Kommentar

Bodenversiegelung nimmt uns den Lebensraum

Verdichtet, gepflastert, asphaltiert, betoniert, überbaut...

Foto: Baumfreunde Oberwart

Der Erdboden ist – mit minimalen Abweichungen – ein unvermehrbares Gut und wie Wasser und Luft die Grundlage für alles Leben auf unserem Planeten. Diesen Tatsachen zum Trotz spielt sich weltweit eine sich potenzierende Entwicklung ab:

Einerseits nimmt die Weltbevölkerung rasant zu, andererseits schrumpft die nutzbare Erdoberfläche, hauptsächlich durch Bodenversiegelung in diversen Formen, durch Erosion, Wüstenbildung und steigende Meeresspiegel.

Da jedes Landlebewesen eine ausreichend große Fläche zum Überleben benötigt, kommt unweigerlich der Zeitpunkt, an dem die Weltbevölkerung trotz ausufernden Chemieeinsatzes nicht mehr ernährt werden kann – mit den voraussehbar dramatischen Folgen.

Bezüglich der Klimasituation kommt erschwerend dazu, dass die zwei- bis dreifache Menge CO2 der Erdatmosphäre im Boden gespeichert wird, im übrigen zum Großteil in Mooren. Es ist daher in hohem Maße unverantwortlich, Moore trocken zu legen und Torf abzubauen, außer zu therapeutischen Zwecken. Bereits minimale Veränderungen haben daher besonders gravierende Auswirkungen auf das Weltklima.

Zu bedenken ist weiters, dass die Ressource Boden, gemessen im menschlichen Zeitmaßstab nicht erneuerbar ist. (In der Natur braucht es zwischen 100 und 200 Jahre, bis sich eine
1 cm dicke Humusschicht gebildet hat).

Den aus obigen Tatsachen ableitbaren, dringenden Handlungsbedarf sollen die nachfolgenden österreichischen Daten vom Umweltbundesamt 2019 illustrieren:

• Verkehrsflächen: Österreichschnitt 128 m²/Kopf (Burgenland 277 m²/Kopf)
Bauflächen: Österreichschnitt 129 m²/Kopf (Burgenland 212 m²/Kopf)
In Summe sind das österreichweit 257 m²/Kopf (Burgenland 489 m²/Kopf)

Dieser hypertrophe Bodenverbrauch geht allerdings lustig weiter:
Täglich werden in Österreich 11,8 ha Boden verbraucht, davon 41% versiegelt. Um es optisch anschaulich zu präsentieren: Das sind die viel zitierten 16 Fußballfelder pro Tag!

Sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz liegen die Ausmaße der verbrauchten bzw. versiegelten Bodenflächen pro Kopf deutlich unter den österreichischen, Zeitungsberichten zufolge um mehr als die Hälfte.
Bodenverbrauch und Bodenversiegelung werden auch in Zukunft nicht komplett zu verhindern sein, wären aber zumindest auf das von der EU geforderte nachhaltige Maß von 2,5 ha/Tag einzubremsen.

Einige Vorschläge zur Reduktion der Bodenversiegelung

• Weg von der Zersiedelung unserer Landschaft durch Bauten auf der grünen Wiese bzw. am Ortsrand, hin zur Wiederbelebung der verödenden Ortskerne.
• Weg vom freistehenden, Flächen fressenden (erdgeschossigen) Einfamilienhaus und hin zum zweigeschossigen verdichteten Flachbau.
• Weg von der Versiegelung der Parkflächen, Zufahrten, Vorgärten etc. und Einsatz von versickerungsfähigen Bodenoberflächen, wie z.B. Rasengittersteine, Porenpflaster, Schotterrasen, Holzpflaster etc.
• Entsiegeln und Rekultivieren von aufgelassenen Gewerbe- und Industrieflächen (in Österreich sind das immerhin brachliegende 400 km²).

Endziel müsste sein, dass beim geplanten Neubau eines Gebäudekomplexes ab einer gewissen Größenordnung ein Flächenrecycling in gleicher Größe zur Bedingung für die Baugenehmigung gemacht wird.

Und unsere Bäume?

Ähnlich sorglos wie mit dem Boden wird hierzulande mit dem Baumbestand umgegangen. Das zunehmende, zum Teil verantwortungslose Zurückschneiden und Fällen von alten Bäumen (vor allem im innerstädtischen Bereich) infolge von immer strengeren Haftungsmaßnahmen für Baumeigentümer muss in vernünftige Bahnen gelenkt werden. Gefordert ist eine gesetzliche Regelung, die sowohl das natürliche Risiko durch den Baumbestand als auch den positiven Beitrag der Bäume für Mensch und Umwelt in ein ausgewogenes Verhältnis bringt! (Details über die enorm positive Wirkung von Bäumen, siehe weitere Beiträge in dieser Artikelserie) Eine Verpflichtung zu gleichwertigen Ersatzpflanzungen von gefällten Bäumen, vor allem im städtischen Bereich und bei Neubaumaßnahmen müsste gesetzlich vorgesehen werden.

Das Verhältnis von Natur und Bauwesen ist daher neu zu definieren: Baukultur nimmt Rücksicht auf die Tradition einer Region, auf die Landschaft, die unvermehrbare Ressource Boden, auf Bau- und Baumbestand, auf Ökologie und letztlich auch Ökonomie.


Verdichtet, gepflastert, asphaltiert, betoniert, überbaut ...

Prof. DI Hellmut Rauch, Architekt I.R.
Baumfreunde Oberwart*
Ohne Bäume kein Leben – die Serie zur Bewusstseinsbildung für mehr Baumschutz

* Die Baumfreunde Oberwart ist eine überparteiliche und unabhängige private Initiative engagierter OberwarterInnen.


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