Reportage

Die Ärztin im Haus

Fährt man durch das Burgenland, führt kein Weg an Bernstein vorbei. Vor rund einem Jahr wurde das Gemeindezentrum eröffnet. Ein Ausnahmeprojekt, wie OSG-Geschäftsführer Alfred Kollar sagt. Jetzt ist der größte burgenländische Bauträger gerade dabei, die Gemeinschaftspraxis mit den darüberliegenden Wohnungen am Standort des alten Gemeindeamtes fertigzustellen.

Foto: OSG

Wo vor Kurzem noch das alte Gemeindeamt in Bernstein stand, wird gerade das „Ärztehaus“ (Gemeinschaftspraxis mit Wohnungen darüberliegend) fertiggestellt.

 

Es gibt sie, diese Ortschaften, wo die Uhren anders ticken. Irgendwie haben sie sich etwas von Nostalgie bewahrt und sich trotzdem weiterentwickelt. Aber allein beim Durchfahren erahnt man eine interessante Geschichte dahinter. So wie in Bernstein. Natürlich ist der Ort allein schon durch seinen Bodenschatz, dem Edelserpentin, geprägt. Museum, Schmuckgeschäft, daneben ein bezauberndes nostalgisches Kaffeehaus, das vom Burgherrn selbst geführt wird. Bernstein ist schon ein wenig retro.

Seit 2011 ist Renate Habetler als Bürgermeisterin für die Gemeinde verantwortlich und versucht, bei Bauprojekten den Spagat zu schaffen zwischen Erhalt des Charakteristischen und dennoch stetig einen Schritt nach vorne zu machen. „Die Auflagen gerade im Kommunalbau sind höher geworden. Bei manchen alten Gebäuden ist eine Sanierung und Modernisierung nach bautechnischen Vorgaben gar nicht möglich. Da geht nur ein Neubau“, erklärt die Bürgermeisterin. So wie beim neuen „Ärztehaus“. Partner dabei ist die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG). Und zu der hat Bernstein eine ganz besondere Verbindung. 69 Wohnungen hat die OSG in der Großgemeinde bereits errichtet. Was der ehemalige Bürgermeister Johann Schmidt – er ist übrigens auch Vorsitzender des Aufsichtsrates der OSG – begonnen hat, setzt Renate Habetler fort. „Warum uns die OSG als Partner so wichtig ist? Weil wir hier mit Profis zusammenarbeiten, die nicht nur die Erfahrung und das Know-how haben, sondern weil sie ‚burgenländisch‘ bauen und Firmen aus der Region beauftragen“, so Habetler. Eines ihrer Highlights, die sie gemeinsam mit der OSG verwirklichen konnte, ist die Überbauung des ursprünglichen Einkaufsmarktes direkt an der B50. „Für uns ist das ein gelungenes Projekt einer Ortskerngestaltung und ein Ausnahmeprojekt“, erklärt auch OSG-Chef Alfred Kollar. Aus dem eingeschoßigen Gewerbeobjekt hat die OSG eine Art Infrastruktur-Check-Point geschaffen mit dem Titel „Gemeindezentrum“. „Hier wurde das Gemeindeamt implementiert, ebenso der Bauhof und ein Nah & Frisch Supermarkt. Auch das Friseurgeschäft ist hier beheimatet. Auf dieses Objekt wurde dann ein Wohnobjekt mit sieben Wohnungen draufgesetzt“, erklärt Kollar weiter. Ein Projekt, das selbst für die OSG als größter Wohnbauträger des Burgenlandes etwas Außergewöhnliches ist. Wichtig dabei ist für Alfred Kollar aber auch, dass für das neue Gemeindezentrum und die Wohnungen ein bestehendes Objekt genutzt wurde und es zu keiner neuerlichen Bodenversiegelung gekommen ist.

Nachnutzung des „alten“ Gemeindezentrums

Die Frage, was mit dem alten Gemeindezentrum passiert, beschäftigte Renate Habetler, die Gemeinderäte in Bernstein und auch die OSG als Bauträger intensiv. „Natürlich haben wir uns zuerst einmal die Frage gestellt, ob man das Gebäude modernisieren könne, denn die Erhaltung alter Häuser ist uns und der OSG ein Anliegen“, so Renate Habetler. „Aber nur, wenn es sinnvoll und vertretbar ist“, fügt sie hinzu. Beim alten Gemeindezentrum war die Entscheidung für einen kompletten Neubau sehr schnell getroffen. „Eine Sanierung hätte den Rahmen gesprengt und wäre nicht möglich gewesen“, bestätigt auch der OSG-Geschäftsführer. Nach den Plänen des Oberwarter Architekten Martin Schwartz wird hier eine Gemeinschaftsordination im Erdgeschoß errichtet, darüberliegend entstehen vier Wohnungen. „Das Thema Ortskernnachnutzung ist uns sehr wichtig, und wir haben hier anstelle des alten Gemeindezentrums nun ein neues Haus errichtet, das den modernen baulichen Bestimmungen entspricht.

Was dabei besonders wichtig ist: Die Gemeinde musste hier keine zusätzliche Infrastruktur schaffen. Kanal, Wasser, Straßen, Gehsteig, Beleuchtung – alles ist bereits vorhanden, und die Gemeinde muss dafür keinen Euro in die Hand nehmen. Das sind für mich Akzente, die wichtig sind“, erklärt Alfred Kollar.
Auch bei diesem Bau wurden Firmen aus der Region beauftragt. Der ortsansässige Haustechnik-Betrieb Karner hat die Installationsarbeiten durchgeführt. Für die Zimmererarbeiten wurde die Firma Igler aus Markt Allhau beauftragt. Die Türen kommen vom Litzelsdorfer Fachbetrieb Schuster. Hoffmann aus Oberwart zeichnet für die Böden verantwortlich. Und auch bei der Elektrik ist man nicht weiter als nach Oberwart gegangen und hat die Firma Elektro GF beauftragt. Das sind nur einige der Fachbetriebe, die für die reibungslose Arbeit auf der Baustelle und das zügige Voranschreiten des Projekts verantwortlich sind.

Praxis und Wohnungen

Das alte Gemeindeamt musste also abgetragen werden. Dieser erste wichtige Teil des Projektes wurde von der Riedlingsdorfer Firma AEH übernommen. Anstelle des alten Gebäudes entstand im Erdgeschoß eine Gemeinschaftspraxis, in der bereits jetzt die Allgemeinmedizinerin Susanne Janisch ihre Ordination beziehen wird. Für einen weiteren Arzt bzw. eine Ärztin stehen noch Ordinationsräume frei. Darüberliegend wurden drei Wohnungen errichtet, die dann über einen gemeinsamen Stiegenaufgang zu einer vierten Wohnung führen, die über eine Terrasse mit einem atemberaubenden Blick über die Dächer von Bernstein verfügt.

Die Herausforderung

Doch was so einfach klingt, stellte schon eine Herausforderung für die Baufirmen dar. Da das alte Gemeindeamt mit dem Nachbargebäude verbunden bzw. zusammengebaut war, musste das Außenmauerwerk teilweise händisch abgetragen werden, um Schäden am Nachbargebäude zu verhindern. „Da haben die Baufirmen schon Großartieges geleistet“, weiß Kollar. Aufgrund der begrenzten Möglichkeit, auf der Baustelle Material zu lagern, geschweige denn hier den Baukran aufzustellen, musste die Josef Haydngasse für den Straßenverkehr gesperrt werden. „Alles kein Problem, wenn rasch und sauber gearbeitet wird“, sagt der OSG-Chef.

Das nächste Problem ergab sich bei der Herstellung der Fundamente. „Diese mussten abschnittsweise erfolgen, da das Nachbargebäude vom Fußbodenniveau etwa einen Meter höher liegt als das Fußbodenniveau der Ordination.“ Auch diese Tatsache ist für die OSG und ihre Partner kein Hindernis. Die Beheizung des Gebäudes erfolgt mittels Luftwärmepumpe sowie einer Fußbodenheizung. Die Ordination wird Anfang Juli übergeben. Die Wohnungen können spätestens im September von ihren neuen Bewohnern bezogen werden.

Visionen

Bernstein hat noch einiges an Bautätigkeiten geplant. Das seit Jahren leer stehende ehemalige Gasthaus Hanel am Hauptplatz ist das nächste große Projekt von Gemeinde und OSG. „Hier gibt es bereits die ersten konkreten Überlegungen“, verrät Alfred Kollar. Auch hier wird man das alte Gebäude nicht sanieren können, sondern einen kompletten Neubau durchführen. „Im Erdgeschoß ist eine gewerbliche Nutzung geplant. Darüber liegend werden Wohnungen errichtet. Von Kleinwohnungen bis hin zu Dachterrassenwohnungen im Obergeschoß“, erläutert Kollar.

Der Start wird im zweiten Halbjahr sein. Nach Ostern des nächsten Jahres wird mit dem Bau begonnen werden. „Auch hier ist für uns das große Thema die Nachnutzung von leerstehenden Gebäuden im Sinne einer Ortskerngestaltung“, so Kollar.

Bürgermeisterin Renate Habetler würde sich freuen, wenn auf diesem prominenten Platz Unternehmen ihren Standort finden, die zur touristischen Belebung des Ortes beitragen. „Vielleicht eine Konditorei“, denkt sie laut nach. In jedem Fall geht die Bautätigkeit der OSG in Bernstein in die nächste Runde.


Renate Habetler und Alfred Koller
Bernsteins Bürgermeisterin Renate Habetler (SPÖ) und OSG-Geschäftsführer und Obmann KR Dr. Alfred Kollar.

Gemeinschaftspraxis
Eine Gemeinschaftspraxis mit Wohnungen – das alte Gemeindezentrum in Bernstein wird effektiv nachgenutzt.
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