Reportage

Schäferstündchen

Ebenfalls in Burgauberg, nur wenige Kilometer von Star-Friseur Markus Unger entfernt, treffen wir einen weiteren, sehr speziellen „Friseur“. Er macht Hausbesuche und lässt seine Kunden auf engem Raum zusammentreiben, bevor er kommt und im Angesicht seines Schweißes einem nach dem anderen einen neuen Look verpasst. Harald Mandl ist einer von nur etwa zwanzig hauptberuflichen Schafscherern in Österreich. Gemeinsam kümmern sie sich um die Fellpracht der rund 400.000 Schafe hierzulande. Das Scheren der Schafe ist Haralds Leidenschaft – die übrigens keine Leiden schafft.

Foto: zVg

Harald Mandl aus Burgauberg ist einer der wenigen Schafscherer in Österreich.

 

„Mit Tierquälerei hat das gar nichts zu tun. Die Schur ist eine Notwendigkeit, um das Wohl und die Gesundheit der Schafe aufrecht zu erhalten,“ erklärt der gebürtige Steirer. Die Schafschur ist in Österreich verpflichtend. Ein bis zwei Mal pro Jahr, je nach Rasse, müssen die Schafe hierzulande geschoren werden. „Ist die Wolle zu lang, ist die Bewegung der Tiere eingeschränkt, und die Gefahr von Parasitenbefall steigt“, erklärt Harald Mandl. „Die Hitze spielt dabei übrigens kaum eine Rolle. Der Organismus der Schafe stellt sich auf alle Temperaturen ein.“

Einige tausend Schafe kommen bei Harald Mandl pro Jahr „unters Messer“. Vor vier Jahren hat er sein großes Hobby zu seinem Beruf gemacht – mit Zwischenstationen wie einer Zimmererlehre und einem Wirtschaftsstudium. „Jetzt lebe ich meinen Traum. Das Wohl der Tiere ist mir wichtig. Daher habe ich bei einem Neuseeländer einen Scherkurs gemacht. Diese Methode, eine Art der Bodenschur, garantiert, dass die Tiere schnell, schön und vor allem schonend geschoren werden. Je schneller es geht, desto weniger Stress hat das Tier.“ Ein bis drei Minuten dauert es bei Harald Mandl daher nur, bis ein Schaf seine Wolle los wird. Zwei bis drei Kilogramm Wolle fallen dabei pro Schaf für gewöhnlich ab. „Dass bei einem Tier heuer zwölf Kilogramm abgefallen sind, war wirklich eine Ausnahme“, erzählt er und zeigt Fotos von diesem Ausnahmeschaf.

Traditionshandwerk

„Vor hundert Jahren hatte noch fast jeder Bauer bei uns Schafe. Vor achtzig Jahren wurden noch zwei Drittel der Fasern aus Schafwolle oder Baumwolle hergestellt. Heute sind nur noch ein Drittel Biofasern und bereits zwei Drittel Kunstfasern, die verwendet werden,“ erklärt Harald Mandl.

Im Burgenland gibt es übrigens rund 6.000 Schafe, in der Steiermark sind es 80.000. „Die Anzahl der Betriebe ist zwar gesunken, aber die Betriebe haben wieder mehr Schafe.“ Die Schafwolle wird heute, so wie auch früher, hauptsächlich für Kleidung weiterverarbeitet. „Etwa 70 Cent pro Kilogramm Rohwolle bekommen die Bauern. Auch für die Dämmstoffindustrie wird Schafwolle angeliefert.“ Weil dennoch viele Bauern die abgefallene Wolle gar nicht nutzen, verarbeitet Harald Mandl die Wolle nun auch zu Dünger weiter. „Wolle ist ein wertvolles Produkt. Das sollte man nicht wegwerfen. Also lasse ich Dünger daraus produzieren.

Schon früher haben Schafbauern die Wolle als Dünger einfach eingegraben oder über den Misthaufen wieder den Äckern zugeführt.“  Wenn Harald Mandl erzählt, spürt man, dass Schafe seine Passion sind. „Ich ernte Schafwolle. Das ist natürlich auch anstrengend. Aber ich liebe es. Schafwolle ist ein nachwachsender Rohstoff mit vielen Einsatzmöglichkeiten.“


Harald Mandl
Harald Mandl hat mit 18 Jahren die elterliche Landwirtschaft übernommen und rasch auf Schafzucht umgestellt. Mit 21 Jahren hat er Zimmerer gelernt, mit 29 Jahren die HTL, Abteilung Hochbau, nachgemacht. Im Anschluss hat er berufsbegleitend ein Wirtschaftsstudium abgeschlossen. Nun ist der elterliche Hof verpachtet, seit 2015 lebt er hauptberuflich von der Schafschur und seit 2016 vertreibt er seinen Dünger „Ferlets“, den er in einem Partnerbetrieb produzieren lässt.

https://www.ferlets.eu


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