Kommentar

Mut zu Visionen

Die Welt ändert sich dramatisch, der Klimawandel ist längst nicht mehr zu bestreiten. Die Antworten der Politik darauf sind aber eher verhalten. Mit wenigen Ausnahmen. Es ist Zeit, die Dinge neu und groß zu denken.

Das Burgenland nimmt eine Top-Position bei der Energieversorgung ein. Dank Windkraft, Fotovoltaik und Biomasse. Ganz anders schaut es aber bei den Pendlern aus. (Ähnliches gilt auch in abgeschwächter Form für die Steiermark). Den größten Pendleranteil gibt es im Burgenland (81 Prozent). Und gependelt wird in erster Linie mit dem Auto. Auch hier ist das Burgenland trauriger Spitzenreiter, wie aus einer Erhebung der Arbeiterkammer hervorgeht.

Das haben die Grünen Burgenland zum Anlass genommen, um dem ein Gegenmodell gegenüber zu stellen – den Verkehrsentwicklungsplan 2020+! Grundlage des Plans ist eine deutliche Reduzierung des CO2 Ausstoßes, der im Burgenland zu fast zwei Drittel aus dem Verkehr stammt. Die Vision der Grünen: Jeder Bezirksvorort (zentrale Orte) soll künftig mit der Bahn erreichbar sein. Dazu sollen bestehende Strecken attraktiver, stillgelegte reaktiviert und, wo notwendig, Strecken auch neu gebaut werden. Busse sollen künftig die Verbindung des Umlandes mit den zentralen Bahnpunkten sicherstellen.

Fundierte Forderungen

Dieses Konzept haben die Grünen nicht in irgendeinem Hinterzimmer erfunden, sondern in enger Zusammenarbeit mit Experten der TU Wien entwickelt. Überlegungen dieser Art gab es bereits mehrmals. Beginnend in den Zeiten der Monarchie bis hinauf in die 1990er Jahre. Die aktuelle Antwort der Administration LH Doskozil: Ein Zentralbahnhof im Nordburgenland, etwa im Raum Großhöflein. In weiterer Folge soll auch ein ähnliches Modell im Süden, allerdings in der Oststeiermark, entstehen. Details dazu gibt es derzeit aber nicht.

Die Grünen Burgenland würden sich wünschen, dass die Bahnstrecke Oberwart-Friedberg wieder reaktiviert wird. Konkret würde das bedeuten, dass von Oberwart aus wieder Personenzüge nach Wien fahren, die Pendler nicht morgens und abends im Pkw oder Bus auf der Südautobahn vor Wien im fast schon täglichen Stau stehen, sondern in rund 90 Minuten am Hauptbahnhof in Wien, mitten in der Stadt, aussteigen können.

Der Schiene gehört die Zukunft. Auch wenn das manche Politiker versuchen zu ignorieren. Leider ist die Realität oftmals eine andere. So verfügt der größte Touristenort des Burgenlandes, Bad Tatzmannsdorf, über einen – stillgelegten – Bahnanschluss. Doch statt ihn zu reaktivieren, laufen derzeit Bemühungen, die Strecke abzubauen.

Aber auch in der Oststeiermark hat man die Bedeutung der Schiene erkannt. Die Bürgermeister der Wirtschaftsregion Hartberg wollen von hier aus eine Direktverbindung, parallel zur A2, nach Graz schaffen. Da wie dort weiß man, dass das keine Projekte sind, die sich von heute auf morgen realisieren lassen. Aber es sind Visionen, die mittel- und langfristig nicht nur das Überleben der Region sichern, sondern auch die einzig mögliche Antwort auf die CO2-Problematik sind.

Die Schiene wird zunehmend zu einem immer wichtigeren Infrastrukturmoment. Strecken in Zeiten wie diesen abzubauen ist, gelinde gesagt, grob fahrlässig. Was es braucht, ist eine Politik, die aus Visionen Realitäten macht und beginnt, Herausforderungen neu zu denken.


Peter Sitar
Der Oberwarter Peter Sitar arbeitete jahrzehntelang im Medienbereich. Vor allem für den KURIER im Burgenland. Er war Ressortleiter im Printbereich, sammelte aber auch viel Erfahrung beim Aufbau der Online-Berichterstattung. Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit waren Politik, Chronik und Wirtschaft. Er ist Preisträger des burgenländischen Journalistenpreises.

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