Reportage

Es klappert die Mühle …

Auf die Posch Mühle in Hartberg trifft dieses alte Müller-Lied wohl nicht zu. Sie besteht seit fast 500 Jahren, aber das Mühlenrad gibt es längst nicht mehr. Und von einem rauschenden Bach war hier auch anno dazumal keine Spur. Die Tradition und das alte Handwerk werden von Roman und Veronika Posch jedoch gelebt. Seit drei Generationen ist die Mühle in Besitz der Familie.

Foto: Olga Seus

Die Posch Mühle in Hartberg. An der Außenfassade erinnert eine riesige Grafik an das alte Wasserrad, das früher die Mühle antrieb.

 

1542, als die Mühle gebaut wurde, führte der angrenzende Brühlbach noch genug Wasser, um das Mühlenrad anzutreiben. „Viel war es natürlich auch damals nicht“, weiß Veronika Posch zu berichten, „aber es hat gereicht.“ Ein Teil der Brühl, die vom Hartberger Ring in Richtung Hauptplatz fließt, wurde umgeleitet und betrieb die Mühle. Als im Laufe der Jahre der Wasserstand zurückging, mussten innovative Ideen her. „Das Mehl wurde nun im sogenannten Rückschütt-Verfahren gemahlen, das dauert zwar länger, aber benötigt weniger Wasser, da man das Mehl in mehreren Durchgängen mahlt“, so die Frau des Hauses weiter. 1979 wurde das Wasserrecht zurückgegeben, da der Wasserstand weiter fallend war und die Mühle seit 1978 endgültig rein elektrisch betrieben wurde.

An das alte Wasserrad, das einst die Mühle antrieb, erinnert heute nur noch eine Grafik an der Hauswand. Die Tradition des Handwerks wird in der Posch Mühle aber hochgehalten. „Heute haben wir in der Mühle alle Verfahren: Rückschütt und vollautomatisch. Wir können das je nach Produkt variieren“, erklärt Roman Posch.

Vom Getreide zum Mehl

Schon ist er mitten in seinem Element, erzählt, in welchen Schritten aus Getreide Mehl wird. Zunächst muss es gesäubert werden, durch Siebe und Luft wird das Getreide von jedem Fremdkörper gereinigt wie Beikräuter, Staub, Steine, manchmal auch von Metall. Danach wird das Getreide gemahlen, zuerst zu Schrot, dann zu Grieß, zuletzt zu Mehl. Durch Aufzüge, „Elevatoren“ im Fachjargon, gelangt das zerkleinerte Getreide immer wieder oben in die Mühle hinein, geht durch eine neue „Passage“, wie der Ausdruck für einen Durchgang lautet. Sechs Schrotpassagen, vier Grießpassagen und schließlich noch einmal sechs Mehlpassagen, also insgesamt bis zu 16 Mal kann ein einzelnes Produkt die Mühle durchlaufen. Muss es aber gar nicht. „Wenn ich nur Mehl haben will, stelle ich die Mühle entsprechend fester ein, dann braucht es weniger Passagen“, erklärt Roman Posch weiter und zeigt seine verschiedenen „Stühle“ und „Sichter“, wobei erstere die Zerkleinerungsteile, zweitere die Siebe sind.

Traditionelles Handwerk

Gebaut sind die Geräte aus Föhrenholz und das bereits vor 80-100 Jahren! Ihr Alter sieht man ihnen nicht an. Roman Posch ist in der Mühle aufgewachsen, liebt alle alten Mühlgeräte und ist, so hat man den Eindruck, immer am Basteln, Tüfteln, Verfeinern und Verbessern. „Der Müllerberuf ist spannend, weil man irgendwie alles macht“, erklärt er begeistert. Mit seiner – im Vergleich zu modernen riesigen Industriemühlen – sehr kleinen Mühle hat er nicht den Anspruch, immer auf dem neuesten Stand der Technik zu sein, sondern mit gutem, traditionellen Handwerk nachhaltig und möglichst regional in Bio-Qualität zu produzieren. „Natürlich können wir nur so gutes Mehl machen wie unser Ausgangsprodukt ist“, sagt er und lächelt. Das Meiste produziert die Posch Mühle ohnehin als Auftragsarbeit für kleine bis mittelgroße Abnehmer. Ab etwa 100 Kilogramm Ausgangsmaterial wirft Roman die Mühle an. „Man muss sich natürlich auch vor Augen halten, dass durch das Reinigen und Mahlen ein gewisser Schwund dabei ist, also man nie so viel Mehl erhält wie man Getreide gebracht hat“, gibt er zu bedenken. Wohl wegen dieses Schwundes galt der Berufsstand der Müller im Mittelalter bis in die frühe Neuzeit hinein oft – jedoch meist zu Unrecht – als unehrenhaft.

Eine Mühle zum Erleben

In der Poschmühle gibt es zusätzlich den Mühlenshop, in dem selbst zusammengestellte Backmischungen – etwa für Brot oder Lebkuchen – verschiedene Müslis und allerlei verschiedene Getreidesorten angeboten werden. Nicht zuletzt die Mühlentour, für die die Mühle eigens angepasst und ein Jahr lang umgebaut werden musste. „Die Brandvorschriften sind da sehr streng. So mussten wir in jedem Stockwerk einen mindestens einen Meter breiten Fluchtweg errichten“, erzählt Veronika Posch. Das Ergebnis lässt sich sehen. In verschiedenen Touren kann man mehr über den Aufbau und die Geschichte der Mühle erfahren und sogar einmal selbst mit Hand anlegen. „Touren können ganzjährig, also auch im Winter, gebucht werden“, lädt Veronika ein. Coronabedingt pausieren die Touren allerdings momentan. Gearbeitet wird aber durchgehend das ganze Jahr. Bis zu 500 Kilogramm Getreide können an einem Tag vermahlen werden. Roman erzählt von seinen Kindheitserinnerungen, als die Mühle quasi immer gemahlen hatte und man das monotone Mahlgeräusch ständig als Hintergrundgeräusch hatte: „Das war aber nicht schlimm. Schlimm war es, wenn die Mühle dann doch einmal stand. Dann konnte man das Holz knarzen hören.“ Dazu fällt ihm so manche Spukgeschichte ein. Abgehalten haben ihn diese jedenfalls nicht, als jüngster von drei Söhnen die Familientradition weiterzuführen. Neben Roman und seiner Frau gibt es noch zwei Mitarbeiter. Bisher hatte man einen Lehrling. Ob einer seiner Söhne dereinst die Mühle übernehmen wird? So weit mag Roman Posch noch gar nicht denken, momentan beschäftigen ihn eher die Vorhaben in naher Zukunft: Eine glutenfreie Linie will er anbieten, diese in eigenen Geräten produzieren und auch Gewürze sollen in die Palette aufgenommen werden. Eine Tradition wird hier immer bleiben: Verabschiedet werden Besucher mit dem alten Müllersgruß „Glück zu“, der an Zeiten erinnert, als die Gesellen das Glück von Mühle zu Mühle tragen sollten.

Tipp: Spukgeschichten rund um die Posch Mühle gibt es im prima! Einfach klicken und reinhören.

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Den aus Föhrenholz gebauten Stühlen sieht man ihr stolzes Alter (an die 100 Jahre) nicht an.

Müller in dritter Generation: Roman Posch mit seiner Frau Veronika.

Einblicke in den Alltag von Roman Posch.

Er liebt es, wenn das Holz kracht und knarrt.

Alte Maschinen haben es Roman Posch angetan.

Da schraubt und dreht er, um sie auch in seinem Betrieb für Spezial-Mahlverfahren einzusetzen.

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