Botschafterin des Unverfälschten

Inmitten der weiten Landschaft des Burgenlands verläuft der Bernsteintrail, der längste Weitwanderweg des Burgenlandes. 20 Tage lang, über 300 Kilometer und durch 13 Etappen hat sich die Filmemacherin Kristina Schranz auf die Geschichten entlang des Pfades eingelassen. Alles dokumentiert durch ihre Handykamera. Im Zuge eines breit angelegten Medienprojektes (Insta Videos, Radio, TV) mit dem ORF Burgenland zeigt die Filmproduzentin das Burgenland von seiner authentischsten Seite – voller spontaner Begegnungen, unerwarteter Momente und unfassbar schöner Naturerlebnisse. Der Smartphone-Dokumentarfilm „Unterwegs auf dem Bernsteintrail“ ist somit nicht nur wegen seiner technischen Innovation bemerkenswert – es ist die unverfälschte Freude, die jeden Schritt begleitet, die natürliche Neugier, die jede Begegnung prägt.

Nicole MÜHL / 27. März 2024

Für den ORF hat Kristina Schranz den ersten Smartphone-Dokumentarfilm gedreht.

Kristina, deine Freude ist eine der Besonderheiten dieses Filmes.

Kristina Schranz: Ja! Ich bin ein sehr sonniger, freudvoller Mensch. Ich bin zu Sonnenaufgang geboren – meine Mama betont das auch immer wieder – und ich gehe mit einem Lachen durchs Leben.

Der Bernsteintrail ist der längste Weitwanderweg des Burgenlandes. 300 Kilometer in 20 Tagen. Es handelt sich ja dabei um ein trimediales Projekt. Das heißt, das ORF Burgenland Radio hat deine Reise begleitet, es wurden von den 13 Etappen Videos auf Instagram veröffentlicht und nun am April ist im ORF der Film zu sehen. Das Besondere ist, dass du das alles selbst mit deiner Handykamera gefilmt hast. Ein Pilotprojekt nicht nur für dich, sondern auch für den ORF.

Es war tatsächlich Neuland für uns alle. Es gibt natürlich Senderichtlinien und technische Vorgaben, an die man sich halten muss. Das wird vom ORF genau vorgegeben. Die Idee war im April 2023 geboren. Ich habe gewusst, dass ich im September diesen Weg gehe und hatte bis dorthin Zeit zu recherchieren, welches Zusatzequipment es fürs Handy gibt, um eben beispielsweise den Ton sauber aufzunehmen. Und ein anderer wichtiger Aspekt war der sportliche. Ich war ja 20 Tage unterwegs und auch das ist mit Respekt zu behandeln. Ich hab drei Monate trainiert,
um das auch körperlich zu schaffen.

Gibt es bei einem solchen Film überhaupt ein Drehbuch?

Ein Drehbuch gibt es bei einem Dokumentarfilm im klassischen Sinn nicht. Aber ich hab schon geplant, wie weit ich an einem Tag gehe, wo ich schlafe und manche Personen und Begebenheiten sind vorrecherchiert, wie etwa, dass ich bei der Weinlese mithelfe oder dass mich eine Rangerin im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel begleitet. Das war wichtig, damit ich eine Stütze habe. Aber ganz entscheidend ist, sich auf das einzulassen, was passiert. Ich bin den Weg auch das erste Mal gegangen. Ich wusste also nicht, was auf mich zukommt.

Die Begegnungen waren aber auch besonders herzlich.

Durch die Videos und die Radiobeiträge ist eine Stimmung entstanden, wo die Menschen richtig mitgegangen sind. In Raiding wurde ich beispielsweise von ein paar Dorfbewohnern unglaublich herzlich empfangen. Eine Dame wollte mir dann noch Obst mitgeben und ist plötzlich mit einer ganzen Schüssel dahergekommen. Ich musste so viel lachen, weil ich gar nicht gewusst hätte, wie ich das tragen soll. Aber es war so schön zu spüren, dass Menschen so eine Herzlichkeit ausstrahlen. Ich glaube, das braucht es viel mehr im Leben. Das ist auch ein Zeichen, das ich mit meinem Film setzen möchte.

Das ist eine schöne Botschaft, denn die Wahrnehmung im Leben ist doch oft, dass sich die Menschen immer mehr entfremden. Dein Film ist da der Gegenpol, weil er wirklich vor Herzlichkeit und Lebensfreude sprüht. Warum glaubst du, sind die Leute da so offen?

Für mich geht es darum, wie ich selbst einem Menschen begegne. Ich möchte immer mit einer Freude und Neugierde an Begegnungen herangehen. Das ist mein Lebensmotto. Das versuche ich so gut es geht jeden Tag.

Hast du die Videos für Instagram dann noch immer abends nach der Wanderung selbst geschnitten?

Die ORF Burgenland Redaktion hat für Social Media auf deren Instagram und Facebook-Kanal täglich ein Video aus meinem Material geschnitten, das habe ich ihnen abends nach der Wanderung digital zukommen lassen. Parallel dazu habe ich selbst eigene Online-Videos bzw. Reels geschnitten, die ich während der Wanderung auf meiner Instagram-Seite gepostet habe. Alles sollte das Gefühl eines Video-Tagebuchs vermitteln. Es ist wie gesagt ein trimediales Projekt und ich weiß im Nachhinein nicht, wie ich es geschafft habe. Ich glaube, man absolviert so
ein Pensum durch die Freude und die Energie, die durch ein solches Abenteuer entstehen. Es ist ein eigener Drive, der mich durch diese 20 Tage getragen hat.

Die Online-Videos bzw. Social Media-Videos zeigen auch, dass du gut über dich selbst lachen kannst. Da gibt es beispielsweise eine Szene, wo du dir Eukalyptusblätter in die Socken steckst und lachend behauptest, dass deine Füße stinken.

Es ist mein bisher persönlichster Film. Ich war noch sie so lange vor der Kamera. Aber es ist einem irgendwann egal. Und ich hab mir gedacht: Jeder Mensch hat irgendwann im Zuge so einer Wanderung stinkende Füße. Jeder hat irgendwann einen Pickel. Ich finde, das ist menschlich. Das ist ehrlich und unverfälscht und nichts anders erwarte ich mir von meinem Gegenüber. Ich möchte diese neue Form des Erzählens und die Frische und Lebendigkeit auch in meinen nächsten Projekten so weiterführen. Und ich glaube, dass ich dafür eine Art Botschafterin sein kann. Für das Unverfälschte.

Warum bist du allein gegangen? Dazu gehört ja doch viel Mut.

Ich wollte die Freiheit haben zu entscheiden, wie ich etwas mache oder wo und wann ich eine Pause einlege. Ich bin da schon sehr selbstständig und gerne mit mir alleine. Ich wollte die Chance auf das Authentische und das Unmittelbare haben. Und das geht alleine leichter. Wenn man alleine ist in der Natur, denkt man schon auch über das Leben nach. Und das fand ich sehr schön.

Du sagst, es ist dein persönlichster Film. Abgesehen von deiner Präsenz darin, was macht ihn für dich so persönlich?

Da gibt es mehrere Punkte. Zum einen ist es ein Plädoyer dafür, dass wir, so schlecht die Welt in vielerlei Hinsicht ist, das Positive nicht aus den Augen verlieren dürfen, denn nur so können wir weiter bestehen. Es gibt immer diese zwei Seiten und ich kann jeden Tag wählen, in welche Richtung ich gehen möchte. Man sollte sich auf sein Umfeld und seine Umgebung fokussieren, denn da hat jede und jeder die Möglichkeit, etwas zu verändern. Dieses freudvolle Miteinander ist mir ganz wichtig weiterzugeben. Und es ist mir wichtig, Menschen auf Augenhöhe zu begegnen und zu schauen, was für eine Geschichte dahintersteckt. Das heißt, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Und der dritte Punkt ist: Ich reise gerne und ich möchte noch vieles in der Welt sehen. Aber durch den Film habe ich gemerkt, dass es so viel Schönes direkt vor der Haustür gibt.

Es gibt im Film die Szene, wo du im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel den Sonnenaufgang erlebst und die Tierwelt erwacht. Das ist bereits im Video ein unglaublich starkes Erlebnis, das du vermittelst.

Ja, es waren so viele schöne Erlebnisse dabei, für die ich keine Worte finde. Auch den Geschriebenstein hochzugehen, war ein Erlebnis. Sechs Stunden hoch wandern und zu sehen, wie sich die Landschaft verändert, ist unglaublich. Das sind Naturgewalten. Du stehst dann da oben und freust sich einfach nur.

UNTERWEGS AUF DEM BERNSTEINTRAIL

ist die erste Smartphone-Dokumentation, die für den ORF entstanden ist. Kristina Schranz hat in 20 Tagen über 300 Kilometer und 13 Etappen bewältigt und die Zuseher*innen bereits während der Wanderung durch Insta Videos und ORF Burgenland Radio Beiträge mitgenommen.
Am 14. April wird der Dokumentarfilm im ORF ausgestrahlt.

„Unterwegs auf dem Bernsteintrail“,
25-minütige Doku ORF2 in der Reihe „Erlebnis Österreich“: Sonntag, 14.April 16:30 Uhr

Foto von Kristina Schranz mit ganzer Ausrüstung: Hut, Tasche, Mikrofon und ihr handy
©Doris Leeb
Kristina Schranz

geboren 1991 in Oberwart, studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien und Regie mit Schwerpunkt Dokumentarfilm an der HFF München. Sie absolvierte außerdem eine Sprecherausbildung, arbeitet als Redakteurin und Moderatorin. Ihre Dokumentarfilme (u.a. VAKUUM) wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

(Foto©Doris Leeb)

Foto oben: Kristina Schranz am Ziel ihrer Wanderung © CorinaKaufmann-ORFBurgenland, Fotos: © Kristina Schranz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert