Kommentar

Mein Stück Burgenland

100 Jahre Burgenland. Zwei Drittel dieser Jahre habe ich ja auch in diesem Land verbracht. Die Zeit vergeht rückblickend derartig schnell, dass man manchmal direkt Angst davor hat, sich zurückzuerinnern ...

Es ist eine Erinnerung an Zeiten ohne Fernseher und Telefon. An Zeiten, in denen ich jedes Auto am Motorengeräusch erkannt habe, bevor ich es gesehen hab‘. Wo man Häuser neben den Hauptstraßen gebaut hat, um was zu erleben. Wo es noch Polizei und Gendarmerie gegeben hat und man als Fahrradfahrer noch Angst haben musste, kontrolliert zu werden. Ich bin eigentlich kein Mensch, der in der Vergangenheit lebt und auch nicht mit Wehmut auf „die gute, alte Zeit” zurückblickt und hab‘ so vieles, was ich erlebt hab‘, gar nicht greifbar.

In fast 40 Jahren als Journalist hab‘ ich wohl ein paar Tausend Menschen interviewt, manche davon öfter als mir lieb war. Ich kann mich noch an eines meiner ersten Radiointerviews erinnern, das mich um neun Uhr morgens in das Büro eines Landesrats geführt hat. „Und Herr Redakteur, einen kleinen Cognac?”, war seine Frage. „Um diese Zeit kann ich noch keinen Cognac trinken”, war meine Antwort. „Dann werden Sie leider kein Interview bekommen”, die Retourantwort. Drei Cognacs später verließ ich das Büro mit einem Interview auf Band und einem Kleinen in der Krone. War nicht mein letzter. Pressekonferenzen, Events, bei denen es aufwendig gestaltete Pressemappen und wenn schon kein Mittagessen, dann zumindest ein ordentliches Frühstück gab und manchmal sogar noch Pressegeschenke.

Für einen Radiobeitrag hatte man schon mal einen ganzen Tag Zeit. Das Band musste kopiert werden. Dann hat man es sich angehört und überlegt, was rausgeschnitten gehört und was drinnen bleibt. Dann musste man sich einen Tonmeister organisieren, der das Band schneidet. Und wenn es endlich fertig war, hat es sich der verantwortliche Redakteur angehört und mit etwas Pech war dieser anderer Meinung über die Gestaltung und man musste das Ding nochmals überarbeiten. Trotzdem, es waren Lehrjahre und wichtig. Später dann konnte man selbst entscheiden, die Arbeit wurde immer mehr.

Das ORF Landesstudio wurde gebaut, die Sendungen länger und Fernsehen immer wichtiger. Für einen Radiomann wie mich eine Katastrophe. Hab‘ ich das gehasst! Aber wie heißt es so schön: Man gewöhnt sich an alles. Immerhin habe ich meinem Beruf zu verdanken, dass ich erfahren habe, wie Gerhard Bronner auf die Idee zum „Gschupften Ferdl” gekommen ist, hab mir von Robert Jungblut, zu seiner Zeit mächtigster Kulturmanager Österreichs, erzählen lassen, wie kompliziert es war, abends um acht eine Million aufzutreiben, da Frank Sinatra darauf bestanden hat, seine Gage in bar zu kassieren. Sinatra hat übrigens einmal zu einer Bekannten von mir, die ihn in Monte Carlo getroffen hat, gesagt: „Listen girl, the most important thing in life is an ashtray.” (Das Wichtigste im Leben ist ein Aschenbecher). Fast so originell wie der legendäre Spruch von Larry Hagman bei seinem Besuch in Wien: „Ich bin ein Wienerschnitzel.” BB King hat mir erzählt, warum seine Gitarre Lucy heißt. Paula Kampl, legendäre Köchin im Raffel in Jennersdorf, hat mir erklärt, warum sie etwas fülliger sei: „Es liegt nicht daran, dass ich viel esse, es liegt an der fetten Luft in der Küche.”

Neumarkt an der Raab, wenn wir schon in Jennersdorf sind, war immer einer meiner Lieblingsplätze und Eddie Sauerzopf und Johannes Wanke, die leider beide nicht mehr unter uns weilen, waren meine lieben Freunde. Mit Johannnes Wanke musste ich zu fortgeschrittener Stunde immer singen. Der Meister des Holzschnitts, in den 50er-Jahren mit dem Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet, wollte eigentlich Pianist werden. Eine Kriegsverletzung hat das verhindert. Eines Tages bekam ich von ihm ein Ölbild geschenkt. Ich habe gemeint, das kann ich nicht annehmen. Darauf Johannes Wanke: „Das ist eine Leihgabe des Meisters und wennst deppert bist, hol ich sie mir wieder.“ Hab es heute noch und halte es in Ehren.

Mit Joe Zawinul habe ich das letzte Interview seines Lebens gemacht. Er hat damals auf der Burg Güssing gespielt und Frank Hoffmann hat mich angerufen und gesagt: „Wenn du kannst, komm‘ und nimm das Konzert auf.” Hab‘ ich, es war sein letztes, denn nach dem Konzert kam er ins Krankenhaus und bald darauf ist er gestorben.

Von Alois Kracher wurde ich intensivst in die Welt der Süßweine eingeführt und der nimmermüde Kämpfer für die Glaskultur, Landesrat Joschi Wiesler, durfte zum Glück noch erleben, dass die Burgenländer ihren Wein nicht mehr aus Römern trinken. Angeblich hat er, als er einmal in seinen Weinkeller geladen hat, den Schlüssel durch das Kellerfenster geworfen, nachdem die Kellertür versperrt war, um niemandem die Gelegenheit zu geben, voreilig und ohne dementsprechendes, durch Rotwein hervorgerufenes Glücksempfinden, abzuhauen. Was mich zum Abschluss zu einem Spruch von Maler Sepp Laubner kommen lässt, der da lautet: „Ein Achterl ist zu wenig, zwei Achterl sind zu viel, drei Achterl sind viel zu wenig.”

In diesem Sinne, ab in einen fröhlichen Herbst und Bill Gates hat angeblich die Informationen, die er durch den Corona-Impfstoff bekommt, jetzt an Jeff Bezos weiterverkauft und die wiederum kann man sich dann in ein paar Jahren wieder über Amazon zurückkaufen.

Alles Liebe!
Ihr Feri Tschank


Feri Tschank

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