Reportage

On Air und zwischen alten Gemäuern

In unserer Reihe Planen-Bauen-Wohnen sind wir auf der Suche nach ganz besonderen Häusern in unserer Gegend. Wir werfen einen Blick auf die Architektur der Gebäude, auf die Geschichte der Umgebung und lernen gleichzeitig die Bewohner auf sehr private Weise kennen. Für diese Ausgabe haben wir einen Ort gefunden, der mit viel Freiraum und Schönheit ein Gefühl von Altbekanntem durch einen einzigartigen Stil vermittelt. An diesem Ort hat eine der bekanntesten Stimmen des Landes sein Zuhause gefunden. ORF-Burgenland Moderator Thomas Hochwarter lebt seit zwei Jahren in einem denkmalgeschützten, alten adeligen Freihaus. Dass der 38-Jährige nun im ehemaligen Bürgerspital in Stadtschlaining residiert, ist kein Zufall. Der begeisterte Sammler hat dort nach einem Gemäuer mit Geschichte gesucht. Nun hat er direkt an der alten Stadtmauer mit Blick zur Burg seinen Traum vom Wohnen verwirklicht.

Foto: Nora Schleich

Auf einer Wohnfläche von 250 Quadratmetern wurden drei Wohnzimmer geplant.

 

 

Er öffnet die Tür, lächelt und sagt: „Guten Morgen“ mit jener sonoren Stimme, die sich so bekannt anfühlt. Kein Wunder, denn der Moderator ist früh morgens dabei, wenn die Menschen im Land aufwachen. Er begleitet sie ins Badezimmer, unterhält sie beim Frühstück und auf dem Weg zur Arbeit. „Eine Führung gefällig?“ fragt er mit eben dieser angenehmen Sprachfärbung und schon finden wir uns in einem Juwel von Haus, dessen älteste Mauern aus dem 14. Jahrhundert stammen. „Wir haben zurück gebaut und frei gelegt, was um 1620 erbaut wurde.“

Um 1785 haben die Batthyánys den Landsitz gekauft und hier ihre Schutzjuden untergebracht. „Es ist belegt, dass sieben jüdische Familien im jetzigen Wohnbereich in kleinen Einheiten gelebt haben, die nur vom Arkadengang außen begehbar waren. Erst wir haben dann die Sichtachse durchbrochen und diesen langen Blick durch alle Zimmer ermöglicht.“ (Foto 1)

Auf der einen Seite des Hauses befindet sich der Hauptplatz, nach hinten aber öffnet sich das Gebäude in Richtung Natur mit dem großen Graben nach Goberling, dem Wald und dem Geschriebenstein.

Straßenseitig wirkt das Haus mit dem großen Tor und dem kleinen Geschäftslokal eher unscheinbar. Dahinter aber befindet sich ein langer Trakt, begleitet von einem schmalen Garten, der gerade originalgetreu renoviert wird. Das „Judenhaus“, wie es auch genannt wird, ist übrigens eines der wenigen Privathäuser in der Gegend mit dreistöckigem Arkadengang. (Foto 2)

Schlaining – das Rust des Südens

Für Stadtschlaining hat sich der Moderator, der auch für Ö1 arbeitet, bewusst entschieden. Thomas Hochwarter ist Burgenländer mit Leib und Seele, ist hier aufgewachsen und kennt die Menschen und das Land. „Wir wollten aus städtebaulichen Gründen ein Haus in Stadtschlaining. Diese kleine Stadt ist so ziemlich der einzige Ort in der Umgebung mit intaktem historischem Ortsbild. Der gesamte Ortskern steht unter Denkmalschutz. Hier habe ich die Sicherheit, dass meine Umgebung optisch nicht durch überproportionale Siedlungen zerstört wird.“

In diesem Sinne wurde auch renoviert, mit Hinblick auf die Erhaltung der alten Ausstrahlung des Hauses. Architekt Albert Kirchengast hat das Juwel geplant. „Mit Albert habe ich den perfekten Partner in jeder Hinsicht“, lächelt Hochwarter. „Er hat sensibel, denkmalgerecht und mit Fingerspitzengefühl das alte Flair des Hauses zum Leben erweckt.“ Vollholzböden, alte und hochwertige Materialien wie Stein und Ziegel sowie unbehandelte und unlackierte Oberflächen unterstützen das besondere Raumklima. Das Holz für die Renovierung wurde übrigens nur aus dem Burgenland und dem Wechselgebiet geholt. „Die Wände atmen. Diese Atmosphäre ist unbezahlbar,“ schwärmt Hochwarter.

Eine alte Form der Heizung, wobei Warmwasser über Kupferrohre durch die dicken Wände geleitet wird, sorgt für angenehme Strahlungswärme im Winter. Diese thermische Bauteilaktivierung, wie dieses System der Heizung genannt wird, rundet die Philosophie, alte Prinzipien und simple Materialien zu verwenden, ab. „Die Herausforderung war, Arbeiter zu finden, die das alte Handwerk noch beherrschen. Die gute Nachricht ist, dass es sie noch gibt. Wir haben vor allem mit den lokalen Handwerkern gute Erfahrungen gemacht.“

Mit all diesen Überlegungen und dieser Herangehensweise sind die Qualität und die Nutzbarkeit des ehemaligen Bürgerspitals nicht vergleichbar mit modernen Bauten. Das Gebäude lebt und darf Spuren der Alterung zulassen. „Ich lebe hier bewusst mit der Zeit, aber auch mit der Natur“, so der Fan alter Objekte.

Der Sammler

Schon in den frühen 90ern, als er gerade mal zehn Jahre alt war, hat Thomas Hochwarter alte Dinge gesammelt. „Meine Leihomi hat damals immer von ihren eigenen Kindheitserinnerungen aus den fünfziger Jahren erzählt, und mich haben die Geschichten über Nierentische und Tütenlampen fasziniert. Also habe ich lange bevor es shabby chic und vintage war, Gegenstände dieses Jahrzehnts von Flohmärkten und Sperrmüll gerettet. Ich wurde damals ausgelacht.“

Heute lacht er, denn er besitzt eine unüberschaubare Sammlung an qualitativ hochwertigen österreichischen Designklassikern von Jugendstil bis zu den 1970er-Jahren. „Bauhausklassiker liebe ich besonders. Ich habe übrigens nichts gekauft für die Inneneinrichtung dieses Hauses, ich hole einfach Dinge aus dem Dachboden in den Wohnraum und verändere diesen ständig. Wenn ich mich an etwas gewöhne, erfreut es mich nicht mehr, dann tausche ich es aus.“ Auf 250 Quadratmetern Wohnfläche mit drei Wohnzimmern hat er nun auch Platz dafür. (Foto 5, 6, 7)

Eines aber wird sich die nächsten Jahre bestimmt nicht ändern: Wenn Thomas Hochwarter aufwacht, dann tut er das mit Ausblick auf die Burg. (Foto 3)

Und nein, nicht immer steht er um drei Uhr morgens gerne auf, um für „Guten Morgen Burgenland“ nach Eisenstadt zu pendeln. „Aber ich liebe meinen Job. Vor allem als Radiomoderator kann ich nur mit meinem Organ und etwas Musik Stimmungen schaffen. Es ist ein extrem schnelles und spontanes Medium. Ich habe immer schon gerne Menschen unterhalten,“ sagt der Moderator. „On air“ lebt er diese Leidenschaft beruflich aus, privat ist er glücklich wie nie zwischen den alten Gemäuern seines Domizils.


Thomas Hochwarter
Thomas Hochwarter wurde am 21.November 1980 geboren. Er ist in Pinkafeld mit einer jüngeren Schwester und einem jüngeren Bruder aufgewachsen. 1999 maturierte er am BRG Oberschützen. Während der Schulzeit schrieb Hochwarter für Lokalzeitungen, mit 18 moderierte er zum ersten Mal eine Radiosendung bei Antenne 4 (heute 88,6 Burgenland).

Nach Stationen bei Burgenland 1, Krone Hitradio und Antenne Steiermark wechselte Hochwarter 2005 zum ORF. Bei Radio Burgenland moderiert er „Guten Morgen Burgenland“ und den „Radio Burgenland Nachmittag“. Seit 2007 präsentiert er den Wetterbericht in der Fernsehsendung Burgenland heute.

Hochwarter moderierte auch bei Ö3 und ist aktuell auch für Ö1 redaktionell tätig. Nach Wohnsitzen in Wien, Graz und Loipersdorf im Burgenland ist er nun in Stadtschlaining zu Hause.

Kommentar

Architekt Albert Kirchengast

Warum Denkmalschutz wichtig ist

„Die Angst vor dem Denkmalschutzamt ist absolut unbegründet. Eigentlich traurig, dass die Erhaltung alter Juwelen nur mit einer Behörde funktioniert. Beiläufig bemerkt, müssten die Menschen selbst den Umgang mit ihren Häusern fühlen. Ein Haus wird heute falsch verstanden. Viele Österreicher sehen darin oft nur einen Konsumartikel. Dabei geht man damit falsch um, denn es ist teuer, so zu bauen, wie es viele tun. Dauerhaftigkeit, Preis und Qualität sollten mit Hausverstand hinterfragt werden. Das Denkmalamt gilt oftmals als „Verhinderer“, hilft aber eigentlich nur und unterstützt, Altes und Wertvolles zu bewahren. Wenn man sich mit Hausverstand rückbesinnt, informiert und die alten Methoden herunterbricht, dann kann jeder Häuslbauer kostengünstig Denkmalschutz betreiben und schafft gleichzeitig eine Schönheit, die generationenübergreifend gedacht ist, sinnvoll dasteht und wirkt.


Albert Kirchengast
Albert Kirchengast ist am 11.Oktober 1980 in Feldbach geboren und hat an der TU Graz Architektur studiert. Neben Engagements an diversen Universitäten als Dozent und Lektor hat Kirchengast auch als Redakteur für einschlägige Architekturzeitschrifen gearbeitet. Er beschäftigt sich speziell mit der Sanierung alter Bauten.

Derzeit hat er eine Forschungsstelle am Kunsthistorischen Institut in Florenz inne und schreibt an seinem neuen Buch. „Franz Rippel baut auf dem Land. Eine Ästhetik des Selbstverständlichen“ – Birkhäuser Verlag „Achaische Moderne. Elf Bauten im Burgenland“ – Park Books Zürich.

Foto 1
Dieser Teil des Hauses wurde so errichtet, wie er um 1620 war. Der Blick führt durch alle Zimmer.

Foto 2
Dieser Teil des Hauses wurde so errichtet, wie er um 1620 war. Der Blick führt durch alle Zimmer.

Foto 3
Herrlicher Blick auf die Burg Schlaining.

Foto 4
Alle Räume des Hauses bestechen mit Kreuzgratgewölben oder Stichkappengewölben, wie hier in einem der Wohnzimmer im Obergeschoß.

Foto 5
Auf einer Wohnfläche von 250 Quadratmetern wurden drei Wohnzimmer geplant.

Foto 6
Auf einer Wohnfläche von 250 Quadratmetern wurden drei Wohnzimmer geplant.

Foto 7
Auf einer Wohnfläche von 250 Quadratmetern wurden drei Wohnzimmer geplant.

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3 Antworten

  1. Es ist eine Freude, den Bericht zu lesen und sich in die beschriebene „Architektur“ einzufühlen. Den beiden Männern, die dahinter stehen kann man nur gratulieren und alles Liebe und Gute wünschen.