Reportage

Momentaufnahmen des Erwachsenwerdens

Erfolg über Nacht ist ein fantastischer Mythos in der Welt der Musikindustrie. Wenn sich jedoch eine Band dafür qualifizieren könnte, würde die Alt-Rock-Sensation The Wrecks sicherlich in die Rechnung passen. Nach langer Vorfreude hat die Gruppe ihr Debütalbum Infinitely Ordinary endlich in die Welt hinausgebracht, ganz zur Freude der Fans und neuen Hörern. Mit dem Longplayer liefern die Jungs eine aufregende, abgerundete und leidenschaftliche Sammlung von Songs mit viel Stil, Flair und Menschlichkeit.

Foto: zVg

Soundnerd

Das ganze Leben ist ein Soundtrack – so sieht es zumindest Laura Weingrill. Denn während sich die Welt dreht, hört sie Musik. Und wem die eigene Playlist mit der Zeit zu eintönig wird, dem verpasst sie hier jeden Monat eine neue Portion aufregender Sounds.


Vor über drei Jahren begannen die kalifornischen Jungs der Indie-Gruppe The Wrecks an ihrem Debütalbum zu schreiben, doch leider verlief dabei nicht immer alles reibungslos. Zwischen dem Wechsel der Labels, dem mehrmaligen Umschreiben ihrer Songs und der stetigen Weiterentwicklung ihres Sounds wurde der Prozess zu einer Odyssee der Reflexion, des Wachstums und der Selbstfindung. Gezeichnet wurde ihr am 1. Mai veröffentlichtes Debut dabei aber auch vor allem von der aufregenden, aber auch steinigen bisherigen Geschichte des Quartetts. Nach der Veröffentlichung ihrer ersten Songs 2016, fand sich die Gruppe wieder in einer Welt voll von unzähligen Hit-Singles, Legionen von Fans und Support-Slots der heißesten aufstrebenden Talente der Musikwelt. Was dabei aber am meisten überraschte, war, dass die LA-Jungs all das ganz ohne ein volles Album erreichten. Bis heute.

Mit einer Laufzeit von 24 Minuten gehört Infinitely Ordinary leider zu den Alben der etwas kürzeren Art, dabei hat jeder der acht Tracks jedoch seine eigene Stimmung und packt einen ab der ersten Sekunde. Musikalisch unterscheiden sich die Songs allesamt stark voneinander, trotzdem ist das Album aber eine zusammenhängende Einheit, die rohe und aufrichtige Lyrik ausstrahlt. „Freaking Out“, „This Life I Have“ und „Out of Style“ sind Beispiele für den bombastischen und entzückenden ironischen Ansatz der Band, der sie sofort als Highlights enthüllt. An anderen Stellen liefern Tracks wie „Feels So Nice“ und „Four“ starke Hooks und veranschaulichen das dynamische, aber auch ehrliche musikalische Spektrum der Band. Immer wieder gelingt der Stimme des Lead-Sängers Nick Anderson die richtige Mischung aus Verletzlichkeit und Selbstbewusstsein und führt zu einigen der lohnendsten und angenehmsten Momente der Platte.

In Bezug auf seine Lyrics zeigt Infinitely Ordinary einen überraschenden Grad an Reife und Ehrlichkeit. Während das Album viel von dem gewinnenden Humor und Witz der Band hat, liegt ein Teil seiner wahren Belohnung darin, wie transparent und intim es sein kann. Es befasst sich nicht nur mit Liebe und Herzschmerz, sondern auch mit der Flucht vor der schrecklichen Monotonie der eigenen Heimatstadt und fängt ein, was es bedeutet, in den Zeiten von Instagram und „Netflix and Chill“ in seinen 20ern zu sein. Und mit 25 versteht das keiner besser als Frontman Anderson selbst. Als Songwriter hat er längst keine Angst mehr über sich selbst zu lachen oder sich wieder in die Teenagerschuhe zu stecken, denen er vor Jahren entwachsen ist. So ist ihr Debut eine perfekte Momentaufnahme der guten, schlechten und hässlichen Momente des Erwachsenwerdens. Es ist eine aufregende emotionale Achterbahnfahrt, die den Hörer um unerwartete Ecken peitscht und kopfüber in die Produkte ihrer Experimente eintaucht.

Nach langem Herumprobieren und dem engagierten Streben nach Perfektion, haben es The Wrecks geschafft, ein geradezu makelloses Album zu schaffen, wäre es nicht kürzer als es sich viele wünschen würden. Aber auch in all seiner Kürze fühlt sich Infinitely Ordinary an wie Sonnenschein gemischt mit einer Explosion all unserer tiefsten Gedanken und dem stärksten Suchtpotenzial überhaupt. Und selbst wenn wir noch drei weitere Jahre auf ein nächstes The Wrecks-Album warten müssen – manchmal lohnt es sich, auf gute Dinge zu warten.

The Wrecks‘ neuestes Album „Infinitely Ordinary“ ist ab sofort im Handel und auf allen Download und Streaming-Plattformen verfügbar.

Hier kommt ihr zum Video: à Feels So Nice


Laura Weingrill
Musikjournalistin Laura Weingrill stammt aus Bad Tatzmannsdorf und lebt derzeit in London.

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