Aufwärts mit Bremse – Wirtschaft normalisiert sich nur langsam

Die letzten zwei Jahre waren für viele belastend. Preise stiegen rasch, die Kaufkraft sank, finanzielle Spielräume wurden kleiner. Entscheidungen wurden aufgeschoben. Für 2026 stellt sich deshalb eine zentrale Frage: Bleibt diese Anspannung bestehen, oder wird der Alltag wieder berechenbarer?

Nicole MATSCH / 28. Dezember 2025

Die Wirtschaft normalisiert sich nur langsam.

Die Prognosen sind zurückhaltend optimistisch

Kurz vor Jahresende haben die großen Wirtschaftsforscher ihre Prognosen bis 2027 veröffentlicht. Der gemeinsame Befund: Die Phase der wirtschaftlichen Stagnation liegt hinter uns, die Wirtschaft wächst wieder, wenn auch langsam. 

Nach rund zwei schwachen Jahren dürfte das Bruttoinlandsprodukt 2026 um etwas mehr als ein Prozent zulegen. 

Österreichs Wirtschaft sieht Licht am Ende des Tunnels. 

Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), spricht von „Licht am Ende des Tunnels“. Das Institut für Höhere Studien in Wien (IHS) gibt sich zurückhaltender. IHS-Direktor Holger Bonin warnt, die Erholung stehe „auf tönernen Füßen“. Die Wirtschaft stabilisiere sich also, bleibe aber weiterhin anfällig. Für den Alltag heißt das vor allem eines: Die Lage verschärft sich nicht weiter. Spürbare Entlastung kommt, aber schrittweise.

Zähes Wachstum

Die Wirtschaft legt wieder zu, nachdem sie lange Zeit kaum vorangekommen ist. Für Unternehmen bedeutet das mehr Planungssicherheit. Investitionen werden wieder möglich, Projekte wieder angedacht, Neueinstellungen zumindest nicht mehr ausgeschlossen. Allerdings wächst die Wirtschaft deutlich langsamer als vor früheren Aufschwungphasen. 

Während Österreich in guten Zeiten Zuwächse von zwei Prozent und mehr gewohnt war, bleibt das Tempo nun deutlich darunter. Einig sind sich die Expertinnen und Experten darin, dass die Richtung stimmt. Uneinig ist man darüber, wie schnell dieses Wachstum bei den Menschen ankommt. Für viele bleibt jedenfalls das Gefühl, dass sich Statistiken schneller verbessern als das eigene Leben.

Exportmotor springt an

Industrie und Exportwirtschaft dürften ihren Tiefpunkt hinter sich haben. Sinkende Energiepreise und eine allmählich freundlichere internationale Nachfrage sorgen für Entlastung. Vor allem die Industrie könnte 2026 wieder spürbar wachsen, wenn auch moderat. Investitionen ziehen langsam an, was ein wichtiges Signal für die kommenden Jahre ist.

Gleichzeitig bleiben alte Schwächen bestehen. Die Produktion liegt in vielen Bereichen noch unter dem Niveau vor der Krise, und die Abhängigkeit vom internationalen Umfeld ist hoch. Handelskonflikte, geopolitische Unsicherheiten oder eine schwächere Weltwirtschaft könnten die Erholung jederzeit abbremsen. Entsprechend vorsichtig agieren viele Betriebe.

Warum der Bau weiter hinterherhinkt

Deutlich langsamer entwickelt sich die Bauwirtschaft. Zwar werden wieder Projekte gestartet, doch das Niveau bleibt niedrig. Nach mehreren Jahren des Rückgangs ist 2026 höchstens mit einem leichten Plus zu rechnen. Für Beschäftigte und Unternehmen bedeutet das: Die schwierigste Phase dürfte überwunden sein, echte Entlastung lässt aber auf sich warten.

Auch private Haushalte spüren das. Wer bauen oder sanieren will, darf nicht mit rasch sinkenden Kosten rechnen. Entscheidungen in diesem Bereich bleiben mit Unsicherheit verbunden, selbst wenn sich die Lage langsam stabilisiert.

Haushalte unter weiterem Anpassungsdruck

Für viele entscheidet sich die wirtschaftliche Lage nicht an Wachstumsraten, sondern am verfügbaren Einkommen. Hier bringt 2026 eine gewisse Entspannung. Die Inflation sinkt voraussichtlich auf rund 2½ Prozent, nachdem sie zuvor deutlich höher lag. Extreme Preisschübe bleiben aus.

Gleichzeitig wirken die Preissteigerungen der vergangenen Jahre nach – vor allem bei Wohnen und Dienstleistungen. Die realen Einkommen entwickeln sich 2026 nur verhalten, weil Lohnzuwächse und Preise lange auseinanderlagen. Zwar steigt die Beschäftigung, doch die Kaufkraft erholt sich nur langsam. Viele Haushalte bleiben vorsichtig, auch wenn sich die Lage insgesamt stabilisiert. Das Vertrauen kehrt langsamer zurück als die wirtschaftlichen Kennzahlen.

Jobmarkt: Mehr Halt, wenig Dynamik

Am Arbeitsmarkt verbessert sich die Lage schrittweise. Die Arbeitslosenquote dürfte 2026 leicht sinken und bei rund sieben Prozent liegen. Neben der Konjunktur spielt auch die demografische Entwicklung eine Rolle: Es gibt weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter, während mehr Frauen und ältere Personen länger im Berufsleben bleiben.

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet das vor allem mehr Sicherheit. Das Risiko eines Jobverlusts sinkt. Neue Chancen entstehen jedoch nicht überall gleichermaßen, sondern vor allem in bestimmten Bereichen wie Dienstleistungen, Pflege oder Tourismus.

Preise bleiben hoch, aber berechenbarer

Die Teuerung verliert weiter an Tempo. Energiepreise stabilisieren sich, andere Bereiche bleiben teuer. Eine Rückkehr zu früheren Preisniveaus ist nicht zu erwarten. Der entscheidende Unterschied zu den vergangenen Jahren: Die Preise überraschen weniger.

Für viele Haushalte ist das die wichtigste Veränderung. Entlastung zeigt sich weniger durch sinkende Kosten als durch Planbarkeit. Der Alltag bleibt teuer, aber er lässt sich wieder besser kalkulieren.

Ein Jahr ohne große Versprechen

2026 zeigt tatsächlich ein Licht am Ende des Tunnels – wenn auch ein schwaches. Die Wirtschaft stabilisiert sich, der Alltag wird berechenbarer. Viele Belastungen bleiben, schnelle Erleichterungen sind nicht zu erwarten. Doch was zählt: Es geht nicht weiter bergab. Wer diesen vorsichtigen Lichtschein richtig einordnet, kann 2026 als Übergangsjahr nutzen – nicht für große Sprünge, aber für verlässlichere Entscheidungen. 

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