Ehrenamt am Limit – Wer hält unsere Region am Laufen? 

Sie sind da, wenn andere Hilfe brauchen. Ob bei Verkehrsunfällen, Hochwasser oder
Bränden: Die Freiwillige Feuerwehr ist das unsichtbare Netz, das unsere Gesellschaft trägt. Doch dieses Netz droht dünn zu werden. Nachwuchsmangel und steigende Belastung setzen dem Ehrenamt zu – auch in unserer Region. Wie lässt sich ein Generationenwechsel schaffen? Und wer sind die Menschen, die sich hier engagieren?

Chiara PIELER / 3. Juli 2025

Jugendleiterin Sonja Talasz (3. Reihe Mitte) mit der Feuerwehrjugend der Freiwilligen Feuerwehr Siget in der Wart.

Sonja Talasz ist Jugendleiterin, Verwaltungswartin und Funkausbilderin im Bezirk Oberwart. In ihrem Hauptberuf arbeitet die 38-Jährige als Kapazitätsplanerin bei Siemens – ihre Freizeit aber gehört der Feuerwehrjugend in Siget. Dort betreut sie sechs Feuerwehrkids zwischen sechs und zehn Jahren und sieben Jugendliche im Alter von zehn bis sechzehn Jahren. „Ich mache das mit größter Leidenschaft“, sagt sie. „Wenn ich sehe, mit welcher Begeisterung manche 14-Jährige dabei sind, dann denke ich mir: Die Welt ist doch noch in Ordnung.“ Zur Feuerwehr kam Talasz übrigens selbst erst mit 25 Jahren – „relativ spät“, wie sie sagt. „Ich habe mir nach dem Studium gedacht: Eigentlich habe ich jetzt Zeit, die ich sinnvoll nutzen könnte.“ 

Jugendarbeit mit Herz und Hirn

Die Feuerwehrfrau ist überzeugt, dass es vor allem gute Vorbilder und sinnstiftende Angebote braucht, um junge Menschen für das Ehrenamt zu gewinnen. Was zunächst nach Freizeitprogramm aussieht, hat ein klares Ziel: Kinder und Jugendliche früh für das Feuerwehrwesen zu begeistern, um sie später in den Aktivstand zu führen. „Es ist schwer, 16-Jährige noch neu für die Feuerwehr zu gewinnen. Deshalb holen wir sie so früh wie möglich rein – und versuchen, sie mit viel Engagement zu halten.“

Als Sonja Talasz gefragt wurde, ob sie die Jugendleitung übernehmen wolle, hat sie anfangs gezögert. „Ich bin keine Pädagogin und arbeite beruflich mit Zahlen und Plänen – aber ich wollte, dass die Jugendlichen eine Ansprechperson haben, die sie ernst nimmt.“ Heute ist sie überzeugt, dass diese Aufgabe nicht nur notwendig, sondern auch bereichernd ist.

Essen verteilen gegen das Gefühl der Ohnmacht

Besonders eindrücklich war für Talasz der Moment, als ihre Jugendlichen beim Hochwasser im Vorjahr Verantwortung übernahmen. Auch, wenn sie dabei noch keine Einsatzaufgaben übernehmen durften. „Unser Ort war komplett abgeschnitten, Straßen überflutet“, erzählt sie. Die Jugendlichen hätten sich dennoch eingebracht, indem sie für Einsatzkräfte kochten und Essen verteilten. „Das kann man nicht in einer Übung nachstellen. Das lebt man vor. Und sie haben es verstanden.“

Feuerwehrjugend im Bezirk

Im Bezirk Oberwart engagieren sich derzeit 402 Jugendliche über zehn Jahre in der Feuerwehrjugend und 91 Kinder bei den Feuerwehrkids. Etwa ein Drittel davon sind Mädchen. „Besonders wichtig ist die Initiative ‚Gemeinsam.Sicher.Feuerwehr‘ – damit gehen wir schon in Kindergärten und Volksschulen“, erklärt Alexander Flaschberger, Pressereferent im Bezirksfeuerwehrkommando. Auch Action-Days und der Auftritt bei Veranstaltungen wie der Bildungsmesse BIBI sollen den Nachwuchs für das Ehrenamt begeistern.

Trotzdem bleibt die Übertrittsquote in den Aktivstand niedrig: Nur rund ein Viertel der Jugendlichen bleibt langfristig dabei. „Der Schulwechsel oder andere Freizeitangebote ziehen viele weg“, so Flaschberger. Eine mehrstufige Truppmannausbildung soll dem entgegenwirken – sie beginnt bereits in der Feuerwehrjugend und erleichtert später den Einstieg ins aktive Einsatzgeschehen.

Ein Ehrenamt mit Zukunft?

Die Rahmenbedingungen könnten besser sein – vor allem finanziell. „Ich würde gerne mehr mit den Kindern unternehmen oder Ausflüge machen, aber Feuerwehr muss gratis bleiben.“ Trotzdem bleibt Talasz optimistisch: Der Rückhalt in der eigenen Feuerwehr, das Engagement der Jugendlichen und das Bewusstsein, etwas Sinnvolles zu tun, motivieren sie jeden Tag aufs Neue. Ehrenamt braucht Raum, Respekt und Menschen, die mutig vorangehen. Sonja Talasz ist eine von ihnen. Sie zeigt: Der Nachwuchs ist da. Man muss ihn nur ernst nehmen. 

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