Bericht

Die „Letzte Hilfe“

Wenn ein geliebter Mensch am Ende seines Lebens steht, sind Angehörige meist hilflos. Doch es gibt viel, das sie tun können. Im Zuge eines „Letzte Hilfe Kurses“ lernen sie mit den Bedürfnissen und Wünschen von Sterbenden umzugehen und wie sie mit einfachen Hilfsmitteln Leiden lindern können. Das Wissen um den Prozess des Sterbens soll die Angst nehmen und das Umsorgen des sterbenden Menschen unterstützen.

(c) Shutterstock

Sterbebegleitung erfordert viel Mut und Kraft für die Angehörigen.

 

„Wie ist es, zu sterben?“ Diese Frage hört Raphaela Krojer oft. Seit fast 20 Jahren betreut sie als Leiterin der Seelsorge im Krankenhaus Oberwart auch Sterbende. „Ich spüre die Hilflosigkeit und Ohnmacht der Angehörigen, wenn sie ihre Lieben auf dem letzten Lebensabschnitt begleiten, sagt Raphaela. Das Nicht-Wissen, was im Sterbeprozess passiert, macht Angst. „Dabei gibt es Vieles, das man für den sterbenden Menschen tun kann“, erklärt Raphaela. Das Wichtigste sei die Zuwendung. „Denn Zuwendung ist das, was wir am Lebensende alle am meisten brauchen“, weiß Raphaela. Der Prozess des Abschiedes ist ein schmerzhafter, der viele überfordere. Aber Wissen kann die Angst nehmen. 

Der Letzte Hilfe Kurs 

Bereits Henry Dunant, Begründer der Rotkreuz-Bewegung, hat Sterbende auf dem Schlachtfeld von Solferino 1859 bis zu ihrem letzten Atemzug begleitet und damit „Letzte Hilfe“ geleistet. 

„Letzte Hilfe Kurse“ gibt es seit 2015 – und jetzt auch im Burgenland. Raphaela Krojer ist ausgebildete Kursleiterin und bietet im November gemeinsam mit einer Kollegin zwei Kurse an, in denen sie Basiswissen zum Thema Lebensende und Sterbebegleitung weitergeben möchte. „Auch die Themen Vorsorge und Patientenverfügung werden dabei behandelt, weil es für Sterbende meist wichtig ist, dass jemand in ihrem Sinne entscheidet, wenn sie es nicht mehr können“, weiß Raphaela Krojer. Ein wesentlicher Teil des Kurses beschäftigt sich damit, mit einfachen Handgriffen und Hilfsmitteln ein Leiden oder ein belastendes Symptom ein wenig zu lindern bzw. dem Menschen in seiner letzten Lebensphase etwas Gutes zu tun. „Manchmal ist es ein in Pfefferminzöl beträufelter Wattepad, dessen Duft gegen Übelkeit hilft. Das Befeuchten der Mundhöhle mit einem Mundtupfer, das Vorlesen aus einem Buch oder das Aktivieren bestimmter Akupressurpunkte gegen Schmerzen“, erklärt Krojer. 

Abschied nehmen 

Der Moment des Abschiedes sei dann immer der schwierigste, weiß Raphaela. Aber es hilft, die einzelnen Stadien des Sterbeprozesses zu kennen. Auch hier können Angehörige ohne große Kenntnisse viel für den sterbenden Menschen tun: Beispielsweise über Dinge, die dem Sterbenden wichtig sind, zu reden. Das auszuhalten erfordert Mut, weiß Raphaela. „Der Kurs soll die Angst und Hilflosigkeit, die der Sterbeprozess auslöst, schmälern und Angehörige mutiger machen, das Loslassen eines geliebten Menschen auszuhalten“, sagt die Seelsorgerin. In Liebe da sein, sei in der Sterbebegleitung für sie die wichtigste Aufgabe.


„Der Moment des Abschiedes ist immer der schwierigste. Aber es hilft, die einzelnen Stadien des Sterbeprozesses zu kennen.“


Letzte Hilfe Kurse


19. und 26. November 2022, jeweils von 9-13 Uhr,
7431 Bad Tatzmannsdorf, Katholisches Pfarrheim, Kirchenstraße 15

der Kurs ist kostenlos
Begrenzte Teilnehmerzahl
Anmeldung: raphaela.krojer@martinus.at 

Informationen zu Letzte Hilfe Kursen und weitere Kurstermine unter: 

www.letztehilfeoesterreich.at 


Letzte Hilfe Kurs 

 

Der Kurs umfasst vier Module á 45 Minuten: 

  • Modul 1: Sterben ist ein Teil des Lebens 
  • Modul 2: Vorsorgen und Entscheiden 
  • Modul 3: Leiden lindern 
  • Modul 4: Abschied nehmen 

Ziel des „Letzten Hilfe Kurses“:

  • Mut über das Sterben zu reden
  • Die Gewissheit, dass man als Angehöriger etwas für den bzw. die Sterbende*n tun kann
  • Die Gewissheit, dass man nicht alleine ist und es Unterstützung durch Professionisten (Hospiz- und Palliativ care) gibt
  • Hilflosigkeit und Angst sollen durch theoretisches Wissen und praktische Übungen kleiner werden
  • Guter Abschied ist hilfreich für die Trauerbewältigung

„Sterben“ ist immer noch ein Tabuthema.

„Oftmals hilft es den Angehörigen, Anzeichen zu erkennen, um letzte Vorbereitungen treffen zu können“, weiß Raphaela Krojer:

Bedürfnis nach Essen und Trinken lässt nach
Veränderung der Bewusstseinslage (Verwirrtheit, Unruhe, Angst, …)
Veränderung der Atem- und Kreislauftätigkeit (Rasselatmung, Atempausen, flache Atmung,…)
Veränderung der Hautfarbe (fahle Gesichtsfarbe,…) und
Durchblutung (Kalte Hände und Füße, bläuliche Verfärbung)
Kommunikation nimmt immer mehr ab
Müdigkeit, Schwäche, erhöhtes Schlafbedürfnis
innerlicher Rückzug

Was können Angehörige tun?

  • Rechtzeitig auf die Wünsche des bzw. der Sterbenden eingehen. Gesprächsbereitschaft signalisieren (Gespräche über das Sterben, den Tod, die Verabschiedung zulassen) oder einfach in Stille da sein, wenn es nichts mehr zu sagen gibt
  • Berührung – eine Hand zum Anhalten
  • ev. Lieblingsmusik des Sterbenden leise im Hintergrund
  • Mundpflege mit Lieblingsgetränk z.B. Cola, Bier,…
  • Einsatz von ätherischen Ölen
  • Rituale

Dipl. PAss Raphaela Krojer ist Leiterin der Seelsorgestelle im Krankenhaus Oberwart. Am 19. und am 26. November leitet sie mit einer Kollegin einen „Letzte Hilfe Kurs“ in Bad Tatzmannsdorf.

Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert