Markus Fuchs: Der letzte Auftritt eines leisen Champions

Vom Südburgenland an die Côte d’Azur – was für viele eine schöne Reise wäre, ist für Markus Fuchs vielleicht die wichtigste seines bisherigen Lebens. Wenn er am 8. Juni auf der Bühne der Bodybuilding-Weltmeisterschaft in Frankreich steht, endet nicht nur eine Leistungssportler-Karriere. Es ist der finale Akt eines Weges, der aus bescheidenen Anfängen, über einige Hürden, zu glänzenden Medaillen führte und nun in einem würdevollen Abschied gipfeln soll.

Nicole MATSCH / 28. Mai 2025

Mehr als nur Muskeln. Für Markus Fuchs ist Kraft nicht bloß körperlich. Wahre Stärke bedeutet in seinen Augen vor allem mentales Durchhaltevermögen. Er bewundert Menschen, die immer wieder aufstehen und ihr Ziel verfolgen.

Markus Fuchs betritt sein vertrautes Fitness-Studio in Oberwart, wo er freundlich mit seinem Namen begrüßt wird. Selbstverständlich kennt man den Mittelgewicht-Europameister, der hier und in Fürstenfeld regelmäßig trainiert. Dabei passt er so gar nicht ins oft medial verzerrte Klischeebild eines Bodyuilders. Der 43-Jährige nimmt in der Lounge neben der Getränkestation Platz. Ruhig sitzt er da, in Jeans und unauffälligen schwarzen Sneakers, der dunkle Vollbart und das kurze Haar sehr gepflegt. Das Tattoo am linken Arm verdeckt der graue Pullover ebenso wie das Kapital des Top-Athleten – seine Muskeln. Nichts an ihm lässt die Strapazen erahnen, die er sich für die WM-Teilnahme, seinen großen Abgang, täglich auferlegt. Wenn jede Faser seines Körpers bis zum Äußersten gespannt ist, wenn er an der Hantelbank die Zähne zusammenbeißt und das Letzte aus sich herausholt, um auch den kleinsten Muskel optimal zu definieren. Er muss die perfekte Form erreichen, die Jury überzeugen. Ständig hungrig, um gerade noch in die günstige Mittelgewichtsklasse zu rutschen. Die Stimme ist kräftig, doch weich. Präsent, doch nie überheblich. Ein Mann, der weiß, wer er ist. Und was er geleistet hat.

Aufgewachsen in Burgauberg-Neudauberg, lebt Markus Fuchs heute in Fürstenfeld – ganz bewusst. Hier hat er sein Haus gebaut, hier ist er „angekommen“. Dennoch: „Ich bin ein echter Südburgenländer“, sagt er, „auch wenn ich lange in Graz gelebt habe.“ Seine sportliche Karriere begann spät. Erst mit über 20 fand er den Weg zum Krafttraining, blätterte fasziniert durch alte Ausgaben von „Muscle & Fitness“, träumte still – wie einst Arnold Schwarzenegger – von einer Bühne, die für viele aus seiner Region unerreichbar schien. Doch Fuchs hat sich diese Bühne genommen. Mit Blut, Schweiß und Tränen – im wahrsten Sinne des Wortes. Und mit einem Durchhaltevermögen, das seinesgleichen sucht.

Ein Weg voller Brüche – und Comebacks

2008 der erste Wettkampferfolg, gleich Staatsmeister. Bei der Weltmeisterschaft im selben Jahr Bronze. Fuchs feiert Erfolge, spricht aber auch offen über Tiefschläge. Der bitterste war die herbe Niederlage 2010, als er es vor Heimpublikum nicht ins Finale schaffte. Dann: Verletzungen. Karrierepause. Hausbau. Pandemie. Doch immer wieder kommt er zurück. 2021 kann er kaum gehen – Bandscheibenvorfall. 2022 reißt er sich beide Trizepssehnen. Verzweiflung. Und trotzdem steht er 2023 wieder auf der Bühne – und gewinnt zwei Silbermedaillen bei der WM in Berlin. „Es war wie ein kleines Wunder“, sagt er, und kurz muss er blinzeln. Wenige Monate später folgt dann der ganz große Triumph beim angekündigten Karriereende: Europameister 2024 in der Mittelgewichtsklasse „Men Performance“. Ein Ziel, das er sich in seinem Alter fast nicht mehr zu erträumen wagte. Es hätte der perfekte Abschluss einer bewundernswerten Sportlerlaufbahn sein können. Doch nach viel positivem Zuspruch aus seiner Umgebung will es der Bodybuilder noch einmal wissen. Und so kündigte er an: Ein letzter Anlauf. Ein letztes Ziel: Die Weltmeisterschaft 2025 an der Côte d’Azur. Der Weltmeistertitel in greifbarer Nähe, er kann es schaffen. Dennoch ist Fuchs bescheiden: „Es muss nicht Gold sein, aber eine Medaille wäre schön.“

Kraftvoller Bodybuilder mit Medaille vor rotem Hintergrund, zeigt Muskulatur und Stolz auf seine sportliche Leistung.
© MarkusFuchs
Markus Fuchs ist amtierender Europameister der Mittelgewichtsklasse „Men Performance“

Mit dem geplanten Karriereende im Oktober 2024 ging der Plan des 43-Jährigen auf, mit einem Paukenschlag abzutreten. Er krönte sich in der Slowakei zum Europameister in der Mittelgewichtsklasse „Men Performance“. Ein Ziel, von dem er in seinem Alter kaum noch zu träumen gewagt hatte.

Nach der WM in Frankreich soll tatsächlich Schluss sein. Der Weltmeistertitel ist in greifbarer Nähe. Doch der Weg dorthin ist ein steiniger.

Der stille Kampf hinter der Bühne

Der Auftritt im Scheinwerferlicht ist das, worauf er hinarbeitet, der Höhepunkt monatelanger Disziplin. Pflichtposing, Kür, begleitet von selbst gewählter epischer Musik – eine Choreographie, die bis ins kleinste Detail einstudiert ist. Volle Konzentration. Markus Fuchs präsentiert seine Muskeln, die sich dank Spray Tanning – dem Aufsprühen künstlicher Bräune – gut abzeichnen. Bekleidet ist der bronzene Körper dabei nur mit einem schwarzen Tanga. Dem Eindruck einer „Fleischbeschau“ kann Fuchs dennoch nichts abgewinnen. „Mich stört das nicht. Da geht es um klare Muster und Muskel-Modelle, denen man entsprechen muss. Man wird von erfahrenen Juroren bewertet. Mehr ist das nicht.“ Persönlich findet Fuchs zu viele Muskeln nicht attraktiv, weder bei Männern noch bei Frauen. Er macht und liebt Bodybuilding, weil es Kraft und Ausdauer vereint.

Während andere sich auf Instagram inszenieren, bleibt Fuchs im Vorfeld seiner Bewerbe diskret. „Ich beschäftige mich auch nicht mit meinen Gegnern“, sagt er. Stattdessen visualisiert er den Moment auf der Bühne, trainiert täglich, verzichtet auf Süßes – schweren Herzens. „Ich liebe Essen. Ich bin vielleicht der untypischste Bodybuilder“, gesteht er und lacht. 

Die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in Frankreich ist ein Kraftakt. Körperlich, mental, emotional. „Ich fühle mich jetzt schon müde. Aber es ist das letzte Mal. Und der Nervenkitzel ist da“. Den merkt man ihm aber nicht an, denn Fuchs hat seinen Körper völlig unter Kontrolle, und das muss er auch. Er weiß, dass er viel riskiert. Die Angst – nein, eher Bedenken, relativiert er – zu versagen, sich zu blamieren, ist da. Die Konkurrenz ist groß, vor allem aus Süd- und Nordamerika. Die Form muss exakt passen. „Es kann auch sein, dass ich kurz vorher absage“, sagt er ehrlich, obwohl er die Flugtickets schon gekauft hat. „Wenn ich sehe, es geht sich nicht aus, dann höre ich auf. Aber dann mit erhobenem Haupt.“

Mehr als Muskeln

Markus Fuchs ist kein Muskelprotz. Für ihn ist Kraft nie bloß körperlich. Stärke – das bedeutet für ihn mentale Ausdauer. Durchhaltevermögen. Wieder aufzustehen, wenn man gefallen ist. „Ich bewundere Menschen, die leise weitermachen. Die ihr Ziel verfolgen, auch wenn keiner zuschaut“, sagt er. Mit diesem Gedanken will er anderen Mut machen. Jungen Menschen aus kleinen Gemeinden zeigen, dass Großes möglich ist. Auch deshalb engagiert er sich seit März 2025 im Vorstand der World Fitness Federation Austria, will Strukturen verbessern, motivieren und fördern.

Geschäftsmann in blauem Anzug lehnt an Holzwand in modernem Büro, lächelnd und selbstbewusst.
© Markus Fuchs
Unternehmer, Werbefachmann und Personal Athletik Trainer/Medical Trainer

Der Werbe-Unternehmer ist auch als Personal Athletik Trainer und Personal Medical Trainer ausgebildet. Dieses Fachwissen nutzt er jedoch nur privat, um Freunden und Familie zu helfen.

Und dann?

Was kommt nach dem 8. Juni? Er lächelt. „Dann kommt das echte Leben.“ Zeit mit Freunden. Reisen. Mehr Raum für die eigene Werbeagentur. Der Wunsch nach einer Familie – mit seiner Lebenspartnerin Patrizia Windisch. Ohne sie hätte er sein letztes großes sportliches Ziel wohl aufgeben müssen. „Ich möchte mich ganz herzlich bei ihr bedanken. Für ihr Verständnis, ihre Geduld und ihre tägliche Unterstützung. Ich habe mir viel versagt in den letzten Jahren. Jetzt will ich all das nachholen.“ Das gilt auch für die erste Pizza im „Ruhestand“, die er sich voller Vorfreude bereits ausmalt.

Markus Fuchs steht am Ende einer bemerkenswerten Laufbahn. Ein Mann mit Rückgrat, Herz – und eiserner Disziplin. Wenn er im Juni in Frankreich auf die Bühne tritt, wird es still in ihm sein. Kein Spektakel. Nur der Versuch, ein letztes Mal alles zu geben.

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