Kommentar

Zeitfenster

Alles zu seiner Zeit. Hat alles seine Zeit. Das Nahe wird weit. Das Warme wird kalt. Der Junge wird alt. Das Kalte wird warm. Der Reiche wird arm. Der Narre gescheit. Alles zu seiner Zeit. (J.W. von Goethe)

Ein Kommentar von Feri Tschank.

Auch für diese Krise gilt, sie wird irgendwann vorbei sein, weil Gas vielleicht aus Norwegen und den Golfstaaten kommt, weil Häuser und Wohnungen gedämmt wurden, weil sich mehr Windräder drehen und Solaranlagen in Betrieb sind. Wenn der Winter nicht zu kalt wird und auch sonst alles gutgeht, dann lässt sich der Energiebedarf vielleicht schon im kommenden Jahr auf diese Weise decken. Die Frage ist nur, in welchem Zustand unser Land dann sein wird, was aus unserem Leben unwiederbringlich verschwunden sein wird: der Bäcker, der Wirt, das Kaffeehaus, der kleine Betrieb, der es nicht mehr geschafft hat. Sie alle werden nie mehr kommen. Man könnte sich natürlich selbst beim Schopf packen, lokal einkaufen und nicht wegen ein paar Gutscheinmarkerl ins Auto steigen.

Womit wir beim Geiz sind, den jemand so definiert: „Geizig ist nicht jemand, der möglichst wenig zahlen will, sondern jemand, der es nicht will, obwohl er es könnte.“ Nur für den Fall, man hat es vergessen, Geiz zählt zu den sieben Todsünden, gleich nach Hochmut und noch vor Wolllust, Zorn, Völlerei und Faulheit. Wenn man da jetzt Gewissenserforschung betreibt, was genau davon haben wir im Laufe unseres Lebens wohl ausgelassen?

Aber wie heißt es so schön: Letztendlich macht der Tod alle gleich. Wenn man allerdings so durch die Friedhöfe streift, stimmt selbst das nicht. Bei drei Dingen wird bei uns nicht gespart: bei Kindern, Hochzeiten und Grabstätten. Wobei bei Letzteren wohl auch die Höhe der Erbschaft eine Rolle spielen mag. Es gibt aber schon auch Menschen, die sich ihr Grab zu Lebzeiten gesichert haben. Lediglich das Sterbedatum fehlt. Sicher ist sicher, man will ja wissen, wo und neben wem man liegt. Aber wenn es einen zu Lebzeiten glücklich macht, warum auch nicht. Dem Toten ist ein schlichtes Holzkreuz genauso egal wie ein glänzender Marmorstein.

Ich für meinen Teil bin ja mehr fürs Verbrennen, obwohl wir dazu in unserem Kulturkreis ein etwas gestörtes Verhältnis haben. Ich würde mich auf jeden Fall in einem Topf wohler fühlen, als in einem feuchten Grab, wo jedes Jahr Geld und Mühen verschwendet werden, um es zu schmücken, man Wühlmäuse und Buchsbaumzünsler bekämpft. Außerdem finde ich es über den Tod hinaus egoistisch, seinen Nachfahren so etwas zuzumuten. Da lob ich mir eine Vase, die transportabel ist, deren Aufbewahrungsort kein Statussymbol benötigt. Macht sich gut im Bücherschrank oder in einem kleinen Schrein unter dem Lebensbaum. Ist übrigens nach Genehmigung durch den Bürgermeister in Österreich erlaubt. Die Asche der Erbtante, die einem letztendlich doch nichts vererbt hat, im Hühnerstall auszustreuen, ist aber verboten.

So viel zu Allerheiligen, denn kürzlich habe ich gehört, man soll nicht zu viel an das Alter denken und auch nicht an den Tod und so was, sonst verzweifelt man. Aber es gibt ja ohnedies genug anderes, was uns davon ablenkt. Es sei denn wir wären Ukrainer oder arme russische Soldaten, die gegen einen Feind kämpfen müssen, der nicht der ihre ist und ihr Leben für etwas geben, das keinen Sinn ergibt.

Übrigens, ist Ihnen aufgefallen, der alte „Aufreger“ Flüchtlinge findet momentan nicht statt, Impfen scheint zu einem Evergreen zu werden und Heizen ist im Kommen. Noch spüren wir es ja nur am Rande, aber es wird uns allen wehtun. Wie auch immer, wir müssen da durch und irgendwie werden wir es auch schaffen. Es gab schlimmere Zeiten in diesem Land. Wir jammern noch auf hohem Niveau. Trotz Heizkosten-Panik liebe ich diese Jahreszeit. Ich mag den Nebel, die bunten Wälder, den Geruch von gärendem Wein, Sturm und gerösteten Kastanien. Werd ich halt heuer wieder öfter warme Socken tragen, mich in eine warme Decke kuscheln und nicht mit kurzer Hose und Leibchen durch die 24 Grad warme Wohnung laufen. Was ich allerdings sowieso nie getan habe, zumindest nicht bei 24 Grad.

Der Wahlspruch eines großen Österreichers, des Dichters Karl Kraus, was denn das Wichtigste im Leben sei, lautet: eine gute Verdauung und warme Füße.

Noch was wollte ich loswerden: Wussten Sie, dass es auf Erden 20 Billiarden Ameisen geben soll? Und wenn man bedenkt, dass das Gehirn bei Ameisen sechs Prozent des Körpergewichts ausmacht, wohingegen es bei uns Menschen nur zwei Prozent sind, könnte man fast meinen, dass die Ameisen in ihrer Gesamtheit womöglich mehr Hirn haben als wir Menschen. Und die Moral von der Geschicht … kenn ich nicht.

Alles Liebe und passen Sie auf sich auf, Ihr Feri Tschank


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