Kommentar

Novembergedanken

Ich mag den Herbst, ich mag den Geruch, dieses leicht Modrige und Morbide. Ich liebe den Geruch, der einem in Wein- und Obstkellern entgegenschlägt und das Geräusch des blubbernden Weines auf seinem Weg zur Vollendung. Ich liebe es auch, zu Allerheiligen am Abend in den Friedhof zu gehen, wenn alle Kerzen auf den geschmückten Gräbern brennen und Wachsgeruch in der Luft liegt.

Was ich weniger liebe, ist der Gedanke an das große Fragezeichen, das am Ende des Lebens steht, den Tod. Viele Menschen, die mir nahestanden habe ich schon auf ihrem letzten Weg begleitet. Meine Großeltern, meinen Vater, meine Brüder, etliche meiner Lebensmenschen, von denen ich geglaubt habe, sie würden ewig leben. Was ich aber nie getan habe, jemanden zu fragen, was für ihn der Tod sei. Als ich vor zehn Jahren einen Herzinfarkt hatte, hatte ich keine Sekunde daran gedacht, ich könnte jetzt sterben, obwohl es durchaus im Bereich des Möglichen war. Als ich dann zur Rehabilitation kam und sah, um wie viel schlechter es den meisten dort ging als mir und mit welch einem Willen die Menschen sich wieder zurück ins Leben kämpften, war ich dankbar und demütig, dass es mich nicht ganz so schlimm erwischt hat wie sie und hab mich für meinen Egoismus beinahe geschämt, weil ich mich vom Schicksal ungerecht behandelt gefühlt habe.

Ich habe aber auch Menschen gesehen, die ihr Leben buchstäblich weggeworfen haben. Die mit der einen Hand ein Wägelchen mit Sauerstoff gezogen haben und damit hinter den nächsten Busch gefahren sind, um sich heimlich eine Zigarette anzuzünden. Das waren gar nicht so wenige. Aber die meisten waren der Meinung, noch ist es nicht so weit, es gibt noch Tausende Gründe, weiterleben zu wollen. Meine Mutter, die mit Corona sechs Wochen auf der Intensivstation gelegen ist und davon die meiste Zeit mehr hüben als drüben war, hat gemeint, als sie wieder entlassen wurde: „Ich bin und war immer ein sturer Mensch und es war einfach noch nicht so weit, also habe ich mich gewehrt und gewonnen.”

Wenn ich mir die Meldungen über unsere momentane politische Lage ansehe, frage ich mich manchmal, was treibt diese Menschen an? Die Bosheit, die Eitelkeit, die Gier? Sicher nicht die Liebe zu denjenigen, die sie gewählt haben im Vertrauen darauf, dass sie die Macht, die man ihnen damit gegeben hat, zum Wohle des Volkes und nicht zum Wohle der Freunderl, ihres Klientels und sich selbst verwenden. Diese Art von Politiker gibt es in allen Parteien und die wenigen, die anders sind, die nicht mit Anschuldigungen und Lügen, mit leeren Versprechungen agieren, bleiben leider viel zu oft auf der Strecke. Übrig bleiben die Lauten, die Krakeeler, die Populisten und wir, das Wahlvolk, werden wie vom Rattenfänger von Hameln in ihren Bann gezogen und laufen ihnen hinterher, ohne zu merken, dass sie uns alle ins Unglück führen werden.
Im Lesebuch meines achtjährigen Sohnes hab ich vor ein paar Tagen Folgendes gelesen: „Was Kinder wollen. Kinder wollen Frieden, Kriege bringen Not und Elend. Alle Kinder sollen einander helfen und nicht streiten. Sie brauchen Liebe und Lob. Alle Menschen sollen ihr ganzes Leben viel Freude haben.“ Ich bin schon längst kein Kind mehr, aber all das habe ich mir auch immer gewünscht und wünsche es mir noch.

Vielleicht sollten die Politiker bei ihrer Angelobung auf die Einhaltung von moralischen Selbstverständlichkeiten angelobt werden und nicht auf die Republik Österreich, denn dass da jeder so seine eigenen Vorstellungen hat, wie er der Republik dienen kann, ist ja wohl längst bekannt. 109 Millionen Euro hat die Bundesregierung von 2018 bis Mitte 2021 für Inserate ausgegeben. Den Löwenanteil davon an den Boulevard. Damit hätte man Hunderte Kranken- und Altenpfleger ausbilden und anstellen können, 100 Kindergärten und ebenso viele Altenheime bauen können. Mit Steuergeld, das viele Menschen gut gebrauchen könnten, um ein halbwegs gutes Leben zu führen.

Bleiben Sie gesund und genießen Sie das Leben, denn das ist endlich und was man versäumt hat, lässt sich nicht mehr nachholen. Dazu gehören auch gute Taten und Gedanken!
Ihr Feri Tschank


Feri Tschank

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