Porträt

Blütenblätter als Rüstung

Seit ihrem 16. Lebensjahr schreibt Hayley Williams als Leadsängerin der weltbekannten Indie-Rock-Gruppe Paramore Musikgeschichte. Da ist es nur verständlich, dass sie bis zuvor nur zögerlich über die Idee eines Solo-Projektes nachdachte. Nun ist es aber soweit – mit dem im Mai erscheinenden Solo-Album „Petals For Armor“ läutet die 31 Jährige eine neue Ära ein.

Soundnerd

Das ganze Leben ist ein Soundtrack – so sieht es zumindest Laura Weingrill. Denn während sich die Welt dreht, hört sie Musik. Und wem die eigene Playlist mit der Zeit zu eintönig wird, dem verpasst sie hier jeden Monat eine neue Portion aufregender Sounds.


Hayley Williams ist seit langem gleichzeitig frei und behütet, jemand, der mit rückhaltloser Genauigkeit über Schmerz, Depression und Sehnsucht schreiben kann, aber immer noch die tiefsten Schmerzen in der Brust behält. Insbesondere mit ihrer Band Paramore und dessen letzten Album „After Laughter“, aus dem Jahr 2017“, sah sie einer brutal ehrlichen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit entgegen. Sie sinnierte über Trauer, Hoffnungslosigkeit und die extrem bewegte Geschichte ihrer Band und ließ dabei ihre Maske (absichtlich) zum ersten Mal über die Musik gleiten, die den Weg der Band in Richtung Pop-Euphorie fortsetzte.

Einige Jahre und den Beginn einer Solo-Karriere später, ist „After Laughter“ nur noch ein Schwall aus unzähligen bunten Neonlichtern, während „Simmer, Williams‘ neueste Solo-Single, als Geiwtterwolke daherkommt, die ihre dunkle Seite leise brodeln lässt. Die dunklen Synthesizer des Tracks, die spärliche Gitarre und der gekonnte Mix aus elektronischen und Live-Schlagzeugen zeichnen eine gedämpfte Palette aus, die die Freiheit und den Mut der Sängerin spürbar werden lässt.

„Wut ist eine leise Sache“, knurrt Williams über pulsierende Synthesizer, die wie Wespen im Inneren eines Nestes summen. Die Sängerin verweilt geschickt im unteren Bereich ihres Stimmregisters und kommt manchmal kaum über einem Flüsterton. Aber trotz all der Veränderungen ist „Simmer“, so wie auch der Rest des am 8. Mai erscheinenden Albums, noch immer eine Paramore-Affäre. Während Gitarrist Taylor York als Produzent der Platte für eine düstere Atmosphäre sorgt, unterstützt Bassist Joey Howard seine Bandkollegin mit süchtig machenden Gitarren- und Keyboardlinien. So wird „Simmer“ zu einer nahtlosen Synthese aus dunklem Gitarren-Pop und cooler Elektronik, die sowohl ruhig als auch aufregend ist.

Es ist keine große Überraschung, Williams nach all der Zeit mit einem Solo-Projekt auftauchen zu sehen, und auf der ersten Single „Simmer“ ist das Gefühl des Unbekannten eindeutig spürbar. Als dunkler und verdrehter Pop-Curveball beginnt der Song einen neuen Weg für die talentierte Sängerin und dient als deutlicher Beweis, dass Hayley Williams durchaus in der Lage ist, eine ganz andere Art musikalischer Wunder hervorzubringen.


Laura Weingrill
Musikjournalistin Laura Weingrill stammt aus Bad Tatzmannsdorf und lebt derzeit in England.

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