Kommentar

Keine Zeit für Egoisten

Gefährlich ist‘s den Leu zu wecken, verderblich ist des Tigers Zahn. Jedoch der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn. (Friedrich Schiller, Das Lied von der Glocke)

Viel, so scheint es, haben wir von der ersten Corona-Welle ja nicht gelernt. Die Ampel leuchtet wie sie will und hat in Wirklichkeit keine wie immer geartete Funktion. Wie denn auch? Müsste man als Autofahrer keine Strafe fürchten, wenn man bei Rot über die Ampel fährt, würden es viele tun. Manche aber nicht, weil sie ja wissen, dass sie dadurch andere Verkehrsteilnehmer gefährden.

Viel zu viele agieren in diesem Land, als wäre alles auf Grün geschaltet, was es längst nicht ist und provozieren mit ihrem Verhalten einen weiteren Lockdown mit all seinen Folgen. Betriebe müssen zusperren, Menschen verlieren ihre Arbeit, Eltern kämpfen mit Heimunterricht und Kinderbetreuung. Die EU wird nicht ewig Geld zur Verfügung stellen können und wollen, um die Probleme abzufedern. Doch längst sind die finanziellen und Imageschäden aus Corona eins nicht vorbei.

Die Touristen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die sich in Ischgl mit dem Corona-Virus infiziert haben, klagen die Republik Österreich und das Land Tirol. Mehr als 6.000 Tirol-Urlauber, davon viele Deutsche, hatten sich gemeldet. Und tausend Menschen haben sich dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen. Von dem für seine Apres-Ski-Szene bekannten Ischgl aus, sei das Corona-Virus in 25 Staaten getragen worden, steht in der „Bild“, der leider meistgelesenen Zeitung Deutschlands.

Was genau hört man, wie die Wintersaison in Österreich laufen soll? So gut wie nichts. Da müssten doch bei allen Tourismusverantwortlichen die Alarmglocken läuten. Mit Fernseh-, Zeitung- und Radiowerbung allein wird es nicht getan sein. Zu hoffen, dass alles besser wird und bis zum Winter kein Thema mehr sein wird, ist wohl etwas zu blauäugig. Wir werden schleunigst lernen müssen, Masken zu tragen, Abstand zu halten, Eigenverantwortung zu übernehmen, wollen wir nicht unsere ganze Wirtschaft in Gefahr bringen. Und das ist sie mit einer verpatzten Wintersaison. Davon leben nicht nur die Älpler, damit da kein Missverständnis entsteht, davon profitiert das ganze Land.

8,8 Millionen Einwohner hat Österreich. 1.769 Neuinfektionen gab es in Deutschland am 22. September, bei uns waren es 563. Deutschland hat über 80 Millionen Einwohner, zehn Mal so viel wie Österreich und etwas mehr als drei Mal so viele Infektionen wie Österreich. Was läuft bei uns falsch und anderswo richtig? Vielleicht wäre es besser, wenn Experten Maßnahmen und Folgen erklären anstatt Kurz und Anschober. Beliebtheitswerte von Politikern haben bei Themen, in denen es um die Gesundheit der Bürger geht, nichts zu suchen und politisches Hickhack ebenso wenig. Bei Bierlein hätte es das nicht gegeben.

Ich bin kein Seuchenexperte, aber so wie es gerade läuft, wird es nicht funktionieren. Entweder wir reißen uns alle gemeinsam am Riemen und wir werden fast unbeschadet aus dieser Krise kommen oder wir werden alle leiden. Die Alten, die Kranken, die Eltern, die Kinder, die Vorsichtigen, die Virusleugner, die Klugen und die Dummen. Das Virus ernährt sich von allen gleich gern – bisschen schwarzsehen wird man ja wohl noch dürfen. Jetzt hoffe ich auf einen schönen Herbst, eine gute Weinernte, nette Spaziergänge durch bunte Wälder und auf ein gesundes und langes Leben meiner Familie, meiner Freunde und Ihres natürlich auch.

Alles Liebe,
Ihr Feri Tschank


Feri Tschank

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