Reportage

Rock mit Hörnern

Zu einem Konzert der kalifornischen Band HUNNY zu gehen, ist eine ganz besondere Erfahrung. Die LA-Rocker sind absolute Lieblinge: jung, leidenschaftlich und voller Zucker. Laura Weingrill hat sich für das prima! Magazin mit den humorvollen Jungs zu einem Interview vor ihrem ausverkauften Konzert in London getroffen und mit ihnen über die jetzige Tour, die Produktion ihres Albums und den Kampf um Authentizität im Musikbusiness gesprochen.

Foto: zVg

Die kalifornische Indieband HUNNY.

 

Die Mitglieder von HUNNY erfüllen alle Kriterien für die perfekte Indieband: charismatisch mit einem Hauch von Schelm, ein Frontmann, der die Bühne zu seiner Tanzfläche macht, ein makelloser Shredder auf der Gitarre, ein Synth-Zauberer und ein funkiger Bass-Spieler. So ist es leicht von HUNNY, bestehend aus Jason Yarger (Gesang), Jake Goldstein (Gitarre), Joey Anderson (Schlagzeug) und Kevin Grimmett (Bass, Keyboards), besessen zu werden. Ich jedenfalls war es nach dem Interview mit den Jungs in London noch mehr.

Wie war der Beginn eurer Band?

Jake: Dieselbe alte Geschichte. Wir kennen uns alle schon ewig. Jason und ich lebten zusammen in einem Haus, und alle kamen zu uns und hingen ab, und dann passierte diese Band.

Joey: Eine ziemlich langweilige Ursprungsgeschichte. Niemand wurde von einer radioaktiven Spinne oder etwas anderem gebissen.

Wie würdet ihr eure Band jemandem beschreiben, der euch nicht kennt?

Kevin: Wenn du meinst, einem älteren Menschen, wie einem Boomer, dann sind wir eine Rockband, alles andere würden sie nicht verstehen. Aber wenn wir mit jemandem sprechen, der weiß, worum es geht, dann machen wir alternativen Rock.

Jason: Das mag ich aber nicht so gern. Es ist so weit gefasst, das zu sagen. Ich weiß nie, wie ich uns beschreiben soll.

Jake: Wir machen Rock mit Hörnern.

Was stört euch am meisten an eurem Job und was liebt ihr am meisten?

Jake: Die Branche hinter der Musik ist scheiße. Aber das ist auch die Sache, die es uns ermöglicht, Shows wie die heute Abend zu spielen. Die Musikhallen sind nur geöffnet, weil Leute Tickets und Getränke kaufen und zu Konzerten kommen. Das ist auch der Haken daran. Ich wünschte, jede Show könnte fünf Euro kosten, aber das würde leider nicht funktionieren.

Jason: Apropos Haken – Tour ist der schlechteste und beste Teil. Es ist hart, aber es ist auch die lustigste Zeit. Als wir vor kurzem einen kleinen Gig spielten, waren zwei Mädels aus Japan bei der Show, die in London zur Schule gehen. Also sie kamen aus Japan und sind hier in England, und wir sind auch hier, und wir sind alle sehr weit weg von zu Hause und sind durch diese eine Sache, durch die Musik, verbunden. Das ist wirklich cool.

Wie läuft euer Produktionsprozess ab?

Jason: Im Grunde sitzen wir rund um den Laptop und spielen so lange mit Melodien und Rhythmen herum, bis es cool klingt. Wir jammen nicht wirklich mit all unseren Instrumenten in einem Raum, denn dann machen sich alle nur Sorgen darüber, was sie persönlich tun. Weil Sie das Gefühl haben, etwas hinzufügen zu müssen, auch wenn der Song es gar nicht benötigt. Deswegen sitzen wir lieber zusammen und reden darüber, was wir noch zu einem Track hinzufügen müssen, anstatt, dass jeder etwas tut, nur um etwas zu tun.

Angefangen von eurem Albumcover bis hin zur Merch ist bei euch alles sehr schön anzusehen. Ich nehme an, Ästhetik bedeutet euch sehr viel?

Jake: Ja, wir haben bei so ziemlich allem eine Hand im Spiel. Jason designt unsere Merch und das Albumcover, und allgemein reden wir gemeinsam sehr oft über unsere Visuals. Es ist definitiv etwas, worüber wir aktiv sprechen und nachdenken.

Glaubt ihr, das wird sich jemals ändern?

Jason: Ich bin zu sehr ein Arschloch, um irgendjemand anderen unsere Designs zu überlassen. Also wahrscheinlich nicht. Ich habe die Dinge manchmal sehr fest im Griff.

Joey: Er regiert mit eiserner Faust.

Wie wichtig ist euch der Kontakt zu euren Fans?

Jake: Das ist das Wichtigste. Es ist unser Lieblingsethos – wir selbst lieben DIY- und Punkbands, bei denen die ganze Idee darin besteht, dass die Fans ein Teil der größeren Sache sind, die die Band ist. Die Tatsache, dass sie so eine starke Bindung zu unserer Musik haben und ihre Kunst und Ideen mit uns teilen wollen, bedeutet, dass sie genauso in die Band investieren wie wir, wenn nicht sogar noch mehr. Das bedeutet uns wahnsinnig viel.

Wie versucht ihr euch von der unendlichen Masse an Bands abzuheben?

Jason: Ich denke, wir versuchen es, indem wir es nicht versuchen. So lahm das auch klingen mag.

Joey: Einfach nur wir selbst zu sein, wird uns abheben. Der Versuch, etwas anderes zu sein, würde uns nur wie Schwachköpfe aussehen lassen.

Jake: Absolut wahr. Das sind die Dinge in der Musikindustrie, die sich gerade durchsetzen. Dinge, die sich echt anfühlen, die authentisch sind, das ist alles, was die Leute wollen. Zu wissen, dass etwas echt ist.

Was bedeutet Musik für euch?

Kevin: Ich denke sie ist alles. Sie ist Stil, wie man sich verhält, einfach alles.

Jason: Musik übernahm mein Leben, als ich zehn Jahre alt war. Sie ist buchstäblich alles in meinem ganzen Leben. Ich war vor einiger Zeit mit unserem Tourmanager in den USA unterwegs, und wir haben darüber gesprochen, wie verrückt es ist, dass manche Leute nicht so sind. Natürlich ist jeder anders, aber es ist so verrückt, dass es buchstäblich das Einzige ist, woran ich denken kann. Es hat mich obdachlos und glücklich und depressiv gemacht, und alles in meinem ganzen Leben dreht sich darum.

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Laura Weingrill
Musikjournalistin Laura Weingrill stammt aus Bad Tatzmannsdorf und lebt derzeit in London. Sie schreibt monatlich von der Musik-Metropole aus die Kolumne „Soundnerd“ für das prima! Magazin über Musikerinnen und Musiker, die man unbedingt kennen muss – wie etwa die kalifornische Indieband HUNNY (siehe Titelfoto).

 

Lesen Sie auch den Blog von Laura Weingrill:

www.thatlemonlife.blog


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