Reportage

Warum es in der „Villa Maulwurf“ taghell ist

„In dieses Haus ziehe ich nie ein, ich bin doch kein Maulwurf“, hat die Ehefrau von Hans Rehling spontan gesagt, als sie von den Plänen ihres Mannes, ein Erdhaus zu bauen, das erste Mal hörte. Inzwischen lebt das Ehepaar seit 20 Jahren in der „Villa Maulwurf“ in Bad Tatzmannsdorf. Für prima! haben sie die Eingangstür geöffnet.

Foto: Olga Seus

Hans Rehling wohnt mit seiner Frau in einem Erdhaus in Bad Tatzmannsdorf. Eine Wohnform, die man nicht täglich sieht. In der Seitenansicht erkennt man, dass das Haus nur einen aufgesetzten Giebel hat.

 

Wenn man vor der Eingangsfront des Erdhauses von Hans Rehling steht, fällt einem zunächst nichts Besonderes auf: Garagentor, Vorplatz, Vordach, Haustür, breite Glasveranda. Auch wenn man hineingebeten wird, stoßen Vorurteile auf Realität. Weder gibt es einen erdigen Geruch, noch sieht es schummrig aus. Stattdessen strahlt das Haus eine wohlige, wohnliche Atmosphäre aus. Nach Kurzem vergisst man gar, wo man ist. Der Einrichtungsstil von Hans Rehling dominiert das Ganze: Folkloristische Bilder, burgenländische Landschaften und Szenen, teils selbst gemalt, teils erworben, vermitteln einen ländlichen Charme. Beim Rundgang durch das Haus fällt zunächst gar nicht auf, dass es keine Fenster gibt. Klar, außer an der Vorderfront ist das Haus von Erde bedeckt, da ist kein Platz für Fenster. Stattdessen gibt es Dachluken aus dreifach isoliertem Kunststoff, blickdicht, aber lichtdurchlässig und nach oben hin zu öffnen. Durch die dringt genug Licht hinein, um das Gefühl von Tageslicht zu schaffen. Die Möblierung ist geprägt vom Drang, Altes weiter zu verwenden: Die Betten und auch der Wohnzimmertisch sind aus alten Balken gemacht, von Hans Rehling selbst entworfen und teilweise auch selbst umgesetzt.

Günstiger Bau

Rehling erzählt, dass er die Anregung für das Haus von seinen Reisen mitgebracht hat. Er erzählt von der einfachen Bauweise in Afrika, die ihn beeindruckt hat. In einer einzigen Nacht entwarf er dann schließlich die Pläne für sein Haus. 220 Quadratmeter Wohnfläche bietet die Villa Maulwurf, bei gerade einmal 50 Quadratmeter Flächenverbrauch. Anfangs – vor 20 Jahren – verlachte man ihn noch, als er die Pläne vorlegte, wollte das Haus gar verhindern. „Doch nicht mit mir“, sagt Rehling kampflustig und erzählt, wie er damals die Bauvorschriften genau gekannt hatte, schließlich war er nicht umsonst im Gemeinderat, in dem er bis heute vertreten ist. „Bei der Einweihungsfeier haben wir sie alle eingeladen und dann haben sie nicht mehr gelacht“, so der stolze Besitzer.

Er berichtet davon, dass – auch, weil er das Meiste selbst gemacht hat – sein Haus etwa ein Drittel weniger als ein gewöhnlicher Bau gekostet habe, in der Instandhaltung kaum Ausbesserungen benötige und auch in den Heizkosten ebenso extrem günstig ist: Man heizt mit zwei Kaminen, im Wohnzimmer und in der Küche, ansonsten elektrisch. Durch die Erdisolationsschicht kann das Haus die Wärme gut halten. Innen hat es einen Betonkern von zehn Zentimetern dann folgen fünf Zentimeter Styropor und fünf Zentimeter Holz. Die Decke ist mit 15 Zentimetern Styropor isoliert und mit 50 Zentimetern verdichteter Erde bedeckt. Der Boden ist über einer Betonplatte mit acht Zentimetern Styroporkugeln mit Bitumen und einer Styroporplatte isoliert, mit Erfolg: Das ganze Jahr über ist es im Haus gleichmäßig warm, ohne dass es zu Feuchtigkeit oder gar Schimmel kommen würde.

Hügel oder Dach?

Geht man hinaus und um das Haus herum, kann man einen leichten Grashügel erklimmen. Gemütlich ist er hier oben, eine schöne Aussicht auf die burgenländische Hügellandschaft tut sich vor dem Auge des Betrachters auf. Erst auf den zweiten Blick, mit etwas Nachdenken und beim Anblick der Dachluken von oben und der Schornsteine, getarnt in einem alten Eichenstamm, kommt einem: „Moment einmal, ich stehe ja jetzt auf einem Hausdach.“ Doch da es schön niedrig ist, kommt kein Schwindelgefühl auf. Eher der Drang, hier einmal abends zu sein und sich auf einer Matte den Sternenhimmel anzusehen – mitten auf einem Hausdach und doch im Grünen!


Dachluke
Durch die Dachluke fällt genug Licht ein, die Betten sind wie vieles aus alten Balken gefertigt.

Wohnzimmerkamin
Auch den Wohnzimmerkamin hat Hans Rehling selbst gebaut.

Küche
Die Küche wird ebenfalls mit einem Kamin geheizt

Vorderfront
Die Vorderfront des Hauses ist mit vielen Fenstern ausgestattet.

Kamine
Nur die Kamine, getarnt durch den Eichenstamm, verraten, dass sich unter einem ein Häuserdach befindet.

Wohnzimmer
Der Blick aus dem Wohnzimmer.

 

Erdhäuser – Häuser für Individualisten

Als Erdhäuser bezeichnet man Häuser, die mit Erde als Isolationsschicht bedeckt sind. „Durch den heutigen Standard im Baugesetz sind die Energiewerte generell recht gut, durch eine gute Isolierung und z.B. eine Wärmepumpe kann viel gewonnen werden, zudem werden Niedrigstenergiewerte durch zusätzliche Förderungen belohnt“, so Markus Gaugl vom Architekturbüro Plankreis zu den aktuellen Entwicklungen am traditionellen Baumarkt.

Erdhäuser stellen für ihn „eine interessante Geschichte“ dar für Leute, die „eine gewisse Affinität dazu haben“. Da der Durchschnittsbauherr nicht alles allein plant, gibt Gaugl allerdings zu bedenken, dass Erdhäuser, wenn sie professionell geplant und errichtet werden, deutlich höhere Kosten als die traditionelle Bauweise verursachen, allein schon, weil sie nicht standardisiert errichtet werden können.

Generell rät er Hausbauern dazu, „nicht mit einer fixen Idee, sondern ergebnisoffen“ in den Hausbau zu starten und vor allem die Rahmenbedingungen zu beachten: „Ein Erdhaus z.B. bietet sich bei Hanglage an, in der Ebene wird man eher nicht einen künstlichen Hügel aufschütten.“


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