Editorial
Wer wir sein könnten
Ich glaube an die Kraft des Wortes. Daran, dass Journalismus nicht bloß berichten soll, sondern berühren. Aufklären. Aufzeigen. prima! ist ein Bekenntnis zu einer Berichterstattung, die Diskriminierung meidet, Minderheiten schützt und Verantwortung übernimmt für jene, die keine Stimme haben. Egal ob Mensch oder Tier – für jedes Lebewesen. So steht es in unseren Richtlinien und für mich ist es eine Lebenshaltung.
Echte Verantwortung beginnt dort, wo das Schweigen am lautesten ist. Bei jenen, die ganz am Ende der gesellschaftlichen Wahrnehmung stehen. Bei den Letzten in der Rangordnung unseres Mitgefühls. Schweine gehören zu den intelligentesten, sensibelsten Wesen unserer Mitwelt. Und doch zählen sie zu den unsichtbarsten Opfern unserer Zivilisation, obwohl sie biologisch und besonders emotional verblüffende Parallelen zu uns aufweisen. (Lesen Sie dazu den Kommentar von Alice Siebenbrunner auf Seite 22.) Der Großteil der Schweine lebt auf Vollspaltenböden – Betonböden ohne Stroh, ohne Würde und ohne Leben. Sie leiden leise, anonym, sie sind das blinde Auge unserer Gesellschaft.
Das Burgenland hat als erstes Bundesland den Mut bewiesen, sich klar gegen die Vollspaltenhaltung zu positionieren. Aber auch wir als Bürger:innen müssen einen Beitrag leisten und darauf achten, wie viel und welches Fleisch wir essen. Wir brauchen nicht mehr davon. Wir brauchen besseres. Ethisches. Weniger, aber wertvoller. Wenn Fleisch wieder einen Wert hat, bekommt auch das Leben dieser Tiere wieder einen. Wer hinsieht und wer bereit ist, für ethische Landwirtschaft mehr zu bezahlen, der verändert etwas. Für ein System, das Tiere nicht brechen muss, um zu funktionieren. Es ist Zeit, dass wir uns erinnern, wer wir sein könnten: mitfühlend, verantwortungsvoll, menschlich – gerade dort, wo niemand mehr hinsieht.
Nicole Mühl
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