine Rede. Gebaut wurde es nämlich vom Bezirksverband der Gewerbegenossenschaften. Hauptsächlich war es als Büro und als interne Fortbildungsstätte gedacht. Rund 80.000 Schilling haben die Baukosten betragen. Nur wenige Jahre später wurde ein Saal dazugebaut, der für Kurse, Tagungen und auch für Tanzveranstaltungen der Gewerbegenossenschaft verwendet wurde. Bis zum Umbau im Jahr 1997 war das Haus deshalb nach seinem Erbauer als „Genossenschaftssaal“ in Oberwart bekannt.

Und dann kam der Krieg

1938 wurde das Haus von den Nationalsozialisten okkupiert und später der Gauwirtschaftskammer Steiermark übertragen. Hier fanden viele Propagandaveranstaltungen der NSDAP statt. So kündigte die Oberwarter Sonntagszeitung im August 1938 eine große Werbeveranstaltung des Deutschen Roten Kreuzes im Genossenschaftssaal Oberwart an, um Krankenschwestern und Sanitäter für den Kriegseinsatz zu gewinnen. Neben Propagandaveranstaltungen gab es auch Fanfarebläser- und Trommlerkurse sowie diverse Veranstaltungen der Nationalsozialisten. Am 5. November 1942 kaufte die Stadtgemeinde Oberwart das Haus – der Kaufvertrag ist angeblich vernichtet worden. Zumindest ist er heute nicht mehr aufzufinden. Das Gebäude war jedenfalls bis zum Jahr 1953 in Besitz der Gemeinde.

Mit Kriegsende und Auflösung der Gauwirtschaftskammer Steiermark in Oberwart wurde das Haus leergeräumt. Geplündert, könnte man sagen.

Nach dem Einmarsch der Russen in Oberwart im April 1945 wurde der Genossenschaftssaal von diesen beschlagnahmt und für verschiedene Veranstaltungen genützt. Ein Zeitzeuge kann sich noch an eine solche Propagandaveranstaltung erinnern, die für einen jungen Oberwarter gerade noch einmal gut ausgegangen ist. Bei der besagten Veranstaltung der Russen haben diese die angeblich zahlreichen ruhmvollen Errungenschaften der Kommunisten angepriesen. Sie wollten den Oberwartern erklären, was die russischen Kommunisten denn nicht alles erfunden und erbaut hätten. In der letzten Reihe saß ein junger Oberwarter Bursche, dem das alles zu viel wurde. Er stand auf und sagte laut in einem ordentlichen Hianzisch: „Wos hobt’s Ihr erfunden? An Schmorrn hobt’s erfunden.“ Daraufhin verließ er seelenruhig den Saal. Im Raum wurde es ganz still. Jeder wartete auf die Reaktion der Russen. Und diese taten – nichts. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben sie das Hianzisch des jungen Mannes nicht verstanden und schenkten dem Auftritt des Burschen zum Glück keinerlei Beachtung.

Standort der Wirtschaftskammer

Die Wirtschaftskammer trat nach dem Zweiten Weltkrieg als Nachfolgerin der einstigen Gewerbegenossenschaften in Erscheinung und stellte am 19. November 1946 den Antrag auf eine Rückübertragung des Gebäudes. Immerhin war die Gewerbegenossenschaft von den Nationalsozialisten ja sozusagen enteignet worden. Die Rückerstattung erfolgte jedoch erst am 4. September 1953. Laut Zeitzeugenberichten dürfte der Bürobetrieb der Wirtschaftskammer in diesem Haus in der Lisztgasse 12 aber bereits 1947 erfolgt sein. Womöglich gab es einen Pachtvertrag mit der Gemeinde. Belegt werden kann dies aber nicht. Da das Gebäude für die Wirtschaftskammer mit den Jahren zu klein wurde, hat diese in der Wienerstraße ein Grundstück erworben, um ein neues Gebäude für die Bezirksstelle und das WIFI zu errichten. 1963 wurde es am heutigen Standort fertiggestellt. Die Wirtschaftskammer zog somit aus dem „Genossenschaftssaal“ aus.

Ausweichquartier

Der „Genossenschaftssaal“ wurde danach kurzfristig immer wieder für die unterschiedlichsten Zwecke verwendet. So mietete die Firma Triumph das Gebäude als Anlernbetrieb für die Näherinnen. Ab März 1964 wurde das Haus an die Bundesgebäudeverwaltung vermietet und im Juli 1966 um 800.000 Schilling an diese verkauft. In dieser Zeit war auch das Ergänzungskommando des Bundesheeres hier angesiedelt. In den 1970er-Jahren lagerte sogar die Begas Gasleitungsrohre im Haus. Dann kam der völlige Wandel. Im Jahr 1980 wurde der Verein „Jugendhaus“ gegründet.

Wie sich das Haus zu einem Kunst- und Kulturhaus entwickelte, das heute über die Grenzen Österreichs bekannt ist, lesen Sie in der nächsten Ausgabe.


Der Genossenschaftssaal wurde 1997 abgerissen und es kam zu einem bedeutenden Zu- und Umbau.


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