Bitte lächeln!
Eine Frau steht plötzlich in der Redaktion vor mir, als ich telefoniere. Sie will eine kurze Auskunft bezüglich der Parkzone vor meinem Büro. Ich bin etwas ungehalten, weil sie mich in meinem Gespräch unterbricht. Doch bevor sie geht, bedankt sie sich bei mir – weil sie die prima! so gern liest. Für mich gibt es nichts Beschämenderes als den Moment, wenn meine eigene Unfreundlichkeit und Unzulänglichkeit auf die Herzlichkeit und Gelassenheit meines Gegenübers trifft. Selten fühle ich mich so klein.
Sich nicht in den täglichen destruktiven Strudel hineinziehen zu lassen, kostet Kraft. Aber benötigt auch den bewussten Wunsch, es anders machen zu wollen. Im eigenen Umfeld. Bei Kleinigkeiten. Ein wesentlicher Faktor zu einem zufriedenen Leben ist, selbstbestimmt handeln zu können, sagt Dr. Erwin Gollner von der FH Burgenland im prima! Interview. Die letzten Jahre waren geprägt von der Grundstimmung, dass wir eben genau das nicht können. Wir können nur am Rande mitbestimmen, womit uns das Leben konfrontiert. Aber wir können immer entscheiden, ob wir der Welt ein zwideres Gesicht zeigen oder sie unser Lächeln sieht. Und das Erstaunliche dabei ist – diese Entscheidung ändert automatisch unsere innere Haltung und Wahrnehmung.
Ich habe später an diesem Tag den alten Mann, der meinen Gruß nicht erwidert hat, nur am Rande registriert, sondern vielmehr das junge Mädchen wahrgenommen, das im Vorbeigehen zurückgenickt hat. Ich hab mich nicht darüber geärgert, dass neben meinem Auto jemand seine Zigarettenstummel entsorgt hat, sondern habe dadurch die Gelegenheit gehabt, auf dem Weg zu den Mülltonnen mit der älteren Dame vom zweiten Stock ein paar Worte zu wechseln. Und wieder einmal habe ich festgestellt:
Menschen, die lächeln, sind einfach schön.
Nicole Mühl