Bericht

Geteiltes Leid… Unternehmer in der Krise

Die Wochen des „Shutdowns“ und deren Auswirkungen haben ihre Spuren hinterlassen. In der prima!-Onlineausgabe des Monats Mai haben wir bereits bei Unternehmen in der Region nachgefragt, wie sie die Krise erlebt haben. Die Branchen leiden, kämpfen mit ähnlichen administrativen Problemen, und dennoch hat jeder Unternehmer seine ganz individuelle Geschichte zu erzählen. Auch in dieser Ausgabe wollen wir Einzelschicksalen aus der Region eine Stimme geben und ihre persönliche Lage in den Vordergrund stellen.

Foto: shutterstock 1728351925 ELNUR

Die Zunft der Fotografen hat momentan „sehr viel Freizeit“, bestätigt Jennifer Vass lachend. Das nennt man Galgenhumor, denn View, ihre Firma, wird die Krise nicht überstehen. Der Privatkonkurs steht ins Haus, ein Treffen mit der Schuldnerberatung soll Klarheit schaffen. Die Fotografin kommt direkt von einem Termin mit ihrer Bank, die ihr mit den Leasingraten ebenso entgegengekommen ist wie die OSG mit den Mietzahlungen, die sie aufschieben darf. Der Härtefallfonds I wurde problemlos überwiesen.

Dennoch erzählt sie: „Ich habe nichts Positives zu sagen. Ich warte die neue Förderperiode ab. Mit der Höchstsumme ist aber natürlich nicht zu rechnen. Irgendwer muss es aussprechen: So, wie es die Regierung versprochen hat, ist es nicht. Man sollte sich freuen, wenn man überhaupt was bekommt. Meine Firma gibt es erst seit fünf Jahren, und ich habe keine Rücklagen. Ich kann die laufenden Kosten nicht berappen, geschweige denn noch ein paar Monate ohne Auftrag überleben“, klagt Vass.

Jennifer Vass: „Wir dürfen im Sommer arbeiten, aber wir können nicht!“

Seit 1. Mai dürfen die Fotografen wieder arbeiten. Im Studio darf sich pro zehn Quadratmeter eine Person aufhalten, der vorgeschriebene Abstand zu den Kunden muss ebenso eingehalten werden wie die Maskenpflicht. Fakt ist aber, dass die Nachfrage schlichtweg nicht da ist. „Muttertag ist ausgefallen, für mich entfällt mein Geschäft mit der Sportfotografie. Veranstaltungen wie Taufen und Erstkommunionen fallen sowieso aus. Neugeborenen-Shootings und Familienserien werden kaum angefragt, weil viele Kunden Angst vor dem Virus haben oder momentan finanziell beschränkt sind“, so Vass.

Im Netzwerk der Fotografen macht sich Beklommenheit und Sorge breit. Die Ungewissheit, der Preisdruck, das Werben um die wenigen Kunden und die Notwendigkeit, neue Ideen und Lösungen zu entwickeln, um zu überleben, trübt die Stimmung in der Branche. „Alle Hochzeiten wurden verschoben, aber ich werde sie nicht fotografieren können, weil es View dann nicht mehr geben wird“, ihr nüchternes Resümee.

Mario Schuh: „Wir müssen alle bluten“

Seit Mitte März kein einziger Auftrag, so geht es dem „TORminator“ Mario Schuh. Die Hausmesse und das 25-jährige Jubiläum der Firma fielen Corona zum Opfer, die daraufhin ins Leben gerufene Corona-Aktion hat nichts gebracht. „Für die Häuslbauer kommen die Tore erst zum Schluss. Dazu kommt, dass auch viele potenzielle Kunden nicht wissen, wie es für sie finanziell überhaupt weiter geht.“

Die Firma von Ing. Schuh hat bislang überlebt. Durch bereits getätigte Aufträge bis Februar hatten die Mitarbeiter bis April Arbeit, nun bauen sie Überstunden ab und brauchen ihren Urlaub auf. Kommen aber nicht bald Aufträge, kann auch Mario Schuh seine Mitarbeiter nicht halten. Am Telefon erzählt er uns: „Ich bin gerade im Büro. Niemand ruft an, niemand kommt. Das Geschäft ist tot. Wir müssen alle Federn lassen, aber ein Jungunternehmer wird die Krise nicht leicht überleben können, wenn er sich nicht schon zu Beginn verschulden will.“

Die 1.000 Euro aus dem Härtefallfonds I hat er schnell und unbürokratisch bekommen, für den Härtefallfonds II wird er sich nicht bewerben. „Der Aufwand steht nicht dafür“, sagt er. Dass die 1.000 Euro aus der Soforthilfe zwar viel Geld, aber in Wahrheit ein Tropfen auf den heißen Stein sind, was laufende Kosten betrifft, merkt er zusätzlich an. „Und als ich bei einer Hotline angerufen habe und gefragt habe, ob ich für Förderungen in Frage komme, war die erste Antwort ein Hinweis auf meine Rücklagen, die ich erstmal aufbrauchen sollte“, ärgert er sich.

Die laufenden Kosten müssen nun von Erspartem abgedeckt werden, er wird wohl heuer nicht Urlaub fahren und auch länger kein neues Auto kaufen. Die Sorge und Enttäuschung spielen sich bei Mario Schuh aber vor allem auf menschlicher Ebene ab. „Wir hätten die Chance gehabt, umzudenken, regional zu denken und zu kaufen, damit unsere Händler überleben. Aber die Menschen greifen wieder auf das günstigere, wenn auch oft schlechtere Produkt zurück. Sei loyal, kauf regional! Das ist mein Appell.“


Jennifer Vass
Fotografin Jennifer Vass wird ihre Firma View schließen müssen.

Mario Schuh
Ing. Mario Schuh aus Riedlingsdorf appelliert „kauft regional“

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Ronald Gollatz: „Fühle mich von der Regierung gut begleitet.“

Ronald Gollatz hat drei Gastronomiebetriebe. Im Südburgenland ist der beliebte Hannersberg als Hochzeitslocation bekannt. Er führt aber auch einen Würstelstand in Wien, die Kaiserzeit, und einen Weinshop mit Bar gemeinsam mit Leo Hillinger in Kitzbühel. Vom Lockdown der letzten Wochen war er gleich dreifach betroffen.

Dennoch fühlt er sich von den Maßnahmen der Regierung gut begleitet. „Niemand war auf diese Situation vorbereitet. Man darf auch nicht von der Regierung erwarten, dass diese gleich eine Antwort parat hat.“ Gekündigt wurde in seinen Betrieben niemand. Die Kurzarbeit sieht er als eine wertvolle Unterstützung. „Wenn 75% der Fixkosten durch den Fonds der Regierung abgefangen werden, ist das eine gute Maßnahme. Von einer Umsatzkompensation hab ich mich schnell verabschiedet.“ Er sieht auch keinen Anspruch, denn „wenn wir ein gutes Geschäftsjahr haben, gehen wir auch nicht zum Staat und geben ihm mehr Geld.“ Die Unterstützung hinsichtlich der Liquidität sei wichtig, sagt er.

Ronald Gollatz nutzt die Zeit, um Umbauarbeiten in seinem Betrieb Hannersberg vorzunehmen. „Die Arbeit ist nicht weniger geworden, nur anders. Sein Appell lautet: Mehr gegenseitiges Verständnis. Natürlich geht es um Sein oder Nichtsein. Aber Lamentieren zaubert Corona leider auch nicht weg.“

Nicole MÜHL / 2. Juni 2020


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