Reportage

Oberwart und die Adventisten

Nicht immer beginnt eine Freundschaft friedvoll. Oft wird Neues abgelehnt und skeptisch betrachtet. Im Fall der Siebenten-Tags-Adventisten in Oberwart war das so. Advent bedeutet „Ankunft“, und diese war für die Freikirche in Oberwart mit einigen Hürden verbunden.

Foto: Willi Hodits

Im Jahr 2003 wurde die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Oberwart eröffnet.

 

Weit müssen wir nicht zurückblicken, wenn es um die Geschichte der Siebenten-Tags-Adventisten in Oberwart geht. Im Jahr 1998 beschloss die Glaubensgemeinschaft, im südlichen Burgenland eine Kirche zu bauen und entschied sich nach längerem Suchen für den Standort Oberwart. Das hatte mehrere Gründe – wie etwa die zentrale Lage zwischen Wien und Graz.

Aber noch wichtiger war die Erkenntnis, dass es in Oberwart bereits mehrere Konfessionen gab, die über hunderte Jahre in einem friedlichen Miteinander zusammenlebten. Die Adventisten waren also davon überzeugt, dass auch sie in Oberwart gut aufgenommen werden würden und kauften ein Grundstück an der Westseite der Mühlgasse. Doch der Bau der Kirche ging nicht ohne Widerstand vonstatten.

Ein Anfang mit Hürden

Die Bewohner der Mühlgasse hatten vernommen, dass in ihrer Gasse eine „Sekte“ angesiedelt werde. Es wurde sogar von Frauenvergewaltigungen und Kinderschändung geredet. Die Gerüchteküche brodelte unbarmherzig. Um den Bau der Adventisten-Kirche zu verhindern, wurde von den Anrainern sogar eine Unterschriftenaktion gestartet. Der damalige Bürgermeister Michael Racz (ÖVP) und Gerhard Pongracz (SPÖ), der zu diesem Zeitpunkt noch Vizebürgermeister war, wurden aufgefordert, diese Liste ebenfalls zu unterschreiben.

Ein bisschen verschämt blickt Gerhard Pongracz heute auf diese Ereignisse zurück, denn er ließ sich dazu hinreißen, seine Unterschrift zur Verhinderung der Adventisten-Kirche herzugeben. Gewicht hatte diese Aktion keines, denn die Baubehörde genehmigte die Errichtung der Kirche. 2003 wurde diese fertiggestellt und feierlich eingeweiht, unter Anwesenheit vieler Anrainer – und Gerhard Pongracz in seiner Funktion als neuer Bürgermeister hielt die Festrede. Die Stimmung war herzlich, und Gerhard Pongracz erinnert sich vor allem an die große Gastfreundschaft und Freundlichkeit der Adventisten.

Was sind die SiebentenTags-Adventisten?

Die baptistische Adventsbewegung wurde 1839 in den USA gegründet. 1844 hat der baptistische Laienprediger William Miller mit anderen seiner Glaubensbrüder das Ende der Welt und die Wiederkunft Christi für den 22. Oktober 1844 vorausgesagt. Nachdem am 23. Oktober 1844 jedoch wieder die Sonne aufging, war die baptistische Adventsbewegung erschüttert und enttäuscht und löste sich auf. Nur eine kleine Gruppe blieb übrig. Aus ihr entwickelte sich die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Die Namensgebung und Gründung erfolgte zwischen 1860 und 1863. Bis die Glaubensbewegung von den USA nach Österreich kam, dauerte es aber noch ein paar Jahre: 1889 gilt als die Geburtsstunde der Siebenten-Tags-Adventisten in Österreich.

Sie sind aber bis heute nicht staatlich als Kirche anerkannt. Die Freikirche ist weltweit in 215 Ländern mit etwa 21,5 Millionen Mitgliedern vertreten. Die Adventisten betreiben weltweit 175 Krankenhäuser, etwa 7.683 Schulen und mehr als 80.000 Gotteshäuser. Sie unterstützen durch Benefizkonzerte auch Sozialprojekte in ihrer Umgebung.

In Österreich gibt es 53 Gemeinden mit rund 4.200 getauften Mitgliedern, die von etwa 30 Pastoren betreut werden. Einer davon ist Gernot Kopa, der mit seiner Familie in einer Wohnung im Kirchengebäude in Oberwart lebt und nicht nur die Oberwarter Mitglieder betreut, sondern auch die 80-100 Besucher aus verschiedenen Gemeinden, die jeden Samstag (Sabbat) nach Oberwart zum Gottesdienst kommen. Der Sabbat beginnt mit dem Sonnenuntergang am Freitag und endet mit dem Sonnenuntergang am Samstag. Für die Adventisten ist es ein Gedenktag der Schöpfung und die wöchentliche Erinnerung an die Auferstehung Jesu.

Der Gottesdienst beginnt in Oberwart um 9.30 Uhr und endet um 11.30 Uhr. Die erste Stunde widmet sich der Bibel. Die Kinder nehmen daran nicht teil. Für sie sind drei Räume eingerichtet (von 0-3 Jährige, von 4-7 Jährige und Jugendliche). Hier werden sie während dieser Zeit unter anderem in Religion unterrichtet. Im zweiten Teil des Gottesdienstes steht die Predigt im Mittelpunkt, die vom Pastor oder einem der Ältesten gehalten wird.

Übrigens: Auch wenn von einer Kirche die Rede ist, handelt es sich dabei nicht um einen „heiligen Ort“, sondern um einen Versammlungsraum – vergleichbar mit der reformierten Kirche in Oberwart.

Kirchliche Rituale

Die großen Feiertage wie Ostern, Weihnachten aber auch Erntetag werden von den Adventisten gefeiert – aber immer nur samstags. Während des Abendmahls werden ungesäuertes Brot in einer Holzschale und Traubensaft in kleinen Gläsern durch die Reihen durchgegeben.

Bewusstes Bekenntnis

Die Adventisten lehnen die Kindertaufe grundsätzlich ab. Erst ab dem Alter von etwa 15 Jahren soll das Bekenntnis zur Gemeinschaft bewusst als Glaubenstaufe vollzogen werden. Bei diesem Ritaul taucht der oder die zu Taufende mit dem gesamten Körper im Taufbecken unter.

Weil die Siebenten-Tags-Adventisten den menschlichen Körper als Haus Gottes ansehen, legen sie Wert auf eine gesunde Lebensführung. Sie meiden Alkohol, Nikotin und andere Rauschmittel. Zudem lehnen sie den Verzehr von Schweine-, Pferde- und Kaninchenfleisch sowie von Schalentieren ab.

Die Siebenten-Tags-Adventisten in Oberwart haben ihren anfänglichen Wunsch, sich in die Gemeinschaft Oberwarts einzufügen, erreicht. Sie sind tatsächlich ein Teil der Vielfalt Oberwarts und für viele Anrainer gute Freunde geworden.


Die Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten von Innen.

In eigenen Räumen werden die Kinder in Religion unterrichtet.

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4 Antworten

  1. Sehr liebevolle Menschen habe sie erst jetzt kennen gelernt es macht Mut und Freude solche Menschen zu kennen danke Herr jesus

  2. Das Gute ist der Feind des Besseren.
    Adventisten hören auf anderes als auf die neutestamentliche Lehre.
    Moslems und Hindus sind in Gemeinschaft auch oft lieb und oft auch nicht.
    Die adventistische Bewegung ist eine Religionsgemeinschaft wie viele andere auch.
    Aber christlich ist diese in vielen Bereichen nicht mehr.
    Zur Begründung: https://gesunde-lehre-christi.net/de/adventisten.html

  3. Die Intoleranz, die nach dem 2. Weltkrieg in Österreich gegen protestantischen Freikirchen bestand, war noch ein Relikt des Mittelalters, wo Staat und katholische Kirche eng verbunden waren. Gott sei dank hat sich das geändert. Die Freikirchen, die nach der Reformation entstanden sind, hatten den Wunsch zu dem ursprünglichen christlichen Glauben zurück zu kehren. Er bestand vor allem auch darin, dass man sich freiwillig für einen Glauben entscheiden können soll. Und Freikirchen wie die Adventisten betonen sehr die persönliche Beziehung zu Gott im Gebet und indem man die Bibel liest. Aber auch, das man das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe praktisch lebt. Jesus von Nazareth ist für Adventisten im Zentrum des Glaubens, weil sich in ihm Gott offenbart hat.