Herzflimmern

Dort, wo man sie am wenigsten erwartet, begegnen sie uns – die Geschichten, die uns berühren.

Feri TSCHANK / 01. November 2023

© Stephan auf Pixabay

Unglaublich, aber wahr, auch dieser Sommer hat ein Ende gefunden, hat er doch bis fast Ende Oktober gedauert.

Oh ja, ich bin sehr wohl der Meinung, dass wir das dem Klimawandel verdanken, aber das soll nicht mein Thema sein. Vielleicht noch ein kleiner Einwurf. Von welchem Geistesblitz kann wohl ein Politiker gestreift worden sein, der allen Ernstes 150 auf den Autobahnen fordert und mit welchem Hirnsausen sind wohl jene Journalisten geschlagen, die so was auch noch publizieren?

Der November, jene Zeit, in der wir wieder die Gräber unserer verstorbenen Freunde und Verwandten besuchen. Ja, mit zunehmendem Alter sind es auch zusehends die Freunde, die man nicht mehr treffen, sehen und sprechen kann, weil sie nicht mehr unter uns weilen. Ein paar ganz liebe, wie Frank Hoffmann, sind von uns gegangen und werden, versteht sich wohl von selbst, in unseren Herzen weiterleben.

Mein Herz war es auch, das mir ein paar Tage Südburgenlandaufenthalt im Krankenhaus Oberwart beschert hat. Ja, der vielleicht doch zu gute Lebenswandel, viel Ärger und Stress im Beruf und auch so mancher Schicksalsschlag, haben ein paar Bröckerl in meinen Gefäßen hinterlassen, den Blutfluss behindert und hätten mir wohl früher oder später einen Infarkt beschert. Wenn nicht Schlimmeres. Obwohl, ich habe mit dem Herrn Bux über sein Herzproblem gesprochen, der da meinte, er hatte einen Herzstillstand gehabt und das war, als hätte jemand den Schalter ausgemacht. Aus, Punkt. Nix. Wieder zurückgeholt und dank guter neuer medizinischer Technik geht das Leben nun doch so gut wie normal weiter. Auch bei mir. Mein Vater, der Ähnliches hatte, starb mit 60 Jahren. Damals gab es noch keine Angiographie und eine Herztransplantation wäre die einzige Chance auf ein etwas längeres Leben gewesen. Heute gibt es einen Stent und man geht einen Tag später nach Hause mit einem körperlichen und seelischen Gefühl der Erleichterung – wenn man so wie ich und viele, die ich an diesen Tagen im Krankenhaus getroffen habe, Glück und vor allem gute Ärzte hat. Danke! Echt gut gemacht.

Man hat, auch wenn es nur ein paar wenige Tage sind, die man im Krankenhaus ist, etwas Einblick in die Arbeit der Menschen dort und die ist bei Gott kein Honigschlecken und viel zu wenig bedankt und wahrscheinlich auch bezahlt. Meinen furchtbar armen Bettnachbarn, der außer Husten und Stöhnen keine menschlichen Regungen mehr hatte, täglich ein paar Mal zu reinigen und zu versuchen, ihn zumindest für ein paar Minuten in einen Stuhl zu setzen, immer ein paar freundliche Worte für ihn haben, drei bis vier Mal in der Nacht versuchen, ihm Medikamente einzuflößen – das ist schon was. Hustend und um Luft ringend, einer der sich im wahrsten Sinne des Wortes fast zu Tode gearbeitet hat.

Ein anderer meiner Bettnachbarn. Seit 30 Jahren Isolierer. Die Woche über in Wien. Am Wochenende dann die kleine Landwirtschaft des verstorbenen Schwiegervaters. Für seine drei Kinder hat er auch noch ein Haus gebaut – ist ja auch fast übermenschlich. Aber sie waren alle da, auch die Enkerl, und gaben ihm das Gefühl, in dieser schlimmen Zeit nicht allein und ohne Liebe sein zu müssen.

Meinem anderen Nachbarn, den keiner besucht hat, hat man ein Pupperl ins Bett gelegt. Rührend! Als ich das Krankenhaus verlassen durfte, hat er auch ein paar Worte mit mir gesprochen. Hab sie nicht verstanden, aber ich glaube es waren nette.

Beim Rausgehen hab ich noch einen Blick auf gerahmte Gedanken geworfen, die mir zu denken gegeben haben:

„Wenn ich wüsste, dass es das letzte Mal ist, dass ich dich zur Tür rausgehen sehe, würde ich dich umarmen und küssen und dich für einen weiteren Kuss zurückrufen.“

„Wenn ich wüsste, dass es das letzte Mal ist, dass ich deine Stimme höre, würde ich jede Geste und jedes Wort aufzeichnen, damit ich es Tag für Tag sehen und hören könnte.“

„Wenn ich wüsste, dass es das letzte Mal ist, dass ich dich einschlafen sehe, würde ich dich besser zudecken, und zu Gott bitten, er möge deine Seele schützen.“ *

Ich wünsche ihnen auf jeden Fall noch viel Zeit mit Ihren Lieben und Gesundheit, und wenn’s dann doch einmal etwas hapert, einen guten Arzt, so wie ich einen hatte und habe. Alles Liebe !

Ihr Feri Tschank

*(Dr. H. Solomon)

FERI TSCHANK

Seine Stimme und sein Gesicht gehören wohl zu den bekanntesten des Burgenlandes, denn zwei Jahrzehnte (ab 1979) hat er beim ORF Landesstudio Burgenland als Sprecher und Moderator Tausende Radio- und Fernsehbeiträge gestaltet. Die Sendung „Burgenland heute“ hat er von den Anfangsjahren (1988) weg begleitet. 1998 wechselte er zum BKF und war dort zunächst Programmchef, ab 2008 Chefredakteur bis zu seiner Pensionierung. Feri Tschank gilt als versierter Kenner des pannonischen Raumes und hat während seiner journalistischen Karriere besonders in den Bereichen Kunst, Kultur, Kulinarik wesentliche Eckpfeiler gesetzt. Unter anderem hat er mit „Prisma“ die erste grenzüberschreitende TV-Sendung mit EU-Mitgliedsstaaten entwickelt.

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