Reportage

Das Moor in Oberwart

Wie ein verwildeter Waldstreifen wirkt das Oberwarter Moor beim Kreisverkehr an der B50 Richtung Unterschützen. Dabei handelt es sich um ein wertvolles Heilmoorgebiet von über 1.000 Jahren.

Foto © Reduce

Das Oberwarter Moorfeld ist ein Flachmoor und entfaltet seine Wirkung über spezfische physikalische Eigenschaften 

 

Rund 35 Hektar beträgt die Fläche des Oberwarter Moors in der Sicklau. Wobei knapp sechs Hektar im Eigentum der Bad Tatzmannsdorfer Kurbad GmbH sind. Und von hier stammt auch das Moor für die bekannten Therapien des Reduce Gesundheitsresorts. 

Ein Bad für die Prominenz

Im 17. und 18. Jahrhundert wurde dieses Moor in Oberwart bereits in Ziegelform ausgestochen, getrocknet und als Bau- und Brennmaterial verwendet. Die Asche wurde als Dünger auf die Felder aufgebracht. Von 1753 bis 1918 waren die Grafen Batthyány Besitzer von Bad Tatzmannsdorf. Durch ihre Reisen kannten sie auch das Franzenbad in Böhmen, wo sich die Prominenz der Donaumonarchie regelmäßig zur Kur traf. Etwa um 1880 fassten die Grafen den Entschluss, im Königreich Ungarn, konkret in Tatzmannsdorf, ein Bad nach diesem böhmischen Muster zu errichten, um die Prominenz der k.u.k. Monarchie auch nach Tatzmannsdorf zu bringen. So wurden 1889 die nötigen Grundstücke in Oberwart, die im Eigentum der dortigen Bauern waren, gekauft und es wurde mit dem Abbau des Heilmoores begonnen. Das Moor wurde auf dem jetzigen Standort in der Sicklau händisch gestochen und mit Fuhrwerken und Handkarren nach Tatzmannsdorf in Privathäuser wie auch ins Kurmittelhaus transportiert. Bereits damals versuchte man dort mit Auflegen der Moorerde gewisse Gelenksbeschwerden zu lindern. Nach diesen Behandlungen landete das Moor meistens in Küchengärten als Bodenlockerer. Das wegtransportierte Moor fehlte natürlich im Moorgebiet und so entstanden die Moorteiche. 

Über die heilende Wirkung des Moores waren sich die Grafen Batthyány sehr wohl bewusst. In einer Studie aus dem Jahr 1918 wurde auf die Wirksamkeit des Heilmoores bei verschiedenen Leiden hingewiesen. „Die Inhaltsstoffe wirken entzündungshemmend und hautglättend“, heißt es darin.

Das Heilmoor wird heute noch ohne jeden Zusatzstoff als kräftigende Packung aufgetragen. Es werden etwa 25 bis 30 kg Naturheilmoor für eine Moorpackung verwendet. Dieses Heilmoor ist besonders geeignet zur Behandlung von Abnützungserscheinungen der Wirbelsäule und der Gelenke. Ebenso bei entzündlichen Erkrankungen von Sehnen, Bändern und Muskeln sowie bei rheumatischen Beschwerden. 

Die therapeutische Anwendung vom Heilmoor benötigt eine kurärztliche Verordnung. 

Aufgrund der aktuellen Lage finden Therapien für externe Gäste möglicherweise eingeschränkt statt. Diese sind im Resort telefonisch zu erfragen. 

Die Arbeit am Moorfeld

Das Reduce Gesundheitsresort Bad Tatzmannsdorf sticht jährlich ca. 1.500 m3 Torf im eigenen Moorfeld in der Oberwarter Sicklau. „Nachhaltig“, wie es von der Geschäftsführung heißt, denn die „heilende Erde“, die als Moorpackung Verwendung findet, ist recyclebar. Nach Anwendung wird die schwarze Erde wieder ins Moorfeld gebracht, wo sie sich in etwa zehn Jahren regeneriert. Um das Moor vor Kunstdünger, Spritzmittel oder Jauche, die auf den benachbarten Grundstücken von den Landwirtinnen und Landwirten eingesetzt wurden, zu schützen, erwarb der damalige Geschäftsführer der Kurbad AG Rudolf Luipersbeck Anfang 1990 für das Reduce die westlich vom Moorfeld gelegenen Hanggrundstücke (bis auf ein einziges Grundstück eines Unterschützener Landwirtes). Auf diesen neu erworbenen Flächen wurde ein Laubwald mit einheimischen Bäumen und Sträuchern angepflanzt. Heute ist daraus ein prächtiger Wald entstanden. 

Moorgeschichten

Dieses mystische Moorgebiet war für viele Kinder ein beliebter, aber natürlich verbotener Spielplatz. Wie gefährlich das sein konnte, zeigt die Geschichte dreier Mädchen, die hier in den 1980er-Jahren mit ihrem Hund zum Spielen herkamen. Beim Stöckchenwerfen rutschte eines der Mädchen in einen Moorteich und konnte sich selbst nicht mehr befreien. Tatsächlich sorgte der Schäferhund dafür, dass die Situation gut ausging. Dieser rannte nämlich sofort herbei und an ihm konnte sich das Mädchen aus dem Moor ziehen. 

Außerdem ärgerte sich die Kurbad AG über Fischer, die hier verbotenerweise in den Moorteichen angelten und ihren Müll hinterließen. Und auch die Bevölkerung sah diesen Bereich als Mülldeponie an. 

Um derartige Vorfälle zu verhindern, ist das Moorgebiet der Kurbad GmbH seit den 1990er-Jahren umzäunt und nicht mehr zugänglich. Sehr zum Wohle der Natur, denn das Gebiet ist ein wertvoller Lebensraum für seltene Pflanzen wie der Sibirien-Schwertlilie, der gelben Trollblume oder dem rosaroten Sumpfstorchschnabel. Auch seltene Vogelarten wie die Goldammer oder der Neuntöter sind hier zu finden. 

Ein besonderer Fund wurde bei Grabungsarbeiten 1995 gemacht. Man entdeckte zwei etwa 90 cm dicke und fünf Meter lange Mooreichen. Da sich damals außer dem Ollersdorfer Künstler Professor Josef Lehner niemand für diese Besonderheiten interessierte, bekam der Künstler diese prächtigen Eichen. Als Gegenleistung fertigte er drei Wappen aus Edelholz für die Gemeinde Oberwart an: das österreichische, das burgenländische und das Oberwarter. Diese drei Wappen befinden sich heute noch im Bürgermeisterzimmer im Rathaus. Das Moor in Oberwart kann jedenfalls als Basis für die erfolgreiche Entwicklung des Kurortes Bad Tatzmannsdorf gesehen werden und hat wesentlich zur Positionierung als Gesundheits- und Tourismusregion beigetragen.


Europa Trollblume

Sibirien Schwertlilie

Sumpf Storchschnabel

Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

1 Antworten