Interview

„Ich möchte noch um die Welt kommen“…

... und das am liebsten tänzerisch. Die 22-jährige Pinkafelderin Laureen Drexler hat als Profitänzerin den Sprung von der freischaffenden Künstlerin an ein Theater mit Fix-Engagement geschafft. Wir haben sie an ihrer neuen Wirkstätte am Theater Regensburg erreicht und zum Interview gebeten.

Foto: Bettina Stöß und Gerhard Schmidt/Theater Regensburg

Dein Traum war es immer, in einer Company aufgenommen zu werden und im Ausland Erfahrung zu sammeln. Du bist seit Kurzem Ensemblemitglied am Theater Regensburg, und die aktuelle Produktion („Juke Box Heroes“), an der du mitwirkst, ist ein voller Erfolg. Bist du nun am Ziel deiner Träume angelangt?

Laureen Drexler: Nein, sicher nicht, wenn dann ist das ein Zwischenziel. Ich bin megaglücklich dort, wo ich jetzt bin. Aber es geht natürlich immer irgendwie weiter. Ich möchte noch mehr Städte bereisen, noch mehr Häuser kennenlernen und auf noch mehr Bühnen tanzen.

Gab es in deiner noch jungen Karriere jemals Situationen, wo es schwierig war, die körperlichen Strapazen zu groß, wo es einfach nicht so lief, wie du dir das vorgestellt hast?

Laureen: Ja, immer wieder. Auf der Uni war es für mich ganz neu, dass wir jeden Tag Ballett hatten, denn ich bin eigentlich aus dem Musical- und Jazzbereich gekommen. Jeden Tag technisches Training zu haben, hat mich schon sehr gefordert. Auch wenn das Balletttraining natürlich sehr wichtig ist, um die Technik zu stärken. Dazu kommt, dass es im zeitgenössischen Tanz verschiedene Stile gibt, in die man sich erst reinfühlen muss. Ich mag es z.B., sehr flüssig zu tanzen. Aber es gibt auch Choreographien, wo man sehr aggressiv und abrupt arbeitet, was einem dann viel abverlangt.

Wie schwierig ist es, in Österreich eine Tanzkarriere aufzubauen oder anders gefragt, kann man in Österreich vom Tanz leben?

Laureen: Wir haben zwar im klassischen Bereich die Staatsoper und die Volksoper, aber im zeitgenössischen Bereich ist es in Österreich definitiv schwierig, weil es keine Companies gibt, bei denen man fix angestellt ist. Das heißt, wenn man zeitgenössisch tanzen will, muss man in Österreich freischaffend arbeiten. Das hab ich auch gemacht in den letzten zwei Jahren. Es lief ganz gut. Ich war immer beschäftigt, aus einem Projekt ergab sich oft das nächste. Aber irgendwie hatte ich dann nach zwei Jahren das Gefühl, dass ich angestanden bin, weil ich immer mit den gleichen Leuten zusammengearbeitet habe. Es gibt nur wenige Tänzer, die in Österreich freischaffend arbeiten. Das ist in London oder Berlin viel einfacher.

Du hast als kleines Mädchen mit drei Jahren die Liebe zum Tanz entdeckt. Jetzt ist es ja so, dass viele Mädchen in diesem Alter mit Ballettunterricht beginnen und Freude am Herumhopsen haben. Was lief bei dir anders von Anfang an?

Laureen: Ich war damals voller Energie und stand immer irgendwie im Mittelpunkt, ohne dass ich mir das ausgesucht hab. Meine Mutter war auch diejenige, die mir vorgeschlagen hat, in den Tanzunterricht zu gehen, weil ich zu Hause so viele Purzelbäume und Räder geschlagen hab. Es kommt mir heute zugute, dass ich als Kind nicht mit Ballett begonnen hab, sondern in der Musical- und Jazzgruppe in Pinkafeld war, weil ich auf diese Weise früh Bühnenerfahrung sammeln konnte.

Wie viele Stunden trainierst du am Tag und wie hältst du deinen Körper fit?

Laureen: Wir trainieren hier in Regensburg circa sieben Stunden pro Tag, wobei von den sieben Stunden sind eineinhalb Stunden wirkliches Training, also Ballett. Danach ist Proben angesagt, da studieren wir dann die verschiedenen Choreographien ein. Dadurch, dass wir von Montag bis Freitag, manchmal auch samstags, eingedeckt sind, muss ich mich außerhalb des Theaters nicht wirklich fit halten. Wenn, dann geh ich zu meinem eigenen Vergnügen ab und zu ins Fitnesscenter oder mach einen Akrobatik-Kurs.

Du bist jetzt 22. Ist das typischerweise jenes Alter, wo sich die Erfolge einstellen sollten, wenn man eine Profitanz-Karriere einschlagen will?

Laureen: Ja, ich glaub das passt ganz gut. Solange kann man als Tänzerin ja nicht auf der Bühne arbeiten. Es hilft einfach, wenn man rechtzeitig eine Company im Lebenslauf stehen hat, dann ist es auch viel leichter, in die nächste zu kommen. Für andere Companies ist es immer wichtig, dass man schon Theatererfahrung hat.

Du fokussierst dich jetzt voll auf deine Arbeit in Regensburg. Wenn du einen Wunsch frei hättest, was wäre dann dein nächstes Ziel? Wie soll’s weitergehen?

Laureen: Am liebsten würde ich nach London, weil ich diese Stadt einfach liebe. Und in London stehen mehrere Companies zur Auswahl. Mir geht’s eher darum, dass ich noch um die Welt kommen möchte, und London wäre definitiv die Stadt, wo ich mir ein Leben sehr gut vorstellen kann. Nach so einer Company-Karriere kann ich mir auch vorstellen, wieder zurück nach Wien zu kommen, um dann vielleicht eine eigene Company zu gründen. So etwas gibt es in Wien nämlich noch nicht. Aber jetzt gilt es mal, Erfahrung zu sammeln.

Dann alles Gute für deine weitere Karriere und vielen Dank für das Gespräch.

Laureen: Sehr gern.


Laureen Drexler
Laureen Drexler, geb. 1997 in Wr. Neustadt, aufgewachsen in Pinkafeld, absolvierte ihr Bachelor of Arts–Studium in zeitgenössischem und klassischem Bühnentanz an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK). Seit 2017 war sie als freischaffende Künstlerin österreichweit tätig. Laureen tanzte bereits in Choreographien von Liz King, Georg Reischl, Esther Balfe, Saju Hari und Mani Obeya. Neben professionellen Engagements u.a. am Tiroler Festspielhaus in Erl und durch D.ID Dance Identity in Wien entwickelte und veranstaltete die junge Künstlerin bereits eigene Tanzstücke bzw. Events. Zuletzt kreierte sie die Choreographie für den neuen Renault Werbespot in Kooperation mit dem Impulstanz - Vienna International Dance Festival. Seit der Spielzeit 2019/20 ist Laureen Drexler Ensemblemitglied am Theater Regensburg.


Schreibe einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

1 Antworten