Interview

„Wir müssen die richtigen Journalist*innen für neue Digitalformate ins Haus holen“

Am Anfang seiner Karriere stand eine Fernsehserie: In den Achtzigerjahren faszinierten Advokaten in der ORF-Historiensaga „Ringstraßenpalais“ einen jungen Stegersbacher so sehr, dass er Rechtsanwalt werden wollte. 1997 landete er zufällig beim ORF und unter dem neuen Generaldirektor Roland Weißmann wurde der 50-jährige Jurist Werner Dujmovits Personalchef des ORF. Damit ist der gebürtige Südburgenländer seit Beginn dieses Jahres zuständig für etwa 4.000 Dienstnehmer*innen des ORF inklusive aller Tochterfirmen der „größten Medienorgel des Landes“, wie sie der einstige ORF-Generalintendant Gerd Bacher einmal genannt hat. Walter Reiss hat den Leiter einer der wichtigsten Schaltzentralen des ORF am Küniglberg zum Gespräch getroffen.

Foto: Walter Reiss

Werner Dujmovits ist Chef der Hauptabteilung „Strategische Planung und Administration“ des ORF am Küniglberg und somit auch für Personalentscheidungen verantwortlich.

 

Wie wird man als Jurist aus dem Südburgenland zum Personalchef des ORF?

Werner Dujmovits: Eigentlich wollte ich immer schon Jurist werden, obwohl ich schon als Bub kurz den Wunsch hatte, Pfarrer zu werden. Interessant ist, dass es ausgerechnet eine Fernsehserie, nämlich „Ringstraßenpalais“ (TV-Familiensaga, lief 1980 – 1986 im ORF, Idee: Hellmuth Andics, Musik: Toni Stricker; Anm.d.Red.) war, die mich letztendlich angeregt hat, den Beruf eines Anwalts anzustreben. Da waren es nämlich die Figuren zweier Rechtsanwälte, die mich fasziniert haben.

Hat damit eine TV-Serie Ihre Karriere beim ORF schon vorgezeichnet?

Werner Dujmovits: Nein, das war Zufall. Ende der Neunzigerjahre wollte ich eher doch nicht mehr Anwalt werden, sondern in ein Unternehmen gehen. Im ORF, wo ich niemanden kannte, hat der damalige Hörfunkintendant und dann auch Generalsekretär Gerhard Weis einen Assistenten gesucht. Ich bin nach Bewerbung genommen worden und wollte nur eineinhalb Jahre bleiben. Aber Gerhard Weis wurde dann Generalintendant und ich bin im ORF geblieben, worüber ich sehr froh bin.

Sparen beim Personal

Die Zeiten des ORF-Monopols sind längst vorbei. Der ORF steht voll im Wettbewerb, baut Personal ab und die Geschäftsführungen betonen immer, man müsse sparen, vor allem beim Personal.

Werner Dujmovits: Ja. Die beiden Finanzierungssäulen des ORF sind Teilnehmerentgelte und Werbung. Die Entgelte bleiben relativ stabil, weil die Menschen Vertrauen haben und bereit sind, zu zahlen. Die Werbung wird einfach weniger, der Kuchen wird anders aufgeteilt.

Ist es nicht so, dass der ORF versucht, ältere und wohl auch teure Mitarbeiter*innen loszuwerden, um dann jüngere Leute unter „günstigeren“ Konditionen anzustellen?

Werner Dujmovits: Da ist in den letzten 15 Jahren viel passiert. Wir mussten die Personalstände reduzieren. Dabei war es wichtiger, natürliche Abgänge eher nicht nachzubesetzen als zu kündigen. Dadurch ist eine Generationenlücke entstanden. Wir müssen nun trachten, mitten in der digitalen Revolution die richtigen Journalist*innen für die neuen Aufgaben ins Haus zu holen. Das ist eine der wesentlichen Aufgaben, die mir der neue Generaldirektor Roland Weißmann mit auf den Weg gegeben hat.

Nicht wenige ORF-Dienstnehmer*innen wurden gekündigt, um dann über Tochterfirmen oder andere Firmen mit geringerer Bezahlung wieder beschäftigt zu werden.

Werner Dujmovits: Das war zugegebenermaßen etwas günstiger für den ORF. Aber auf lange Sicht gesehen waren und sind diese Firmenkonstruktionen – und ich möchte das nicht negativ konnotiert wissen – wichtig für das Entstehen vieler Programme. Es ist wie bei einer Flotte: Neben einem großen Tanker braucht es das eine oder andere Beiboot.

Sucht der ORF Personal?

Werner Dujmovits: Ja. Wir suchen immer. Vor allem junge Leute, die die neuen, zum Teil heute noch gar nicht bekannten, Digitalformate bespielen. Leider dürfen wir – wegen gesetzlicher Schranken – im Digital- und Onlinebereich so manches noch nicht, was andere öffentlich-rechtliche Anstalten in Europa dürfen.

Wie sehen Sie den ORF in zehn Jahren?

Werner Dujmovits: Nach wie vor als wichtigen täglichen Partner des Publikums. Das Schöne am ORF ist ja, dass praktisch jeder Österreicher, jede Österreicherin mit dem Medium ORF mehrmals täglich über Radio, Fernsehen oder Internet in Kontakt kommt. Gerade in krisenhaften Zeiten ist das Vertrauen der Menschen in den ORF sehr ausgeprägt. Es geht um sichere, gut recherchierte, wahre Information. Das wird auch in zehn Jahren so sein: im Fernsehen, Radio, Internet oder in Formaten, die wir heute noch gar nicht kennen.

Regional und International: Teuer, aber wichtig

Am ORF wird oft kritisch angemerkt, ob man in einem eher kleinen Land wie Österreich neun Landesstudios mit eigenen Programmen und 25 Auslandskorrespondent*innen in 16 Büros in aller Welt wirklich braucht. Wird man sich das alles weiterhin leisten können?

Werner Dujmovits: Ja. Beides wird bleiben. Die Landesstudios sind ein extrem wichtiger Faktor. Sie sind der „ORF vor der Tür“. Regionale Information, Unterhaltung und Sport sind den Menschen sehr wichtig. Die regionalen Fernsehsendungen und Radioprogramme zählen zu den erfolgreichsten Angeboten des ORF. Bei den Auslandskorrespondent*innen denken wir sogar an eine Ausweitung auf zusätzliche Büros in Weltlagen, die wir noch zu wenig im Fokus haben, etwa in Afrika.

Stichwort Sport: Da sind extrem teure Rechte riesige Brocken im Programmbudget, die dem ORF Sorgen machen. Da ist er längst kein Leitmedium mehr.

Werner Dujmovits: Ja, das ist ein schwieriges Thema. Wenige Bereiche sind dermaßen explodiert wie die Sportrechte. Durch die Konkurrenz der Streamingdienste hat der ORF schon vieles verloren, etwa im Fußball Bundesliga oder Championsleague live. Aber im Sinne des Auftrages, ein vollständiges Programm zu bieten, bemühen wir uns weiterhin um Übertragungen großer Ereignisse wie z.B. Olympische Spiele, Wintersport oder etwa Formel 1 mit derzeit zumindest jedem zweiten Rennen. Darüber hinaus bietet ORF Sport Plus vielen Sportarten eine neue Heimat.

Wenn früher einmal „Das Ringstraßenpalais“ Ihre Lieblingssendung war, welche ist es heute? Oder darf ein ORF-Manager nicht verraten, dass er manche Sendungen lieber mag als andere?

Werner Dujmovits: Ja, das dürfte ich eigentlich nicht. Aber ich gebe zu, dass ich jeden Tag „Burgenland Heute“ anschaue, meistens in der TVthek. Obwohl ich schon 25 Jahre nicht mehr im Burgenland wohne, bleibt das mein Heimatprogramm. Und dann sehe ich regelmäßig noch die ZIB 2 und Sport im TV, Radio und Online.


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