Interview

„Hackler“ und Macher

Ob es das OHO ohne HOHO wohl gäbe? Eher nein. Der gebürtige Neudörfler Horst Horvath wusste schon lange vor EU-Förderzeiten, was Projekte sind und was an Arbeit dahintersteckt.

(c) zVg

Horst Horvath – HOHO bzw. die Marke „Horstl“

 

Unter der Marke „Horstl“ lief und läuft in Subkultur und heimischer Zivilgesellschaft Vieles (vollständige Aufzählung hier unmöglich…): Beschäftigungsprogramme für Arbeitslose, Aufbau eines Jugendhauses, antifaschistische Aktivitäten, Gedenkinitiativen wie RE.F.U.G.I.U.S, Aufbau der Roma Volkshochschule und eines Verlages. Die „edition lex liszt 12“ gibt es nunmehr seit 30 Jahren. Wer in Oberwart ein imposantes Verlagshaus mit mehreren Stockwerken und Glasfassaden sucht, muss scheitern. Die „edition lex liszt 12“ findet man in einem Kellergeschoß einer Reihenhaussiedlung. Wenn man hier unten auf Horst Horvath trifft, hört man zuallererst das Du-Wort. Für den Verlagschef eine selbstverständliche Art, „Hallo“ zu sagen. Wobei es egal ist, ob er es mit „hohen Viechern“ oder „normalen Leuten“ zu tun hat. Der um kantige Worte nicht verlegene Verleger mit dem roten Schal stand für „prima!“ Rede und Antwort.

Zwischen den Welten

Wie schafft der gelernte Werkzeugmacher aus dem nordburgenländischen Neudörfl den Spagat zwischen der Arbeitswelt der „Hackler“ und den Sphären der Intellektuellen, Autor*innen, Literat*innen, Künstler*innen und Wissenschafter*innen?

Horst Horvath: Ich bezeichne mich deshalb als Kulturarbeiter, manche nennen mich eben Kulturmanager. Ich habe schon als Jugendlicher viele verschiedene Menschen kennengelernt. Autoren sind mir dann im – von mir mitgegründeten – OHO in Oberwart begegnet. Da waren auch eher nicht unkomplizierte Menschen wie der Autor Peter Wagner oder Max Wachter dabei. Gemeinsam haben wir damals den Verlag „edition lex liszt 12“, benannt nach der OHO-Adresse in der Lisztgasse 12, gegründet. Literaten und Wissenschafter sind wohl wie andere Menschen auch. Ich muss nicht all das können, was diese Leute beherrschen. Meine Aufgabe ist es, verschiedenste Leute zusammenzubringen. Ich ermögliche Ideen und setze sie um. In 30 Jahren haben wir 359 Publikationen mit 212 Autorinnen und Autoren herausgebracht, allein heuer sind es 30. So etwas geht nur, wenn man viele Menschen kennt und mit ihnen gemeinsam Vieles verwirklicht.

Die „edition lex liszt 12“ hat ein breites Repertoire, großteils mit Burgenlandbezug: Romane, Lyrik, Biografien, Sachbücher, usw. Besonders fallen aber Schwerpunkte auf: kritische Befassung mit Gesellschaftspolitik und Zeitgeschichte. Liegt das am zivilgesellschaftlichen Engagement des Horst Horvath, der auch Protestveranstaltungen und antifaschistische Kundgebungen organisiert hat?

Das macht mein Leben aus. Ich bin ein sehr politischer Mensch. Ich engagiere mich für Minderheiten und für Volksgruppen, für Personen, die ausgegrenzt und benachteiligt sind. Ich habe 1993 das Lichtermeer in Wien gegen das Ausländervolksbegehren der FPÖ mitorganisiert, mache bei RE.F.U.G.I.U.S mit und in der Roma Volkshochschule.

Workaholic mit rotem Schal

Bekommt man da nicht das Image eines „Hansdampf in allen Gassen“?

Ja, das ist schon möglich. Ich werke immer an etwa zehn Vorhaben gleichzeitig.

Das Markenzeichen des Horst Horvath – immer sichtbar auf Pressefotos – ist der rote Schal. Bist du ein überzeugter Roter?

Nein, das bin ich nicht. Ich bin ein Sozialist aus Überzeugung und tendiere auch zu den Grünen. Auch in der ÖVP habe ich sehr viele Freunde. Ich möchte alle an einen Tisch holen und kann mit allen Menschen, außer mit der FPÖ. Der rote Schal steht also nicht für eine bestimmte Partei, sondern ist ein Symbol für meine soziale Gesinnung.

Bekannt ist auch dein Engagement für die Volksgruppe der Roma. Hat sich seit dem Mord an vier Roma aus Oberwart im Feber 1995 die Situation verbessert?

Das Thema Roma begleitet mich schon seit meiner Schulzeit. Gemeinsam mit einem Klassenkollegen, auch er hatte den Namen Horvath, bin ich in der letzten Reihe gesessen. Ich habe lange nicht gewusst, dass er ein Roma ist. Wir beide waren immer abgestempelt als die beiden Horvaths in der letzten Reihe. Und eines Tages, als wir bei meinem Freund zu Hause waren, ist mir aufgefallen, dass sein Vater eine auf dem Arm tätowierte Nummer hat. Da erfuhr ich, dass er im nationalsozialistischen Anhaltelager Lackenbach war.

Waren es – neben dem Schicksal der Roma – auch andere arbeitslose Jugendliche, die dich interessiert haben?

Ja, es gab damals mehrere Projekte mit Jugendlichen und älteren Arbeitslosen hier im Bezirk, zum Beispiel haben wir die Sanierung des Granariums der Burg Schlaining begonnen und das Jugendhaus Oberwart renoviert. Beim Attentat 1995 haben wir als aktive Gruppe im OHO getrachtet, dass nicht falsche Meldungen über eine angebliche Romafehde weiterverbreitet werden und der Mord nicht totgeschwiegen wird. Heute ist es so, dass viele Bewohner der Oberwarter Romasiedlung weggezogen sind und es schwieriger wird, die Sprache der Roma lebendig zu erhalten, weil sie nur intern Verwendung findet und keine Amtssprache wie Ungarisch oder Kroatisch ist. Insgesamt hat sich aber die Situation der Volksgruppe verbessert.

„Aufsteh’n, Denken, Tun!“

Wer sind deine gesellschaftspolitischen Vorbilder?

Da zähle ich den 1989 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen SPÖ-Sozialminister Alfred Dallinger dazu. Und meinen ebenfalls schon verstorbenen Freund Willi Resetarits, Ostbahnkurti. Als er seinerzeit mit seiner Gruppe „Schmetterlinge“ in Wiesen bei einem von mir mitorganisierten Friedensfest aufgetreten ist, habe ich mit ihm zusammengearbeitet und wir haben später Projekte und Kundgebungen gemeinsam gemacht.

359 Bücher sind bei der „edition lex liszt 12“ in 30 Jahren erschienen. Ist das ein einträgliches Geschäft?

Das ist kein Geschäft! Unsere Auflagen bewegen sich zwischen 500 und 1.000 Stück. Da gibts keine großen Geschäfte, die macht man erst bei Auflagen ab etwa 10.000 oder 20.000. Wir sind ein kleiner, aber feiner Verlag, dessen ehrenamtlicher Obmann ich bin. Ein kleines Team arbeitet auf Honorarbasis. Dazu kommt eine fixe Bürokraft mit 30 Wochenstunden. Der Rest ist Teamwork.

Frage an den Verleger Horst Horvath: Welches ist dein Lieblingsbuch?

Nein. Ich habe wirklich kein Lieblingsbuch. Es gab und gibt für mich sehr viele Buchprojekte, die ich sehr schätze, weil sie in ihrer Entstehung große Herausforderungen waren. Es gibt für mich eben nichts, das nicht geht. Mein Leitspruch lautet: Aufsteh‘n, Denken, Tun!


Horst Horvath

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