(Frühjahrs)Müdigkeit 

Wenn nicht einmal mehr der Wein hilft.

Feri TSCHANK / 26. Feber 2024

Hätte niemals gedacht, dass ich Ende Februar/Anfang März über Frühjahrsmüdigkeit nachdenken würde. Aber wenn ich Mitte Feber einen Mandelbaum in voller Blüte sehe und mein Marillenbaum knapp vor dem Aufblühen steht, dann ist es wohl wieder so weit – obwohl, wenn ich ehrlich bin, in früheren Jahren im Feber bei uns meist erst richtig Winter war. Sei‘s drum, und ich werde diesmal den Grund dafür nicht in den Mund nehmen, denn es gibt ja durchaus schöne Seiten an einem frühen Frühling. Man hört die Vögel wieder zwitschern, Blumen erwachen zu neuem Leben und der Duft des Neubeginns liegt in der Luft. Bei manchen äußert sich das in Tatendrang, bei anderen in Frühjahrsmüdigkeit. Aber wie gerne würde ich glauben, dass diese anfängliche Euphorie über das Erwachen der Natur von Dauer wäre. Übrigens meine Schildkröte hat sich noch nicht für Frühling entschieden und schläft noch immer. Beneidenswert, wenn man so was tun könnte. Man würde sich die kalten Tage sparen und könnte durch diesen langen erholsamen Schlaf auch noch seine Lebenserwartungen steigern.

Aber die Grundtendenz der Österreicher ist Müdigkeit. Hoffnungslosigkeit ob all der Dinge, die in der Welt und unserem Land passieren. Nicht nur, weil Putin und Trump uns Angst machen, weil das Breitmaulnashorn ausstirbt und die Polkappen schmelzen. Auch die ständigen Reibereien innerhalb der Regierung ermüden. Ich denk mir immer wieder, wie viele Tests und Prüfungen ich in meinem Leben absolvieren musste, um zu einem Job zu kommen und wie leichtfertig bei uns Politiker in Spitzenpositionen gehievt werden, die nicht einmal selbst ihre Schuhbänder knüpfen können. Aber wozu auch? Allein Karl Nehammer gibt monatlich 450.000 Euro für 104 Propagandamitarbeiter im Bundeskanzleramt aus. Man lässt andere das tun, wofür man sein Gehalt bekommt. All das macht zusehends müde und die Müdigkeit öffnet der Depression und der Hoffnungslosigkeit Tür und Tor und da kommen dann die Rechtspopulisten ins Spiel. Sie beschwören ein nostalgisch verklärtes Gestern, leugnen die Notwendigkeit von Veränderungen, Versprechen ein Leben frei von Zumutungen, nach dem Motto: „Ihr dürft so bleiben wie ihr seid!“

Man kann aber auch was dagegen tun  und muss sich nicht jeden Müll reinziehen. Bewusst Informationen aufnehmen. Es weiß ja ohnehin jeder, wem man trauen kann und wem nicht. Trotzdem ist das Bedürfnis nach Marktschreierei größer als das nach seriöser Information. Leider ist es genau das, was uns das Leben vergällt. Man kann trotzdem ein aufgeklärter Bürger sein, auch wenn man nicht jeden Müll liest. Man kann trotzdem Eigenverantwortung üben, sich lokal engagieren, bewusst konsumieren, wählen gehen. Das tun, was einem Kraft gibt und auf das verzichten, was einen runterzieht. Übrigens, gestern ist nach langem wieder einmal eine Frau stehen geblieben, als ich den Zebrastreifen queren wollte. Es gibt ja doch Ausnahmen.

Jetzt eine wirklich schlechte, mich erschütternde Nachricht zum Thema Konsum: Jeder Tropfen Alkohol ist zu viel. Laut der deutschen Hauptstelle für Suchtfragen gibt es keinen potenziell gesundheitsförderlichen und keinen sicheren Alkoholkonsum. Bereits geringe Trinkmengen können der Gesundheit schaden.

Schöner Sch… Nach Nikotin geht es jetzt auch noch dem Wein an den Korken und alkoholfreier Wein ist absolut keine Alternative. Schon probiert. Dagegen ist alkoholfreies Bier ja noch ein echter Knaller. Aber auch nicht wirklich. Man muss es der Phantasie und nicht den Geschmacksnerven überlassen, darin einen Genuss zu finden. 

In einem alten Jean Gabin Film mit dem jungen Belmondo hat dieser gemeint: „Wenn die Deutschen mein Hotel nicht bombardieren und meinen Weinkeller in der Normandie nicht zerstören, werde ich aufhören zu trinken.“ Gesagt, getan. Aus dem geselligen Gastronom wird ein mieselsüchtiger Grantscherben. Als seine Frau genervt zu ihm sagt, er könne ja wenigstens hie und da mal ein Glas Wein probieren, antwortet er ihr: „Es ist nicht der Wein, der mir fehlt, es ist der Rausch.“

Was immer auch passieren mag, wie heißt es so schön in einem Wiener Lied: „Es wird der Wein sein und wir werdn nimmer sein.“ Wer auch immer an zweiterem schuld ist.

Gott sei Dank kommt wenigstens der Kaffee noch ungeschoren davon. Im Gegenteil. So könnte Kaffee das Risiko senken, an Diabetes oder Krebs zu erkranken oder einen Schlaganfall oder Herzinfarkt zu erleiden. Man sollte ihn aber in Maßen trinken, zwei bis drei Tassen am Tag und nicht zu heiß. Übrigens stecken mehr als 1.000 Stoffe im Kaffee. Der alte Dottore Illy (Triestiner Kaffeelegende und leidenschaftlicher Altösterreicher), den ich vor Jahren einmal interviewt habe und der eigentlich Chemiker war, hat mir erzählt, er hätte bereits 500 Stoffe isoliert und die würden von „nassem Hund“ bis „duftender Rose“ reichen. Übrigens, auf die Frage, was denn guten Kaffee ausmachen würde, hat er gemeint: „Wenig Flüssigkeit, viel Geschmack!“

So und mit diesen weltbewegenden Informationen entlasse ich Sie in den Frühling. 

Viel Freude und passen Sie auf sich auf.

Ihr Feri Tschank

Frei Tschnak mit verschränkten Armen und einer Kappe auf dem Kopf
Feri Tschank

Seine Stimme und sein Gesicht gehören wohl zu den bekanntesten des Burgenlandes, denn zwei Jahrzehnte (ab 1979) hat er beim ORF Landesstudio Burgenland als Sprecher und Moderator Tausende Radio- und Fernsehbeiträge gestaltet. Die Sendung „Burgenland heute“ hat er von den Anfangsjahren (1988) weg begleitet. 1998 wechselte er zum BKF und war dort zunächst Programmchef, ab 2008 Chefredakteur bis zu seiner Pensionierung. Feri Tschank gilt als versierter Kenner des pannonischen Raumes und hat während seiner journalistischen Karriere besonders in den Bereichen Kunst, Kultur, Kulinarik wesentliche Eckpfeiler gesetzt. Unter anderem hat er mit „Prisma“ die erste grenzüberschreitende TV-Sendung mit EU-Mitgliedsstaaten entwickelt.

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