Kommentar

Das Geschäft mit dem Krieg

Ein Krieg ist moralisch verwerflich, aber mindestens genauso verwerflich ist es, daran zu verdienen. Doch das passiert gerade.

Zurzeit sind wir bereits in fünf Krisen gefangen: Artensterben, Klimakrise, Pandemie, der russische Angriff auf die Ukraine und die millionenfache Flucht aus der Ukraine. Auf die nächsten Krisen bewegen wir uns zu. Schon begonnen hat eine globale Nahrungsmittelknappheit, die aller Wahrscheinlichkeit nach noch mehr Flüchtende nach Europa bringen wird. Vieles davon ist zum Teil selbst verschuldet und bei manchen Preiserhöhungen fällt mir nichts anderes als der Begriff Kriegsgewinner ein.

Es ist sicher was dran an der einen oder anderen Preiserhöhung und manchmal ist sie durchaus gerechtfertigt, aber Hungersnot und Getreideknappheit? Aber Hallo!
27 Prozent der österreichischen Getreideernte sind 2020 und 2021 in die Ernährung der Menschen geflossen. 32 Prozent wurden als Futtermittel für sogenannte Nutztiere verwendet. Weitere 20 Prozent landeten umgewandelt in Treibstoff im Tank unserer Fahrzeuge, weitere 21 Prozent landen bei der Industrie als Kraftstoffe. 20 Prozent der Nahrungsmittel im Müll. Ruft man in der EU eine Nahrungsmittelknappheit aus, so ist das zynisch. Gleichzeitig aber ein Anlass, die Getreidepreise ohne ersichtlichen Grund zu verteuern.

Produzenten behalten ihre Erzeugnisse ein, um auf noch höhere Preise zu warten, Handwerker müssen ihren Kunden die enormen Preiserhöhungen erklären und so mancher Traum vom Eigenheim zerbricht. Mein Dachdecker hat mir erzählt, wie ihm ein junges Ehepaar unter Tränen den Auftrag gekündigt hat und einfach keinen Weg sieht, den Rohbau fertigzustellen.

Wie viel da echt ist und wie viel da im Zuge des Krieges in der Ukraine einfach zum Anlass genommen wird, eine Preiserhöhung vorzunehmen, weiß ich nicht, aber es wird nicht so wenig sein. Wie viel man sich in den Vorstandsetagen an Prämien für die Rekordumsätze im heurigen Jahr genehmigen wird, will ich gar nicht erst wissen. Ein Krieg ist moralisch verwerflich, aber mindestens genauso verwerflich ist es, daran zu verdienen.

Und wo bleibt bei all dem die Umwelt? Der ehemalige französische Umweltminister Hulot hat in aller Entschiedenheit darauf hingewiesen, dass die Aktivität der Lobbyisten eine echte Umweltpolitik behindert, die aber die maßgebliche Voraussetzung für den Schutz unseres Planeten ist. Damit sind aber nicht nur die gierigen Ex-Politiker in den russischen Energieunternehmungen gemeint, sondern auch die Kammern mit ihrer Klientelpolitik.
Was übrigens unser Bundeskanzler bei Putin zu suchen hat, soll mir einmal jemand erklären. Als Friedensengel, der dem Herrn Putin erklärt, wie böse er doch sei oder doch als Vertreter der Lobbyisten, die ihn ersucht haben, darum zu bitten, den Gashahn nicht abzudrehen. Das Wort von Putin ist nichts wert. Jemandem, der Milliarden an Volksvermögen verschwendet, um damit Menschen zu töten, dem kann man nicht weiter glauben als man spucken kann.

Wir sind natürlich die besonders Schlauen in den letzten Jahren gewesen. 80 Prozent des importierten Gases stammen aus Russland. Europa ist zu 40 Prozent abhängig. Aber vielleicht hat das ja auch einen historischen Hintergrund, denn aus der Sowjetischen Mineralölverwaltung wurde nach dem Abzug der Russen aus Österreich die Österreichische Mineralölverwaltung, heute OMV. Und jetzt? Was passiert in Sachen Energieunabhängigkeit? Wo bleibt eine Handwerksinitiative, um all die benötigten Alternativenergieanlagen zu errichten? Wer beendet endlich diesen sinnlosen Straßenbau? Eine einzige Ministerin auf weiter Flur muss sich mit all den Ignoranten abärgern, die noch immer nicht begriffen haben, was das Gebot der Stunde ist. Nehammer sollte die Klimakrise zum Anlass nehmen und sie zur Chefsache machen. Wir aber warten wieder lieber bis andere aktiv werden und wenn es dereinst die halbe Wachau davonschwemmt, dann war es der fehlende Hochwasserverbau und nicht die falsche Klimapolitik. Martin Luther King sagte, als es um die Sache der Schwarzen ging: „Wir sind dazu verurteilt, gemeinsam zu handeln oder alle wie die Trottel unterzugehen.”
Corona interessiert uns nur mehr am Rande. Keine Impfkampagnen mehr und im Gesundheitsministerium werden wahrscheinlich während der nächsten Monate die Überstunden abgebaut, um dann im Herbst wieder in ein neues unvorbereitetes Pandemiechaos zu taumeln. Der Krieg deckt alles zu. Mir tun ja die Russen genauso leid wie die Ukrainer. Die werden von Putin seit Jahrzehnten an der Nase herumgeführt und von einem Krieg in den anderen gehetzt. In dem Gedicht von Jewgeni Jewtuschenko („Meinst du die Russen wollen Krieg“), heißt es in einer Strophe:

„Der Kampf hat uns nicht schwach gesehen, doch nie mehr möge es geschehn,
dass Menschenblut so rot und heiß, der bittren Erde wird zum Preis.
Frag Mütter, die seit damals grau, befrag doch bitte meine Frau.
Die Antwort in der Frage liegt:
Meinst du die Russen wollen Krieg?“
Einer, ein einziger will ihn und wir müssen ohnmächtig dabei zusehen, was er anrichtet. Ungestraft hoffentlich nicht.

Es fällt mir schwer, mit meinem ohnehin nicht ausgeprägten Optimismus ein schönes Frühjahr herbeizureden. Aber noch blühen die Bäume und wir haben alle zu essen und uns lieb!

Passen Sie auf sich und auf uns auf! Alles Liebe,
Ihr Feri Tschank


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2 Antworten

  1. Kommentar Das Geschäft mit dem Krieg
    Feri TSCHANK / 29. April 2022
    Ein großartiger, bestens argumentierender Artikel. Da kann der Autor und auch die Herausgeberin stolz sein.