Reportage

Musik des Augenblicks

Das ganze Leben ist ein Soundtrack – so sieht es zumindest Laura Weingrill. Denn während sich die Welt dreht, hört sie Musik. Und wem die eigene Playlist mit der Zeit zu eintönig wird, dem verpasst sie hier jeden Monat eine neue Portion aufregender Sounds.

Die kalifornische Gruppe half·alive.

 

Sie tragen Strickpullis, bunte Stoffhosen und sehen im Grunde aus wie Nerds mit leichtem Großvatereinschlag – aber sobald die Stimme von Sänger Josh Taylor ertönt, Bassist J Tyler Johnson voll loslegt und Schlagzeuger Brett Kramer in die Tassen oder besser gesagt Trommeln schlägt, wird einem schnell klar, dass hinter den unscheinbaren Mauerblümchen noch einiges mehr steckt. Denn unter dem Namen „half•alive“ erobert das Indie-Trio derzeit die Herzen aller Musikliebhaber im Sturm.

Interessanterweise trafen sich die Kalifornier anfangs nur durch einen zufälligen Zusammenstoß während eines Songwritercamps, wo sich Frontman Taylor selbst die Mission gestellt hatte, in sieben Monaten 50 Songs zu schreiben. Und das schaffte er und kam nicht nur mit den fertigen Songs, sondern auch einer kompletten Band nach Hause. Schnell wurde aus Quantität Qualität, und schon lag ihnen die Welt zu Füßen. Nach einem entspannten Start im Jahr 2015 konnten sie sich nun dank ihres brandheißen Debutalbums „Now, Not Yet“ den Platz in den Rängen der besten Newcomer sichern.

Kein Song klingt wie der nächste, nur die sanfte, zerbrechliche Stimme Josh Taylors, mal nackt und ehrlich, mal mit Hall- und Chorklängen belegt, ist ein ständiger Begleiter auf der musikalischen Achterbahnfahrt dieses Albums. Die kreative Ausgestaltung der Songs ist der Rahmen, der diese Platte umgibt, und die dafür sorgt, dass „Now, Not Yet“ die Bezeichnungen Pop, Rock, Funk, Disco sowie Elektropop umschwirren. Da wären die heftigen Drums in „RUNAWAY“, der eindringliche Bass in „TrusT“, der süße Gesang in „arrow“, der süchtig-machende Beat von „still feel.“ und die epischen Synth-Sounds in „ice cold.“ – von allem ist ein wenig etwas dabei.

Hier ein leiser Haucher, da ein einmaliger Drum-Schlag und plötzlich wieder die E-Gitarre im Ohr – so bleibt der Longplayer zu jeder Sekunde überraschend und macht auch nach mehrmaligem Hören extrem viel Spaß. Die Songs wirken überwiegend heiter, manchmal sogar augenzwinkernd, aber auch ernsthaft, wobei sie aber niemals schwermütig werden. Durch die vielen Spielchen haben es die kalifornischen Jungs von „half•alive“ geschafft, ein Pop-Meisterwerk zu produzieren, das trotz der zahlreichen Soundfinten, Beatwechsel und Samplemixes runter geht wie Öl und Lust macht auf mehr.

Mehr dazu auf:

www.thatlemonlife.blog

Nächstes Konzert der Band: 30. Oktober im WUK in Wien


Laura Weingrill
Für Laura Weingrill ist das Leben ein Soundtrack. Monatlich schreibt sie in prima! die Kolumne Soundnerd.

Musikjournalistin Laura Weingrill stammt aus Bad Tatzmannsdorf und lebt derzeit in England.

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