Eva Maria KAMPER / 29. Mai 2024
© Eva Maria Kamper
Philipp Maitz (re.) und Daniel Kirnbauer produzieren in Oberschützen unter dem Namen KiMa Organics frische, regionale Speisepilze.
Es nebelt und dampft im finalen Raum der südburgenländischen Pilzfarm. Spannend anzusehen, wie sich die Pilzköpfe in dieser Szenerie aus ihren Wachstums-Sackerln emporstrecken. Philipp fasst ins Regal zu den größten Austern-Pilzen und erntet die reifen Lebensmittel mit nur einem Handgriff. „In gesteuerten Intervallen wird das richtige Klima instand gehalten. In diesen durch mehrere Reifephasen nötigen, getrennten Räumen kann man den Pilzen sprichwörtlich beim Wachsen zusehen“, erklärt er beim Rundgang durch die automatisierte Anlage. Zuvor sei der Nährboden der Pilze mit Sägespänen und Sojahülsen-Pellets vorbereitet und diesen – quasi Agrarabfallprodukten – neues Leben eingehaucht worden. Durch die nachhaltige Anbauweise wird das Lebensmittel Pilz hier zur Win-Win-Situation.
Berufliche Neuorientierung
Wenn man die Teamarbeit von Philipp und Daniel betrachtet, kann man von den beiden sympathischen Pilzbauern auch von Glückspilzen sprechen. Schon von jeher als gute Kumpels bekannt, haben sich der 27-jährige Elektrotechniker Phillip Maitz und der 23-jährige Lagerhaus-Facharbeiter Daniel Kirnbauer in Zeiten der Corona-Krise in ihren damaligen Jobs nicht mehr so vollkommen gefühlt und nach einer beruflichen Veränderung gesucht. Dies fand ihren Ausgang in einer gemeinsamen, experimentierfreudigen Phase der Pilz-Zucht in den eigenen vier Wänden, nach einem brancheninternen Geheimtipp, es gäbe kaum qualitative Shiitake Pilze auf dem Markt der gehobenen Küche.
Von Putenfabrik zur Pilzfarm
Nach dem Lockdown war dann schnell die Idee geboren, eine richtige Landwirtschaft anzumelden und den Weg aus dem „Wohnzimmer“-Pilz-Versuchslabor zu wagen. Mit der alten stillgelegten Scheune des Großvaters von Philipp in Oberschützen, in der in den 1990er-Jahren noch Puten gezüchtet wurden, war ein vorerst passender Standort vorhanden. „Eine der Herausforderungen ist es, die richtige Luftfeuchtigkeit in Kombination mit genug Frischluft zu halten und da konnten wir uns auf dem ehemaligen Anwesen meines Opas im alten Fünf-Quadratmeter-Badezimmer austoben und schon bald 20 Kilo Pilze in der Woche produzieren”, schildert Philipp.
„Infizieren, inkubieren, aktivieren“
Wenn auch nicht ohne Verluste, denn am Anfang geht auch mal was daneben und „learning-by-doing” im Gegenzug zum gewissen „Know-how”, war ein Prozess, der mehrere Monate in Anspruch nahm. „Zwei bis drei Stunden am Tag haben wir uns das Wissen per ‚You-Tube‘-Videos im Selbststudium angeeignet”, erzählen die hochmotivierten Pilzzüchter über ein ganzes Jahr der Lernphase. Seit 2022 läuft das Werk aber sehr vielversprechend, schnell wurde das Ersparte investiert und 100 Quadratmeter der alten Scheune zu Produktionszwecken umgebaut, um die Pilzfarm wöchentlich zu „infizieren, inkubieren, aktivieren”, wie es im Fachjargon heißt. Inzwischen sind die beiden Unternehmer Vollprofis auf ihrem Gebiet und gemeinsam ein wandelndes Pilzlexikon.
Nachhaltiges Nahrungsmittel
„Als schmackhafte, proteinreiche Zutat vieler Gerichte können Pilze mit ihrer Konsistenz auch als Ersatz zu Fleisch verwendet werden, was sie nicht nur für die gehobene Gastronomie so interessant macht. Außerdem sind sie durchwegs gesund. So sagt man dem Austernseitling nach, dass er mit seinem Gehalt an ‚Lovastatin‘ den Blutdruck regulieren kann und reich ist an B-Vitaminen, Kalium, Eisen und Zink. Oder Shiitake Pilze eine überaus gute Vitamin D-Quelle sind”, bestätigt Daniel die Tatsache, dass Pilze den guten Weg für eine Klima- und Gesundheitsmission ebnen. Vor allem auch in der Winterzeit, wo regionale frische Lebensmittel Mangelware sind.
Mehr als Vollzeitjob
Dass sie mit Herz und Seele bei der Sache sind, beweisen die beiden Pilzbauern, indem sie jeweils 80 Wochenstunden in die wöchentliche pünktliche Aktivierung, Betreuung und Ernte ihrer Pilze investieren. Zweimal die Woche reist Daniel eigens nach Wien, um den immer größer werdenden Kundenstock zu beliefern. Fortgehen und Urlaub gehören momentan der Vergangenheit an. Immer das Ziel vor Augen, bald ganz hoch im Kurs der führenden Pilzbotschafter im Südburgenland zu stehen.
Aussteller bei den Gartentagen im Schloss Kohfidisch
Tipp: KiMa Organics ist einer der Aussteller bei den Gartentagen im Schloss Kohfidisch am
1. & 2. Juni 2024
Foto© Eva Maria Kamper
Austernseitlinge, Shiitake-Pilze und Co. landen jede Woche auf den Tellern der gehobenen Küche und werden auf Bauernmärkten verkauft.
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