Reportage

Der Tod lauert im Garten

„Ich kann kein Blut sehen. Deswegen morde ich lieber mit Pflanzengift“, sagt Krimibuchautorin und Giftpflanzenexpertin Klaudia Blasl aus Litzelsdorf mit einem Augenzwinkern über sich selbst. Im Gespräch mit prima! verrät sie, was bei Giftmorden zu beachten ist und vor welchen Pflanzen man sich lieber hüten sollte.

Foto: Klaudia Blasl

Klaudia Blasl aus Litzelsdorf hat in ihrem Garten selbst rund 80 Giftpflanzen angesetzt. Für ihren nächsten Krimi tüftelt sie schon am „perfekten Mord“.

 

Ein langer Winter – durch den Lockdown teilweise eingepfercht auf engem Raum mit seinen Liebsten – liegt hinter uns. Jetzt lockt der Frühling hinaus in den Garten, was sicherlich manche beengte Wohnsituation auflöst. Aber wer hat nicht in dieser Zeit einmal daran gedacht den Partner bzw. die Partnerin einer kleinen Todeserfahrung etwas näher zu bringen? Rein hypothetisch, natürlich. Klaudia Blasl „mordet“ in ihren Krimis, auf dem Papier – und ihre Figuren machen sich die Hände dabei lediglich mit Gartenerde und Pflanzensamen schmutzig. Für ihren nächsten Krimi, der im April erscheint, hat sie ein wenig aus dem Blumenkästchen geplaudert.

„Zunächst einmal ist anzumerken, dass die im Fernsehen dargestellten Gifttode durchwegs realitätsfern sind“, klärt Klaudia Blasl gleich vorweg auf. „Kein Gift wirkt so schnell, dass man es im Essen zu sich nimmt, beim Abstellen des Tellers oder der Tasse malerisch die Augen verdreht, einmal kurz röchelt und dann tot vornüberkippt.“ Die meisten Gifte wirkten nach und nach; verursachten Übelkeit und Organschädigungen, was sich in einem wochenlangen Prozess hinziehen würde. Mord auf Raten sozusagen. Die schlechte Nachricht dabei: „Heutzutage kann man eigentlich jedes Gift nachweisen.“ Doch, so die Expertin weiter, wird selten darauf untersucht, zumal Gifttode gerne wie gewöhnliches Herzversagen, Atemstillstand oder allgemeine Schwächung daherkommen. „Gut, wenn ich als Kriminalbuchautorin nun ein Gemüsesüppchen serviere, da passt schon jeder genau auf, aber sonst rechnet man kaum mit Vergiftungen.“

Klassiker unter den Giftpflanzen

Die Christrose ist quasi die Mutter aller Giftpflanzen. Schon Solon wandte sie um 600 v. Chr. bei der Belagerung der Stadt Kirrha an, um den Brunnen damit zu vergiften. Durch heftigsten Durchfall geschwächt mussten sich die Bewohner schließlich ergeben. Allerdings, so rät Klaudia Blasl, würde sie die Pflanze in Kombination mit Seidelbast anwenden. „Christrose erweitert die Pupillen, Seidelbast verengt sie.“ Seidelbast selbst ist natürlich auch kein harmloses Kräutlein. Nicht umsonst gibt es eine alte Redensart, die lautet: „Ist dein Lehensherr dir verhasst, gib ihm einfach Seidelbast.“ Zehn seiner Früchte können einen Menschen umbringen. Bekannter war er unter Bettlern, die, um die Spendenbereitschaft zu erhöhen, die Rinde zerrieben und als Pomade auf die Haut auftrugen, was böse Wunden verursachte.

Harmlose Zimmerpflanzen?

Doch auch Pflanzen, die man als harmlos erachtet und sogar als Zimmerpflanzen hält, können – falsch angewendet – zum Tod führen. Klaudia Blasl stellt hierzu das Alpenveilchen vor: „Das steht ja gerne auf den Fensterbrettern, aber wussten Sie, dass bereits acht Gramm zermahlene Knolle beim Menschen tödlich wirken? Schon der Vorreiter der modernen Arzneimittelkunde, der griechische Arzt Dioskurides aus dem 1.Jh.n.Chr. wusste übrigens um die abtreibende Wirkung der Pflanze, die im Mittelmeerraum sogar zum Fischfang verwendet wurde. Zerstoßene Knolle mit Ton vermengt wurde ins Wasser geworfen, wodurch die Fische gelähmt und damit zum leichten Fang wurden. Ähnlich vorsichtig sollten Sie mit der Dieffenbachie sein. Das Kauen führt zum Anschwellen von Zunge und Schleimhäuten, was oft zu einer wochenlangen Sprachlosigkeit führte, daher auch der Spitzname ‚Schweigrohr‘.“
Doch wer knabbert schon seine Zimmerpflanze an? Aber Vorsicht: Allein die Berührung kann zu Hautreizungen und im Auge zu schlimmen Hornhautschädigungen bis hin zur Erblindung führen. Und das abgelaufene Gießwasser ist ebenfalls giftig, also besser außerhalb der Reichweite von Kindern und Haustieren aufstellen!

Berauschende Pflanzen

Doch es gibt ja nicht nur tödliche Pflanzen, es gibt auch berauschende. Bekannt ist Zimt, aber aufgepasst: Der handelsübliche Cassia-Zimt enthält viel mehr Cumarin als der teure Ceylon-Zimt. Dies kann bei höheren Dosen zu Leberschäden, Depressionen oder sogar Schwangerschaftsabbrüchen führen. Doch sagt man den Stangen gleichzeitig nach, stimmungsaufhellend und entspannend zu sein, weswegen sie gerne geraucht werden. Weniger bekannt ist die psychedelische Wirkung der Petersilie, vor allem beim Verzehr von Samen, Wurzeln oder Öl. Wie immer ist auch hier die Dosierung ausschlaggebend, sonst kann es ebenfalls zu Schwangerschaftsabbrüchen, Leberschäden oder zumindest zu Blähungen oder Durchfällen führen.

Also Vorsicht beim nächsten Kräuter-smoothie, den Sie serviert bekommen. Er könnte – um es mit den Worten von Klaudia Blasl zu sagen – in dem Sinne gemixt worden sein: „Wozu in die Ferne schweifen, wenn das Böse wächst so nah?“

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Wie hütet man sich vor versehentlicher Vergiftung?

Erster und wichtigster Tipp von Klaudia Blasl: „Alles, was Sie nicht kennen, einfach nicht anfassen und schon gar nicht essen“. Schließlich gibt es genug Pflanzen, die schon bei Kontakt allergisch und reizend wirken können. Ansonsten macht die Dosierung das Gift. Viele bekannte Kräuter wirken sparsam verwendet geschmacksbereichernd, doch überdosiert können sie zu Übelkeit und Erbrechen, Organschädigungen und mitunter auch zum Tod führen. Wenn man dennoch einmal mit Pflanzengiften in Berührung gekommen ist, gilt: Ruhe bewahren und die rund um die Uhr besetzte Vergiftungsinformationszentrale unter der Telefonnummer 01/406 43 43 kontaktieren.


Achtung bei Seidelbast

Die Christrose

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