Hanni
Ich hab sie zum ersten Mal direkt nach ihrer Operation gesehen. Ihr Kopf war dick eingebunden – der Tierschutzverein „Wir fürs Tier“ hatte das Streunerkätzchen gefunden und zum Tierarzt gebracht. Ihre Augen konnten nicht mehr gerettet werden. Streunerkatzen, die an Katzenschnupfen erkranken, leiden Höllenqualen, wenn sie nicht behandelt werden. Ihre Schleimhäute, Augen und Atemwege verkleben. Irgendwann springen dann die Augen aus den Höhlen förmlich heraus. Meist werden die Tiere bei lebendigem Leib von Maden aufgefressen. Ich weiß, viele Leser*innen steigen bei einem solchen Bild aus. Zu belastend für die einen. Zu nebensächlich für die anderen. Aber wichtig für prima! – denn ein Medium hat die Verpflichtung, den Schwächsten eine Stimme zu geben. Hanni lag also an diesem Tag apathisch auf einem Kratzbaum im Tierheim. Als sie meine Stimme hörte, hob sie den Kopf mit diesem riesigen Verband und kletterte wie ein Klammeraffe von ihrem Kratzbaum herunter und irgendwie an mir hoch. Und so wie sie dies tat, kletterte sie direkt in mein Herz.
Vor wenigen Tagen hat der Tierschutzverein „Wir fürs Tier“ einen Hilferuf ausgesendet: „Aufnahmestopp“, hieß es. Es sind einfach zu viele Streunerkatzen. Und das, obwohl das Gesetz vorschreibt, dass jede Katze, die ins Freie darf, kastriert werden muss. Eine Bekannte erklärte mir vor wenigen Wochen, dass eine Katze zumindest ein Mal Junge bekommen sollte. Solche Mythen verursachen enormes Leid. Sie sind schlichtweg falsch. Ich hab die Bekannte zu mir eingeladen, damit sie Hanni kennenlernt. Wir warten immer noch.
Bitte lassen Sie Ihre Katze kastrieren!