Reportage

Wenn die Glocke in Siget läutet…

...dann ist das schon etwas Besonderes. In Siget steht immerhin die älteste katholische Kirche des Burgenlandes.

Foto: Willi Hodits

 

Die Rot-Blau-Ocker-Malerei.

 

Lieblich, so würde wohl ein Fremder Siget in der Wart beschreiben. Ein burgenländisches Dorf – genau genommen ein Ortsteil der Gemeinde Rotenturm – in dem 297 Einwohner leben. Aber immerhin hat der Ort zwei Kirchen: eine evangelische AB und unweit davon die katholische Kirche. Und genau diese weist eine bedeutende Geschichte auf.

Über die Jahre wurde fälschlicherweise verbreitet, dass diese kleine aber außergewöhnliche Kirche im Jahr 1648 als evangelisches Gotteshaus errichtet worden war. Das ist jedoch schon im Hinblick auf das Toleranzpatent von Kaiser Josef II, das erst 1781 in Kraft trat und den Evangelischen die Ausübung ihrer Religion gestattete, unmöglich.

Erst eine wissenschaftliche Untersuchung durch Mag. Franz Sauer vom Bundesdenkmalamt, Abteilung für Archäologie im Jahr 2018 brachte ein unglaubliches Ergebnis zu Tage: Die katholische Kirche in Siget in der Wart wurde im 9. Jahrhundert errichtet. Am 13. Jänner 865 wurde sie vom Salzburger Erzbischof Adalwin eingeweiht. Damit wird auch der Beweis gelegt, dass diese katholische Kirche in Siget in der Wart die älteste Kirche des Burgenlandes ist. Seit 1940 ist die Kirche in Siget eine Filiale der Pfarre Unterwart. Davor war sie eine Filiale Oberwarts.

Der Schatz von Siget

Im Jahr 1983 wurde vom Bundesdenkmalamt eine archäologische Untersuchung der katholischen Kirche in Siget durchgeführt. Dabei wurde ein österreichweit einzigartiges Denkmalobjekt entdeckt: die sogenannte Rot-Blau-Ocker-Malerei, die von Westungarn bis Siebenbürgen in protestantischen Sakralbauten zu finden ist. Diese Malerei in Siget bleibt bisher das einzige erhaltene Exemplar dieser außergewöhnlichen Freihandtechnik und ziert die Decke und das Gewölbe des Gebäudes.

Wer die Kirche in Siget betritt, darf nicht mit Prunk und Glanz rechnen. Es ist die Einfachheit, die diese Kirche so einmalig macht. Die Einrichtung könnte als „mangelhaft“ bezeichnet werden. Es gibt keinen Hochaltar, kein Taufbecken, keinen Tabernakel, keine Sakristei und keinen Beichtstuhl. Und – es gibt keine Standorgel.

Im Eingangsbereich ist ein steinernes Weihwasserbecken aus dem 15. Jahrhundert. 1757 entstand ein einfacher barocker Hochaltar mit dem bemalten Bild der Maria Immaculata (unbefleckte Empfängnis). In diesem Originalzustand sieht man den Hochaltar heute nicht mehr. Das ehemalige Altarbild mit dem geschnitzten hölzernen Rahmen und dem Bild der Maria Immaculata hängt seit 1983 an der linken Seitenwand der Kirche.

Es zeigt im oberen Bereich die Dreifaltigkeit, links den Hl. Nepomuk und rechts oben den Hl. Ladislaus. Im unteren Bereich ist links der Hl. Sebastian dargestellt. Rechts sieht man den Hl. Rochus. Auf dem heute vorhandenen steinernen Volksaltar steht ein Kreuz aus dem 19. Jahrhundert.

Der Blick geht zur Apsis, wo die reiche Gewölbedekoration mit dieser einzigartigen Maltechnik sofort ins Auge springt.

Auch die noch teilweise im Originalzustand vorhandenen Fenstereinfassungen und die im Bezirk Oberwart einzigartige Steinkanzel sind Besonderheiten dieses Gebäudes.

Selten sieht man hierzulande einen hölzernen Glockenturm, wie hier in Siget. Die Glocke wurde im Jahr 1651 gegossen und gehört damit zu den ältesten in Österreich. Einmal im Monat feiert Pfarrer Pater Adalbert Gáspár aus Unterwart hier in Siget die heilige Messe in deutscher Sprache. Durchschnittlich sind es 15 Messbesucher, die daran teilnehmen. Vielleicht werden es mehr, wenn die historische Einzigartigkeit dieses Gotteshauses den Menschen bewusster wird.

>> Der Artikel „Frühmittelalterliche Kirchen im Burgenland“ von Mag. Franz Sauer erscheint im Frühjahr 2020 im Heft „Archäologie Aktuell“.

Stadtführungen Oberwart
Ing. Wilhelm Hodits
0664/50 44 554


Katholische Kirche in Siget - dahinter ist die evangelische zu sehen.

Der Innenraum der Kirche.

Die im Bezirk Oberwart einzige erhaltene Steinkanzel.

Das ehemalige Altarbild mit Maria Immaculata.

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