Der Konsul und sein Kellerstöckl 

Wenn Friedrich Sperl die Autobahn verlässt und über Güssing ins Stremtal hinunterfährt, verändert sich etwas. „Da überkommt mich eine Ruhe, die körperlich spürbar ist“, sagt er. Dieses Gefühl der Entschleunigung und des Loslassens ist es, das ihn immer wieder hierherzieht – in sein Kellerstöckl in Moschendorf, im Herzen der Weinidylle. Ein Ort, der mehr ist als ein Feriendomizil: ein Rückzugsraum, eine Liebeserklärung an das Südburgenland.

Nicole MATSCH / 26. November 2025

Vor dem Haus erwartet der alte Pressbaum die Ankommenden. Eines von Konsul Sperls Lieblingsstücken.

Kraftplatz im Mikrokosmos

Seit 45 Jahren ist Fritz Sperl mit der Gegend und ihren Menschen verbunden, nutzt Landschaft und Begegnungen als Kraftquellen. Der Oststeirer ist Steuerberater mit einer Kanzlei in Gleisdorf und Honorarkonsul der Slowakei für die Steiermark und Kärnten – ein Mann mit vollem Terminkalender. In Moschendorf hat er das Gegenteil von Tempo gefunden.

Das hohe, schmale Häuschen steht an der Pinkataler Weinstraße, wo sich die Kellerstöckl malerisch an den Hang schmiegen. Ein geschotterter Weg führt hinauf, der weiße Tesla parkt gegenüber auf einem Rasenstreifen. An klaren Tagen sieht man bis in die ungarische Tiefebene. Das Gebäude stammt vermutlich aus den frühen 1960er-Jahren, genau weiß es Sperl nicht. Als der Konsul, wie ihn hier viele nennen, das Kellerstöckl vor einigen Jahren kaufte, stand es leer, das Dach aus Wellblech, der Giebel zu flach. „Es entsprach nicht meinen Vorstellungen“, erinnert sich Sperl und zeigt ein Foto von damals. „Ich hätte es gleich wieder verkauft, wenn sie mir den Balkon nicht erlaubt hätten“, erzählt der 64-Jährige von seinem Spießrutenlauf, die behördlichen Genehmigungen zu bekommen, denn Kellerstöckl-Renovierungen unterliegen strengen Richtlinien. Sperl fand Referenzbauten mit Balkon, setzte sich durch und begann gemeinsam mit einem Architekten zu planen. Heute fügt sich das Haus des Diplomaten harmonisch – und durch den Balkon optimal proportioniert – in die Umgebung ein, in jene kleinteilige Kulturlandschaft, die das Südburgenland so besonders macht: Weingärten, Streuobstwiesen – ein eigener Mikrokosmos.

Gebaut für die Arbeit, geblieben für die Ruhe

Früher waren Kellerstöckl einfache Arbeitskeller mitten in den Weingärten. Sie dienten Winzern als Presshaus, Lager und Schlafstätte während der Lese. Gebaut aus Holz, Lehm und Stein, kühl im Sommer, geschützt im Winter. Als der Weinbau moderner wurde, gerieten viele in Vergessenheit – bis man ihren Charme wiederentdeckte. Heute prägen sie das Landschaftsbild der Region und sind zum Symbol einer Lebensart geworden: schlicht, bodenständig, eng mit der Natur verbunden. Liebevoll saniert, beherbergen einige nun Feriengäste, Wanderer oder einfach Menschen, die Ruhe suchen. In ihnen spiegelt sich das, was das Südburgenland ausmacht – Gelassenheit und Ursprünglichkeit.

Konsul Sperl nutzt sein Kellerstöckl für private Auszeiten und vermietet es an Gäste. Das Haus umfasst 45 Quadratmeter Wohnfläche, das gesamte Grundstück zieht sich über rund 3.000 Quadratmeter den Hang hinauf bis zur nächsten Straße – mit einem mächtigen Nussbaum, einem Kirschbaum, alles Teil seines kleinen Paradieses.

Wo bleiben darf, was früher war

Weiß und Grün bestimmen das äußere Erscheinungsbild, das Holz ist naturbelassen, darf verwittern. „Das ist gewollt“, sagt Sperl. „Ich mag es, wenn ein Haus mit der Zeit lebt.“ Drinnen erzählen stimmungsvolle Landschaftsfotos – in der Umgebung aufgenommen – von der Ruhe. Die Einrichtung ist modern, aber gemütlich. Reduktion, Klarheit. Helle, ruhige Räume, ausgestattet mit edlen Materialien und sorgfältig ausgewählten Möbeln. „Die Inneneinrichtung hab ich gemeinsam mit meiner Tochter ausgesucht, aber das Bad hab ich ganz allein geplant“, sagt Sperl stolz.

Vieles am Kellerstöckl blieb erhalten. Etwa das Tor zum alten Keller an der Gebäudefront, in dem heute Platz für E-Bikes samt Ladestation ist und eine Waschmaschine für Gäste steht. Die Küchentür mit ihrem ornamentierten Glas – Sperls Lieblingsstück – der nur neue Beschläge verpasst wurden. Der ehemalige Pressraum ist jetzt Schlafzimmer. Der alte Pressbaum begrüßt die Gäste in der Einfahrt, dort können sie ihr Gepäck abstellen, sitzen, schauen. Die Fenster – maßgefertigt – sind aus Holz, so wie es sein muss. Draußen führt unter Dach eine seitliche Betonstiege hinauf zur Terrasse. Der Beton ist original, roh, mit eingeprägtem Muster. Auch die Terrasse mit Blick auf den Hang, die Sperl neu anlegen ließ, ist nicht gefliest. „Beton ist für mich etwas Natürliches, er soll verwittern“, sagt der Konsul, während er in der Nachmittagssonne das Holz in einer großen Feuerschale anzündet. „Hier kann man bis zum Abend wunderbar sitzen“, freut er sich über diesen besonderen Platz.

Des Konsuls kleine Freuden 

Morgens trinkt Friedrich Sperl seinen Cappuccino auf dem Balkon in der Sonne, bis sie um ein Uhr weiterzieht. „Hier kann man durchatmen“, sagt er. „Natürlich auch mit der Familie, aber ich komme oft sehr gern alleine her“. Nachmittags vielleicht ein Spaziergang oder eine Radtour, abends und beim Kartenspielen ein Spritzer. „Am liebsten ein Uhudler-Spritzer“ – jener Wein, der in der Weinidylle Südburgenland zu Hause ist und zum Kultgetränk wurde. Dass es ihn heute noch gibt, ist nicht zuletzt einer guten Bekannten Sperls zu verdanken, der Moschendorferin und Landtagspräsidentin a.D. Verena Dunst, die sich 2016 maßgeblich gegen das Aus des Uhudlers im Weingesetz einsetzte. 

Licht aus, Sterne an

Wenn an der Pinkataler Weinstraße die Sonne untergeht, kehrt eine Dunkelheit ein, wie man sie anderswo kaum noch kennt. „Hier ist es in der Nacht wirklich finster“, sagt Sperl – und er liebt es. „Keine Straßenbeleuchtung, kein Lärm. Man schläft wie ein Kind.“ Vielleicht sitzt man noch draußen, mit einem Glas Wein in der Hand, und lauscht dem Zirpen der Grillen. Vielleicht kommt auch noch ein Nachbar und holt einen zum Kreuzschnapsen ab. In jedem Fall lebt man hier im Rhythmus der Landschaft und mit den Menschen, die nicht an einem vorbeigehen, sondern auf einen zu. Konsul Sperls Kellerstöckl steht mitten in dieser Welt, schlicht und still, und erzählt davon, wie gut das Einfache sein kann.

Moderner Essbereich mit Ledermöbeln und stilvoller Hängelampe; gemütliche Einrichtungsideen vorgestellt von Prima Magazin.
Eine helle, modern eingerichtete Wohnküche lädt zum Verweilen ein. Von dort betritt man den Balkon, wo Sperl gerne eine Tasse Kaffee oder ein Glas Wein genießt. 

Gemütliches Haus mit Holzfassade und Balkon im Sonnenschein, perfekter Rückzugsort für regionales Wohnen.
Über eine Holzleiter erreicht man den Halbstock –
eine zusätzliche Übernachtungsmöglichkeit für Gäste oder Kinder.


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