Reportage

Volltreffer

Einen Bogen in der Hand, einen Köcher mit Pfeilen an der Seite hängend. So kommen alle von der kleinen Gruppe aus dem Wald heraus. Zufrieden sehen sie aus. Die Jagd war heute erfolgreich. Das ist keine Szene aus einem Film, das ist eben gerade stattfindende Realität. Aber es handelt sich um keine Anhänger Robin Hoods und auch um keine Selbstversorger. Die Rede ist von Freizeitsportlern, die dem Bogensport nachgehen.

© Trenker

„In da Pampa“ nennen Alexandra und Ernst Trenker die Bogenschießanlage in Grametschlag bei Hochneukirchen. Etwa 20 Hektar umfasst das Areal

 

Richtig hinstellen. Aufrichten. Pfeil einlegen. Durchatmen, aufspannen bis zum Ankerpunkt. Visieren, Kopf leermachen. Nur noch Augen und Hand mit Verlängerung bis in die Pfeilspitze hinein sein. Schließlich loslassen. 

Was wie eine Meditationsübung klingt, ist der Ablauf beim Bogenschießen. Allein, wenn man diese Bewegungen vollzieht, richtet man sich automatisch auf. „Das macht etwas mit einem. Bogenschießen ist eben so viel mehr als nur ein Sport“, sagt Ernst Trenker. Seine Frau Alexandra und er – vielen bekannt durch ihren GEA-Laden inklusive Buchshop in Oberwart – betreiben eine 3D-Bogensportanlage in Grametschlag bei Hochneukirchen. Geschossen wird auf Wildtiere – jedoch keine echten, sondern allesamt aus einem speziellen Kunststoff. Wer allein schon mit der Vorstellung auf ein Tier zu zielen, ein Problem hat, für den steht ein „Veggie-Parcours“ zur Verfügung. „Jeder kann diesen Sport machen“, schwärmt Alexandra. 

Der Moment des Treffens

Ausrüstung benötigt man zunächst keine. „In da Pampa“ kann man sich eine Ausrüstung ausleihen. Doch die meisten, die Feuer fangen, besorgen sich eher früher als später ein eigenes Equipment. Dabei ist zu beachten, dass der Bogen die richtige Länge haben muss und die richtige Stärke. Die soll nicht zu streng sein, denn „schließlich will keiner mit Schulterschmerzen aus dem Parcours kommen. Im Vordergrund steht eindeutig der Spaßfaktor“, so Alexandra Trenker. Doch zunächst bedeutet Bogenschießen auch Übung, Übung, Übung und etliche Rückschläge. Schließlich ist es gar nicht so einfach, die variierenden Abstände zum Ziel abzuschätzen, dazu zwischen den Bäumen hindurch mal bergauf, mal bergab die richtige Höhe des Pfeils vorherzuberechnen und das Ganze dann noch mit höchstens drei Schuss hinzubekommen. Von Hindernis zu Hindernis wird man demütiger, sucht seine Pfeile neben, hinter und vor den Kunsstofffiguren und kriegt den Eindruck nicht los, sie würden einen ob der Treffungenauigkeit verhöhnen. Und dann, nachdem man nun abwechselnd dem Bogen, den Pfeilen, dem eigenen Arm oder Auge die Schuld gegeben hat, kommt er auf einmal. Der Moment des Loslassens. Kein nochmaliges gedankliches Durchrechnen, keine mehrfache Korrektur. Anlegen, zielen, schießen. „Intuitiv“ nennt Alexandra das. Und dann ist er da, der Volltreffer. Nicht ganz im inneren Treffkreis, dem „Spot“, aber immerhin im äußeren, „Kill“ genannt. Derartig beflügelt merkt man beim nächsten Hindernis, wie routiniert man schon geworden ist, wie selbstverständlich das Ziehen und Einlegen des Pfeils, das Anlegen und Schießen ist. Auch wenn immer noch nicht jeder Pfeil trifft, so stellt sich doch das Gefühl ein, wie ein Held aus einem Kostümfeld durch den Wald zu laufen, für Freiheit und Gerechtigkeit zu kämpfen. Es geht um das Gefühl, die eigene Stärke zu erleben. Wenn man die Arme zum Bogenspannen streckt, den Körper aufrichtet, die Ruhe, die der eigene Atem ausstrahlt und die Sicherheit, einer der nächsten Pfeile wird treffen. 

Familiäre Atmosphäre

„Natürlich kann man gegeneinander antreten, aber am Ende geht es doch vor allem um einen persönlich. Darum, wie die eigene Tagesleistung ist“, so die Fachfrau, die noch ergänzt: „Das Tolle am Bogensport ist, dass es einen so guten Zusammenhalt in der Community gibt. Bei Wettbewerben herrscht immer eine nahezu familiäre Atmosphäre“. Dazu passt, dass es zum guten Ton gehört, dass man gefundene Fremdpfeile nicht behält. „Die meisten gehen beim Anmelden automatisch die Fundtonne durch, ob da einer ihrer Pfeile drinsteckt“, erzählt Ernst Trenker lächelnd. Er war der erste in der Großfamilie, der auf die Idee mit dem Bogensport kam. Ein Hofpraktikant hatte das Hobby mitgebracht und wollte den ersten Parcours errichten, brach dann aber das Praktikum ab. „Aber den Funken für den Bogensport, den hat er uns dagelassen“, erzählt Ernst. Ein paar Jahre hat es dann zwar noch gebraucht, doch inzwischen gibt es die Anlage schon gute drei Jahre. Schließlich gab es in der näheren Umgebung nichts Derartiges und das Waldgelände rund um den Familienhof war ideal. „Natürlich haben die Nachbarn zuerst geschaut, was wir da ‚Exotisches‘ machen“, erinnert sich Ernst, „aber inzwischen kommen viele aus dem Ort zu uns zum Schießen.“

Kein Wunder. Bogenschießen gilt als Trendsport. Einerseits absoluter Individualsport. „Der Moment, wenn du am Abschuss stehst, deinen Bogen spannst und zielst, der gehört dir allein. Da darf auch niemand reden“, so Alexandra. Andererseits ist der Bogensport gerade auch in Corona-Zeiten eine schöne Möglichkeit, etwas in der Kleingruppe zusammen zu machen. An der frischen Luft und mit viel Wald um sich herum lassen sich Mindestabstände problemlos einhalten und man hat trotzdem ein gemeinsames Erlebnis. Man kann Luft ablassen und nichtsdestotrotz kommen weder Mensch noch Tier zu Schaden. „Und es schult die Konzentration. Wir haben oft erlebt, dass Kinder, die sich schwer konzentrieren können, durchs Bogenschießen ruhiger wurden und gelernt haben, punktuell Leistungen zu bringen und abzurufen.“ Nicht zuletzt ist man beim Bogenschießen die ganze Zeit draußen, in der Natur. „Wie Waldbaden, nur spannender


Alexandra und Ernst Trenker sind vor drei Jahren auf den Bogensport gekommen
Fotos © Trenker

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