Reportage

Lokal-Augenschein

Öffnen oder doch geschlossen halten? Seit einem Jahr ist die Gastronomie bei uns – bis auf wenige Monate oder besser gesagt Wochen – geschlossen und in Warteposition. Auch eine angedachte Öffnung der Schanigärten wurde wieder zurückgezogen. Doch wie sieht nun die Lage unserer regionalen Wirte vor Ort aus? prima! hat mit vier Betreibern mit jeweils unterschiedlichen Situationen gesprochen.

Foto: Bernhard Bergmann

DER NEWCOMER
LaGom

„Wir sind noch nicht bereit aufzugeben“

Das LaGom in Hartberg ist der Newcomer unter den befragten Wirtshäusern. Erst Mitte September 2020 hat das Restaurant im Schloss Hartberg eröffnet. Jedoch hatte das Lokal seit dieser Zeit nur eineinhalb Monate geöffnet und musste durch die Corona-Maßnahmen der Regierung annähernd fünf Monate schließen. Besonders herausfordernd ist für Betreiberin Clarissa Leimbach die Überbrückungsfinanzierung. Während kein Umsatz gemacht werden kann (Take-Away, so Clarissa Leimbach, funktioniere aufgrund der Lage nicht), laufen die Fixkosten unvermindert weiter: „Staatliche Hilfen wurden zwar versprochen, kamen bisher jedoch nur in Mindesthöhe an. Die bürokratischen Hürden sind für individuell zu bewertende Betriebe (z.B. Newcomer, Betriebsübernehmer) extrem hoch. Es gibt keine Ansprechpersonen und das ständige Vertröstet-Werden und die Warteschleifen machen mürbe. Wir mussten bisher viermal Reklamation einlegen. Zuletzt ausschließlich über die Steuerberatung, was wiederum Kosten verursachte. Unser Polster – eigentlich für außergewöhnliche Ausgaben und Notfälle – schrumpft kontinuierlich weiter, wir warten immer noch auf die Umsatzersätze des letzten Jahres.“

Anders lief es bei der Kurzarbeit-Anmeldung über das AMS: „Ich kam teilweise telefonisch nicht durch, da die Leitungen überlastet waren. Die Mitarbeiter haben mich tatsächlich zurückgerufen und sind mit mir Schritt für Schritt die Anträge durchgegangen. Das war ein super Service.“ Bisher wurden alle fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehalten, lediglich auf Kurzarbeit geschickt. „Denn es ist sehr schwer, gutes Personal zu bekommen.

Nach der langen Lockdownzeit wird das auf keinen Fall einfacher, da werden viele die Branche gewechselt haben“, sorgt sich Clarissa Leimbach. Doch sie ist guten Mutes: „Wir sind noch nicht bereit aufzugeben“, so ihr Credo und ihr Mann Wolfgang ergänzt: „Wir denken lang- und nicht kurzfristig.“ So werden bereits Pläne für sommerliche Events wie musikalische Jamsessions im Schlosspark geschmiedet, die Terrasse wird um einen Lounge-Look erweitert und bald stehen besondere Eiskreationen auf der Karte.


Clarissa und Wolfgang Leimbach
Clarissa und Wolfgang Leimbach haben im Vorjahr das LaGom Restaurant im Schloss Hartberg eröffnet.

DAS TRADITIONSWIRTSHAUS
Gasthaus Pack ‚Zur Lebing Au‘

„Unser ‚Essen to go‘ war mehr eine Art Beschäftigungstherapie“

Das Gebäude des Gasthauses Pack gibt es seit 300 Jahren, die Familie Pack hat es seit nunmehr 100 Jahren in Besitz. Natürlich sind so alte Mauern schön, doch gilt es auch immer wieder aufs Neue zu renovieren. Bereits 2013/2014 wurden 15 der 24 Gästezimmer umgebaut und 2020 wurde der große Saal hergerichtet. Den neuerlichen Lockdown nutzte David Pack, um die restlichen neun Zimmer sowie die Kegelbahn zu generalsanieren. „Das hatten wir ohnehin bald einmal vor und daher sind wir das gleich angegangen“, so der engagierte Chef über den weiteren Umbau des Hauses. Über die Unterstützungen seitens der Regierung ist seine Meinung gespalten. „Im März 2020 beim ersten Lockdown würde ich die Note eins vergeben“, doch danach waren die Maßnahmen für den Gastwirt zuweilen „nicht gescheit erarbeitet.“ So hätte er kein Problem mit der Vorlage des Testens für die Gäste gehabt, geht er selbst doch regelmäßig auch zur Teststraße. Er sieht das wesentlich höhere Ansteckungsrisiko im Privatbereich statt in der Gastronomie – natürlich brauche diese ein Hygienekonzept, aber das sei kein Problem. Zwar bot das Gasthaus regelmäßig Mittagessen „to go“ an, jedoch sei dies, so David Pack „mehr eine Art Beschäftigungstherapie für unser Personal und weil wir die Küche für beruflich eingemietete Hotelgäste ohnehin offen hatten.“ Das Personal war dennoch auf Kurzarbeit. Gerne würde er wenigstens seinen Gastgarten öffnen, für den das Lokal mitunter bekannt ist. Doch wann dies von Seiten der Regierung möglich ist, stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest.


David Pack
David Pack führt in dritter Generation das Traditionswirtshaus Pack „Zur Lebing Au“ in Hartberg neben der Walfahrtskirche.

DER KAFFEEHAUS-ALLROUNDER
Gotthardts Cafehäuser

„Ein fester Ansprechpartner wäre effektiver gewesen“

Unter dem Logo Gotthardt gibt es inzwischen acht verschiedene Standorte der Cafés. Auch „Die Bank“ in Oberwart und „Gotthardt‘s Sonne“ in Hartberg sind Teil der Gotthardt-Gruppe. Seit November 2020 ist alles bereits zum zweiten Mal geschlossen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Kurzarbeit. Damit möchte man die gut eingeschulten Belegschaften halten. Gerald Kollar, Prokurist bei Gotthardt, sieht im Wegfall von Fachkräften ein grundsätzliches Problem, das die Branche langfristig beschäftigen wird.

Ein Abholservice wurde im ersten Lockdown kurz ausprobiert, doch schnell wurde klar, dass die Kosten für Köche und Bestellentgegennahme den Verdienst bei Weitem überschritten haben und damit dies „betriebswirtschaftlich nicht zu rechtfertigen war.“ Den Umsatzersatz hat man teilweise erhalten, Probleme gab es allerdings bei einer Umgründung der Betreibergesellschaft, die unter einer anderen Rechtsform im Jahr 2019 bereits Umsätze hatte. Hier zu kommunizieren, dass eben dieser alte Umsatz als Grundlage für den Umsatzersatz zu nehmen sei, war schwierig. Gerald Kollar meint dazu: „Die Ideen zur Hilfe der Regierung waren grundsätzlich nicht schlecht. Bei der Bearbeitung wäre es aber wohl effektiver gewesen, wenn man einen festen Ansprechpartner gehabt hätte und nicht jedes Mal die gesamte Sachlage neu vor jemand anderem hätte aufrollen müssen.“

Bei Gotthardt hat man die Zeit genutzt und die Standorte einer Renovierung unterzogen. Dies war insofern günstig, weil viele Standorte an sieben Tagen geöffnet haben, Umbauarbeiten demzufolge immer den Betrieb gestört hätten. Ermöglicht wurden die Renovierungsarbeiten, weil die Betreibergesellschaften, wie es heißt, „finanziell nicht schlecht aufgestellt“ seien.

Problematisch sieht Kollar auch die Kurzfristigkeit, mit der Vorgaben und Schließungen kommen. So musste bereits im März 2020 und ebenso wieder im November Ware weggeworfen werden, schließlich arbeitet man bei Gotthardt mit regionaler Frischware, die systembedingt nicht über einen langen Lockdown lagerfähig ist. Fürs Wiederaufsperren hat er ein gutes Gefühl, auch wenn das mit der Auflage von Testungen verknüpft sein wird. Doch gibt er hier zu bedenken: „Ich kann sie mir zwar von den Gästen zeigen lassen, im Detail alle Angaben überprüfen und damit verifizieren kann ich sie nicht.“


Gerald Kollar
Gerald Kollar ist Prokurist der Gotthardts Gastronomie. Zu den Kaffeehäusern gehört „Die Bank“ in Oberwart und „Gotthardt‘s Sonne“ in Hartberg.

Die Vielfältigen
Halwachs Catering und Gastronomie

„Tests zu kontrollieren ist nicht meine Aufgabe“

Joachim Halwachs ist Unternehmer durch und durch und seit 30 Jahren schon im Gastgewerbe. Er betreibt das Kaffeehaus im Haydnhof in Oberwart, den Kirchenwirt in Schäffern, die Gastronomie der Wexl Trails in St. Corona sowie ein Cateringunternehmen. „Ich bin es gewohnt, jeden Tag zu arbeiten. Seit November jedoch steht alles still“, erzählt der Unternehmer. Die Mitarbeiter sind ebenfalls seit November abgemeldet, jedoch mit der Zusicherung, sie beim Wiederaufmachen sofort wieder einzustellen. Das Einzige, was momentan betrieben wird, ist ein Foodtruck bei St. Corona, doch „der lohnt sich kaum.“ Dazu kommt, dass die Gastronomie in St. Corona erst im März 2020 neu zum Gesamtunternehmen dazu kam. Da die restlichen drei Standorte jedoch schon länger bestehen, wurde die Umsatzerstattung für November und Dezember nur für die restlichen Standorte berechnet, für den letzten Standort in St. Corona wurde nichts bezahlt. „Obwohl ich dafür genauso Ausgaben hatte.“ Dazu kam noch die Miete, die vom Land als Eigentümer für den St. Corona-Standort in voller Höhe berechnet wurde. Lediglich beim Oberwarter Kaffeehaus gab es einen Mieterlass durch die private Vermieterin.

Von Regierungsseite aus würde sich Halwachs klare Vorgaben wünschen, nicht wie jetzt „alle Wochen nur Veränderung.“ Jedoch gültige Tests zu kontrollieren, ist für den Unternehmer ein eindeutiges No-Go. „Das ist nicht meine Aufgabe“, so seine klare Ansage, zu der er hinzufügt: „Ich hoffe, dass das Ganze bald vorbei ist!“


Joachim und Jaqueline Halwachs
Joachim und Jaqueline Halwachs sind langjährige, erfahrene Gastro-Experten.

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